Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Rückreise von Paris nach Holland.
sind. Dies kann man sehr deutlich an den Erhöhungen
sehen, die noch unter Wasser stehen und durch die Ebbe
entblößt werden. Die Farbe in diesen Schichten kommt
daher, daß der untenliegende Lehm dunkelfarbig, der
Bodensatz aber, den das Wasser darüber zurückläßt,
heller oder eigentlich gelbgrau ist. So kann man hier
ganz klar merken, wie die Schichten in den Bergen sich
bilden. Während der Ebbe nämlich, welche langsam
geht, läßt der Bodensatz des Wassers sich nieder, und
hieraus entstehen hervorragende Absätze treppenweise über
einander. Ehe nun die Fluth kommt, welches geschwind
geschieht, wird der niedergesunkne Bodensatz jedesmahl
etwas härter. Die Berge von Paris bis nach der See
sind beynahe von einer und derselben Höhe, überhaupt
aber gar nicht sehr hoch, und zwischen hinein gehen
Buchten, deren Rand zum Theil flach und allmählig
sich neigend, zum Theil aber ganz steil ist. Steil ist er
oft dadurch geworden, daß Stücke herabstürzen; wel-
ches man zur Zeit der Ebbe an den kleinen Sandbänken
sieht, die sich auf die Zukunft bilden. Hin und wieder
liegen unten vor diesen Bergen flache Landstrecken, die
bald größer bald kleiner sind, und welche das Wasser
ehemahls nach und nach vergrößert, jetzt aber ganz ver-
lassen hat. Einige davon sind noch nackt, andre hin-
gegen, ob sie gleich noch weich sind, sieht man doch
schon mit Gras bewachsen und als neulich entstandne In-
seln. Näher bey Havre de Grace formirt die Ebbe und
Fluth bey diesen Inseln Buchten, die wie kleine Häfen
aussehen, und denen, welche in der Nähe der größern
Berge angetroffen werden, in allen Stücken ähnlich sind.
Dies alles setzt zugleich die Entstehung der Berge und
das Abnehmen des Wassers in ein helles Licht. Näher
gegen das Meer scheint der Feuerstein nicht nur in gerin-

Ruͤckreiſe von Paris nach Holland.
ſind. Dies kann man ſehr deutlich an den Erhoͤhungen
ſehen, die noch unter Waſſer ſtehen und durch die Ebbe
entbloͤßt werden. Die Farbe in dieſen Schichten kommt
daher, daß der untenliegende Lehm dunkelfarbig, der
Bodenſatz aber, den das Waſſer daruͤber zuruͤcklaͤßt,
heller oder eigentlich gelbgrau iſt. So kann man hier
ganz klar merken, wie die Schichten in den Bergen ſich
bilden. Waͤhrend der Ebbe naͤmlich, welche langſam
geht, laͤßt der Bodenſatz des Waſſers ſich nieder, und
hieraus entſtehen hervorragende Abſaͤtze treppenweiſe uͤber
einander. Ehe nun die Fluth kommt, welches geſchwind
geſchieht, wird der niedergeſunkne Bodenſatz jedesmahl
etwas haͤrter. Die Berge von Paris bis nach der See
ſind beynahe von einer und derſelben Hoͤhe, uͤberhaupt
aber gar nicht ſehr hoch, und zwiſchen hinein gehen
Buchten, deren Rand zum Theil flach und allmaͤhlig
ſich neigend, zum Theil aber ganz ſteil iſt. Steil iſt er
oft dadurch geworden, daß Stuͤcke herabſtuͤrzen; wel-
ches man zur Zeit der Ebbe an den kleinen Sandbaͤnken
ſieht, die ſich auf die Zukunft bilden. Hin und wieder
liegen unten vor dieſen Bergen flache Landſtrecken, die
bald groͤßer bald kleiner ſind, und welche das Waſſer
ehemahls nach und nach vergroͤßert, jetzt aber ganz ver-
laſſen hat. Einige davon ſind noch nackt, andre hin-
gegen, ob ſie gleich noch weich ſind, ſieht man doch
ſchon mit Gras bewachſen und als neulich entſtandne In-
ſeln. Naͤher bey Havre de Grace formirt die Ebbe und
Fluth bey dieſen Inſeln Buchten, die wie kleine Haͤfen
ausſehen, und denen, welche in der Naͤhe der groͤßern
Berge angetroffen werden, in allen Stuͤcken aͤhnlich ſind.
Dies alles ſetzt zugleich die Entſtehung der Berge und
das Abnehmen des Waſſers in ein helles Licht. Naͤher
gegen das Meer ſcheint der Feuerſtein nicht nur in gerin-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0089" n="61"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ru&#x0364;ckrei&#x017F;e von <placeName>Paris</placeName> nach <placeName>Holland</placeName>.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ind. Dies kann man &#x017F;ehr deutlich an den Erho&#x0364;hungen<lb/>
&#x017F;ehen, die noch unter Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tehen und durch die Ebbe<lb/>
entblo&#x0364;ßt werden. Die Farbe in die&#x017F;en Schichten kommt<lb/>
daher, daß der untenliegende Lehm dunkelfarbig, der<lb/>
Boden&#x017F;atz aber, den das Wa&#x017F;&#x017F;er daru&#x0364;ber zuru&#x0364;ckla&#x0364;ßt,<lb/>
heller oder eigentlich gelbgrau i&#x017F;t. So kann man hier<lb/>
ganz klar merken, wie die Schichten in den Bergen &#x017F;ich<lb/>
bilden. Wa&#x0364;hrend der Ebbe na&#x0364;mlich, welche lang&#x017F;am<lb/>
geht, la&#x0364;ßt der Boden&#x017F;atz des Wa&#x017F;&#x017F;ers &#x017F;ich nieder, und<lb/>
hieraus ent&#x017F;tehen hervorragende Ab&#x017F;a&#x0364;tze treppenwei&#x017F;e u&#x0364;ber<lb/>
einander. Ehe nun die Fluth kommt, welches ge&#x017F;chwind<lb/>
ge&#x017F;chieht, wird der niederge&#x017F;unkne Boden&#x017F;atz jedesmahl<lb/>
etwas ha&#x0364;rter. Die Berge von <placeName>Paris</placeName> bis nach der See<lb/>
&#x017F;ind beynahe von einer und der&#x017F;elben Ho&#x0364;he, u&#x0364;berhaupt<lb/>
aber gar nicht &#x017F;ehr hoch, und zwi&#x017F;chen hinein gehen<lb/>
Buchten, deren Rand zum Theil flach und allma&#x0364;hlig<lb/>
&#x017F;ich neigend, zum Theil aber ganz &#x017F;teil i&#x017F;t. Steil i&#x017F;t er<lb/>
oft dadurch geworden, daß Stu&#x0364;cke herab&#x017F;tu&#x0364;rzen; wel-<lb/>
ches man zur Zeit der Ebbe an den kleinen Sandba&#x0364;nken<lb/>
&#x017F;ieht, die &#x017F;ich auf die Zukunft bilden. Hin und wieder<lb/>
liegen unten vor die&#x017F;en Bergen flache Land&#x017F;trecken, die<lb/>
bald gro&#x0364;ßer bald kleiner &#x017F;ind, und welche das Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
ehemahls nach und nach vergro&#x0364;ßert, jetzt aber ganz ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en hat. Einige davon &#x017F;ind noch nackt, andre hin-<lb/>
gegen, ob &#x017F;ie gleich noch weich &#x017F;ind, &#x017F;ieht man doch<lb/>
&#x017F;chon mit Gras bewach&#x017F;en und als neulich ent&#x017F;tandne In-<lb/>
&#x017F;eln. Na&#x0364;her bey <placeName>Havre de Grace</placeName> formirt die Ebbe und<lb/>
Fluth bey die&#x017F;en In&#x017F;eln Buchten, die wie kleine Ha&#x0364;fen<lb/>
aus&#x017F;ehen, und denen, welche in der Na&#x0364;he der gro&#x0364;ßern<lb/>
Berge angetroffen werden, in allen Stu&#x0364;cken a&#x0364;hnlich &#x017F;ind.<lb/>
Dies alles &#x017F;etzt zugleich die Ent&#x017F;tehung der Berge und<lb/>
das Abnehmen des Wa&#x017F;&#x017F;ers in ein helles Licht. Na&#x0364;her<lb/>
gegen das Meer &#x017F;cheint der Feuer&#x017F;tein nicht nur in gerin-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0089] Ruͤckreiſe von Paris nach Holland. ſind. Dies kann man ſehr deutlich an den Erhoͤhungen ſehen, die noch unter Waſſer ſtehen und durch die Ebbe entbloͤßt werden. Die Farbe in dieſen Schichten kommt daher, daß der untenliegende Lehm dunkelfarbig, der Bodenſatz aber, den das Waſſer daruͤber zuruͤcklaͤßt, heller oder eigentlich gelbgrau iſt. So kann man hier ganz klar merken, wie die Schichten in den Bergen ſich bilden. Waͤhrend der Ebbe naͤmlich, welche langſam geht, laͤßt der Bodenſatz des Waſſers ſich nieder, und hieraus entſtehen hervorragende Abſaͤtze treppenweiſe uͤber einander. Ehe nun die Fluth kommt, welches geſchwind geſchieht, wird der niedergeſunkne Bodenſatz jedesmahl etwas haͤrter. Die Berge von Paris bis nach der See ſind beynahe von einer und derſelben Hoͤhe, uͤberhaupt aber gar nicht ſehr hoch, und zwiſchen hinein gehen Buchten, deren Rand zum Theil flach und allmaͤhlig ſich neigend, zum Theil aber ganz ſteil iſt. Steil iſt er oft dadurch geworden, daß Stuͤcke herabſtuͤrzen; wel- ches man zur Zeit der Ebbe an den kleinen Sandbaͤnken ſieht, die ſich auf die Zukunft bilden. Hin und wieder liegen unten vor dieſen Bergen flache Landſtrecken, die bald groͤßer bald kleiner ſind, und welche das Waſſer ehemahls nach und nach vergroͤßert, jetzt aber ganz ver- laſſen hat. Einige davon ſind noch nackt, andre hin- gegen, ob ſie gleich noch weich ſind, ſieht man doch ſchon mit Gras bewachſen und als neulich entſtandne In- ſeln. Naͤher bey Havre de Grace formirt die Ebbe und Fluth bey dieſen Inſeln Buchten, die wie kleine Haͤfen ausſehen, und denen, welche in der Naͤhe der groͤßern Berge angetroffen werden, in allen Stuͤcken aͤhnlich ſind. Dies alles ſetzt zugleich die Entſtehung der Berge und das Abnehmen des Waſſers in ein helles Licht. Naͤher gegen das Meer ſcheint der Feuerſtein nicht nur in gerin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/89
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/89>, abgerufen am 22.11.2024.