Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

nach der Kaiserl. Residenz-Stadt Jedo.
schon bezogne Quartier wieder räumen, und uns nach ei-
nem vor der Stadt stehenden Tempel verfügen, und da-
selbst zwey Tage still liegen mußten, ehe wir genug Trä-
ger, Pferde und andre Nothwendigkeiten zur Fortsetzung
unsrer Reise bekommen konnten. Nicht selten besteht die
ganze Reisegesellschaft eines solchen Fürsten aus meh-
reren hundert, ja wohl aus ein bis zwey tausend Mann.
Dies ganze Heer zieht in förmlicher Ordnung einher.
Sie haben eine Menge Gepäcke bey sich, das theils von
Menschen, theils von Pferden getragen wird. Ihre
Wapen und Fürstlichen Insignien werden allezeit vor ih-
nen hergetragen, einige in ziemlicher Entfernung, andre
dicht vor ihren Norimon. Gemeiniglich werden auch
ein oder zwey schöne Handpferde vor ihnen hergeführt.
Einige hatten auch einen oder mehrere, zur Jagd abge-
richtete Falken bey sich, die an einer um den Fuß ge-
bundnen Kette auf dem Arme getragen wurden. Fer-
ner wurden in der Nähe ihrer Sänften verschiedne große
und kleine Kisten, Betten, Theegeräth; ja so gar von
besondern Bedienten Sonnenschirme, Fächer, Hut,
Pantoffeln und dergleichen getragen, um alles so gleich
bey der Hand zu haben. Wo sie durchkamen, entstand
tiefe und allgemeine Stille: die Leute auf und an den
Wegen legten sich nieder, den Kopf gegen die Erde ge-
neigt, um ihre Ehrfurcht zu erkennen zu geben. Die
Norimon-Träger trugen die Livree ihres Herrn, und alles
war mit dem Wapen desselben bezeichnet. Wenn sie uns
vorbey passirten, hatten sie gemeiniglich die Gardinen nie-
dergelassen. Nur hie und da einer hatte die Hoflichkeit,
sie aufzuziehen, und im Vorbeygehen uns zu grüßen. Ei-
nige waren gar so artig, daß sie jemanden von ihrem Hof-
staate zu uns schickten, und uns Glück wünschen ließen.
Waren wir aber vorher an einem Orte angekommen, so

nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo.
ſchon bezogne Quartier wieder raͤumen, und uns nach ei-
nem vor der Stadt ſtehenden Tempel verfuͤgen, und da-
ſelbſt zwey Tage ſtill liegen mußten, ehe wir genug Traͤ-
ger, Pferde und andre Nothwendigkeiten zur Fortſetzung
unſrer Reiſe bekommen konnten. Nicht ſelten beſteht die
ganze Reiſegeſellſchaft eines ſolchen Fuͤrſten aus meh-
reren hundert, ja wohl aus ein bis zwey tauſend Mann.
Dies ganze Heer zieht in foͤrmlicher Ordnung einher.
Sie haben eine Menge Gepaͤcke bey ſich, das theils von
Menſchen, theils von Pferden getragen wird. Ihre
Wapen und Fuͤrſtlichen Inſignien werden allezeit vor ih-
nen hergetragen, einige in ziemlicher Entfernung, andre
dicht vor ihren Norimon. Gemeiniglich werden auch
ein oder zwey ſchoͤne Handpferde vor ihnen hergefuͤhrt.
Einige hatten auch einen oder mehrere, zur Jagd abge-
richtete Falken bey ſich, die an einer um den Fuß ge-
bundnen Kette auf dem Arme getragen wurden. Fer-
ner wurden in der Naͤhe ihrer Saͤnften verſchiedne große
und kleine Kiſten, Betten, Theegeraͤth; ja ſo gar von
beſondern Bedienten Sonnenſchirme, Faͤcher, Hut,
Pantoffeln und dergleichen getragen, um alles ſo gleich
bey der Hand zu haben. Wo ſie durchkamen, entſtand
tiefe und allgemeine Stille: die Leute auf und an den
Wegen legten ſich nieder, den Kopf gegen die Erde ge-
neigt, um ihre Ehrfurcht zu erkennen zu geben. Die
Norimon-Traͤger trugen die Livree ihres Herrn, und alles
war mit dem Wapen deſſelben bezeichnet. Wenn ſie uns
vorbey paſſirten, hatten ſie gemeiniglich die Gardinen nie-
dergelaſſen. Nur hie und da einer hatte die Hoflichkeit,
ſie aufzuziehen, und im Vorbeygehen uns zu gruͤßen. Ei-
nige waren gar ſo artig, daß ſie jemanden von ihrem Hof-
ſtaate zu uns ſchickten, und uns Gluͤck wuͤnſchen ließen.
Waren wir aber vorher an einem Orte angekommen, ſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0135" n="101"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nach der Kai&#x017F;erl. Re&#x017F;idenz-Stadt <placeName>Jedo</placeName>.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chon bezogne Quartier wieder ra&#x0364;umen, und uns nach ei-<lb/>
nem vor der Stadt &#x017F;tehenden Tempel verfu&#x0364;gen, und da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zwey Tage &#x017F;till liegen mußten, ehe wir genug Tra&#x0364;-<lb/>
ger, Pferde und andre Nothwendigkeiten zur Fort&#x017F;etzung<lb/>
un&#x017F;rer Rei&#x017F;e bekommen konnten. Nicht &#x017F;elten be&#x017F;teht die<lb/>
ganze Rei&#x017F;ege&#x017F;ell&#x017F;chaft eines &#x017F;olchen Fu&#x0364;r&#x017F;ten aus meh-<lb/>
reren hundert, ja wohl aus ein bis zwey tau&#x017F;end Mann.<lb/>
Dies ganze Heer zieht in fo&#x0364;rmlicher Ordnung einher.<lb/>
Sie haben eine Menge Gepa&#x0364;cke bey &#x017F;ich, das theils von<lb/>
Men&#x017F;chen, theils von Pferden getragen wird. Ihre<lb/>
Wapen und Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen In&#x017F;ignien werden allezeit vor ih-<lb/>
nen hergetragen, einige in ziemlicher Entfernung, andre<lb/>
dicht vor ihren Norimon. Gemeiniglich werden auch<lb/>
ein oder zwey &#x017F;cho&#x0364;ne Handpferde vor ihnen hergefu&#x0364;hrt.<lb/>
Einige hatten auch einen oder mehrere, zur Jagd abge-<lb/>
richtete Falken bey &#x017F;ich, die an einer um den Fuß ge-<lb/>
bundnen Kette auf dem Arme getragen wurden. Fer-<lb/>
ner wurden in der Na&#x0364;he ihrer Sa&#x0364;nften ver&#x017F;chiedne große<lb/>
und kleine Ki&#x017F;ten, Betten, Theegera&#x0364;th; ja &#x017F;o gar von<lb/>
be&#x017F;ondern Bedienten Sonnen&#x017F;chirme, Fa&#x0364;cher, Hut,<lb/>
Pantoffeln und dergleichen getragen, um alles &#x017F;o gleich<lb/>
bey der Hand zu haben. Wo &#x017F;ie durchkamen, ent&#x017F;tand<lb/>
tiefe und allgemeine Stille: die Leute auf und an den<lb/>
Wegen legten &#x017F;ich nieder, den Kopf gegen die Erde ge-<lb/>
neigt, um ihre Ehrfurcht zu erkennen zu geben. Die<lb/>
Norimon-Tra&#x0364;ger trugen die Livree ihres Herrn, und alles<lb/>
war mit dem Wapen de&#x017F;&#x017F;elben bezeichnet. Wenn &#x017F;ie uns<lb/>
vorbey pa&#x017F;&#x017F;irten, hatten &#x017F;ie gemeiniglich die Gardinen nie-<lb/>
dergela&#x017F;&#x017F;en. Nur hie und da einer hatte die Hoflichkeit,<lb/>
&#x017F;ie aufzuziehen, und im Vorbeygehen uns zu gru&#x0364;ßen. Ei-<lb/>
nige waren gar &#x017F;o artig, daß &#x017F;ie jemanden von ihrem Hof-<lb/>
&#x017F;taate zu uns &#x017F;chickten, und uns Glu&#x0364;ck wu&#x0364;n&#x017F;chen ließen.<lb/>
Waren wir aber vorher an einem Orte angekommen, &#x017F;o<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0135] nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. ſchon bezogne Quartier wieder raͤumen, und uns nach ei- nem vor der Stadt ſtehenden Tempel verfuͤgen, und da- ſelbſt zwey Tage ſtill liegen mußten, ehe wir genug Traͤ- ger, Pferde und andre Nothwendigkeiten zur Fortſetzung unſrer Reiſe bekommen konnten. Nicht ſelten beſteht die ganze Reiſegeſellſchaft eines ſolchen Fuͤrſten aus meh- reren hundert, ja wohl aus ein bis zwey tauſend Mann. Dies ganze Heer zieht in foͤrmlicher Ordnung einher. Sie haben eine Menge Gepaͤcke bey ſich, das theils von Menſchen, theils von Pferden getragen wird. Ihre Wapen und Fuͤrſtlichen Inſignien werden allezeit vor ih- nen hergetragen, einige in ziemlicher Entfernung, andre dicht vor ihren Norimon. Gemeiniglich werden auch ein oder zwey ſchoͤne Handpferde vor ihnen hergefuͤhrt. Einige hatten auch einen oder mehrere, zur Jagd abge- richtete Falken bey ſich, die an einer um den Fuß ge- bundnen Kette auf dem Arme getragen wurden. Fer- ner wurden in der Naͤhe ihrer Saͤnften verſchiedne große und kleine Kiſten, Betten, Theegeraͤth; ja ſo gar von beſondern Bedienten Sonnenſchirme, Faͤcher, Hut, Pantoffeln und dergleichen getragen, um alles ſo gleich bey der Hand zu haben. Wo ſie durchkamen, entſtand tiefe und allgemeine Stille: die Leute auf und an den Wegen legten ſich nieder, den Kopf gegen die Erde ge- neigt, um ihre Ehrfurcht zu erkennen zu geben. Die Norimon-Traͤger trugen die Livree ihres Herrn, und alles war mit dem Wapen deſſelben bezeichnet. Wenn ſie uns vorbey paſſirten, hatten ſie gemeiniglich die Gardinen nie- dergelaſſen. Nur hie und da einer hatte die Hoflichkeit, ſie aufzuziehen, und im Vorbeygehen uns zu gruͤßen. Ei- nige waren gar ſo artig, daß ſie jemanden von ihrem Hof- ſtaate zu uns ſchickten, und uns Gluͤck wuͤnſchen ließen. Waren wir aber vorher an einem Orte angekommen, ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/135
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/135>, abgerufen am 22.11.2024.