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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Vierte Abtheilung. Aufenthalt zu Cap
und eine eigne Physiognomie zeichnen dies Volk eben so
wohl als andre Völker aus. Der Backenknochen (Os
tygomaticum
) steht allezeit weit hervor, und sie sehen
aus dieser Ursache durchgehends mager aus. Die Nase
ist an der Basis platt, der Nasenzipfel dick und etwas
stumpf, aber doch nicht sehr kurz. Die Lippen sind et-
was dick. Das Haar ist pechschwarz, wie Wolle krans
und zusammengekrüllt, selten dick, gewöhnlich dünn,
und hat mit den Zöpfchen oder Flocken auf rauhem woll-
nen Zeuge Aehnlichkeit. Barthaare haben sie wenig,
auch nur wenig Haare um die Schamtheile. Der Rück-
grad ist auffallend krumm, und zwar einwärts gebogen.
Nie habe ich irgend jemand gesehen, der in diesem Stücke
mit den Hottentotten zu vergleichen gewesen wäre. Ver-
schiedne sah ich unter ihnen, bey denen der Rücken so
eingebogen war und die Lenden nach hinten so hervorstan-
den, daß zwey Personen darauf sitzen konnten. Uner-
achtet die Hottentotten allezeit mager sind, und wenig
Fleisch haben, wird dennoch ihre Haut, besonders an
den Brüsten der Weiber, welche so sehr groß sind, daß
ihnen hierin keine Weibsperson auf dem Erdboden gleich
kommt, durch das viele Schmieren mit Fett unglaub-
lich ausgedehnt. Die Buschhottentotten haben dickere
Bäuche, als die andern.

Ihre Sprache ist arm, und unterscheidet sich merk-
lich von allen andern Sprachen in der Welt, nahment-
lich dadurch, daß sie mit dem Schnalzen oder Schmatzen,
welches ich im ersten Theile umständlicher beschrieben ha-
be, ausgesprochen wird. Geschrieben habe ich sie nie
gesehen. Die Hottentotten selbst haben keinen Begriff
vom Schreiben. Uebrigens ist die Sprache oft das ein-
zige, was die faulen, indolenten Hottentotten von un-
vernünftigen Thieren auszeichnet.


Vierte Abtheilung. Aufenthalt zu Cap
und eine eigne Phyſiognomie zeichnen dies Volk eben ſo
wohl als andre Voͤlker aus. Der Backenknochen (Os
tygomaticum
) ſteht allezeit weit hervor, und ſie ſehen
aus dieſer Urſache durchgehends mager aus. Die Naſe
iſt an der Baſis platt, der Naſenzipfel dick und etwas
ſtumpf, aber doch nicht ſehr kurz. Die Lippen ſind et-
was dick. Das Haar iſt pechſchwarz, wie Wolle krans
und zuſammengekruͤllt, ſelten dick, gewoͤhnlich duͤnn,
und hat mit den Zoͤpfchen oder Flocken auf rauhem woll-
nen Zeuge Aehnlichkeit. Barthaare haben ſie wenig,
auch nur wenig Haare um die Schamtheile. Der Ruͤck-
grad iſt auffallend krumm, und zwar einwaͤrts gebogen.
Nie habe ich irgend jemand geſehen, der in dieſem Stuͤcke
mit den Hottentotten zu vergleichen geweſen waͤre. Ver-
ſchiedne ſah ich unter ihnen, bey denen der Ruͤcken ſo
eingebogen war und die Lenden nach hinten ſo hervorſtan-
den, daß zwey Perſonen darauf ſitzen konnten. Uner-
achtet die Hottentotten allezeit mager ſind, und wenig
Fleiſch haben, wird dennoch ihre Haut, beſonders an
den Bruͤſten der Weiber, welche ſo ſehr groß ſind, daß
ihnen hierin keine Weibsperſon auf dem Erdboden gleich
kommt, durch das viele Schmieren mit Fett unglaub-
lich ausgedehnt. Die Buſchhottentotten haben dickere
Baͤuche, als die andern.

Ihre Sprache iſt arm, und unterſcheidet ſich merk-
lich von allen andern Sprachen in der Welt, nahment-
lich dadurch, daß ſie mit dem Schnalzen oder Schmatzen,
welches ich im erſten Theile umſtaͤndlicher beſchrieben ha-
be, ausgeſprochen wird. Geſchrieben habe ich ſie nie
geſehen. Die Hottentotten ſelbſt haben keinen Begriff
vom Schreiben. Uebrigens iſt die Sprache oft das ein-
zige, was die faulen, indolenten Hottentotten von un-
vernuͤnftigen Thieren auszeichnet.


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[168/0506] Vierte Abtheilung. Aufenthalt zu Cap und eine eigne Phyſiognomie zeichnen dies Volk eben ſo wohl als andre Voͤlker aus. Der Backenknochen (Os tygomaticum) ſteht allezeit weit hervor, und ſie ſehen aus dieſer Urſache durchgehends mager aus. Die Naſe iſt an der Baſis platt, der Naſenzipfel dick und etwas ſtumpf, aber doch nicht ſehr kurz. Die Lippen ſind et- was dick. Das Haar iſt pechſchwarz, wie Wolle krans und zuſammengekruͤllt, ſelten dick, gewoͤhnlich duͤnn, und hat mit den Zoͤpfchen oder Flocken auf rauhem woll- nen Zeuge Aehnlichkeit. Barthaare haben ſie wenig, auch nur wenig Haare um die Schamtheile. Der Ruͤck- grad iſt auffallend krumm, und zwar einwaͤrts gebogen. Nie habe ich irgend jemand geſehen, der in dieſem Stuͤcke mit den Hottentotten zu vergleichen geweſen waͤre. Ver- ſchiedne ſah ich unter ihnen, bey denen der Ruͤcken ſo eingebogen war und die Lenden nach hinten ſo hervorſtan- den, daß zwey Perſonen darauf ſitzen konnten. Uner- achtet die Hottentotten allezeit mager ſind, und wenig Fleiſch haben, wird dennoch ihre Haut, beſonders an den Bruͤſten der Weiber, welche ſo ſehr groß ſind, daß ihnen hierin keine Weibsperſon auf dem Erdboden gleich kommt, durch das viele Schmieren mit Fett unglaub- lich ausgedehnt. Die Buſchhottentotten haben dickere Baͤuche, als die andern. Ihre Sprache iſt arm, und unterſcheidet ſich merk- lich von allen andern Sprachen in der Welt, nahment- lich dadurch, daß ſie mit dem Schnalzen oder Schmatzen, welches ich im erſten Theile umſtaͤndlicher beſchrieben ha- be, ausgeſprochen wird. Geſchrieben habe ich ſie nie geſehen. Die Hottentotten ſelbſt haben keinen Begriff vom Schreiben. Uebrigens iſt die Sprache oft das ein- zige, was die faulen, indolenten Hottentotten von un- vernuͤnftigen Thieren auszeichnet.

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/506>, abgerufen am 22.11.2024.