Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.bis zur dritten großen Afrikanischen Reise. zen Kolonie noch nicht über hundert und zwanzig Jahre.Denn als im Jahr 1650 die Holländischen Schiffe von Ostindien zurückkamen und hier durch Tausch mit den Hottentotten allerley Erfrischungen einnahmen, wurde das Land zum erstenmahl mit einiger Aufmerksamkeit von einem zur Flotte gehörigen Feldscher, Nahmens Jan van Riebeek, der einige botanische Kenntnisse besaß, besehen. Da er nun so wohl das Klima, als den Boden, zum Bau verschiedner Gartengewächse und Obstbäume zuträglich fand, that er nach seiner Zurückkunft den Di- recteuren den Vorschlag, hier eine Kolonie anlegen zu lassen. Nach reiflicher Ueberlegung beschloß man es zu thun, und Jan van Riebeek wurde als Admiral und Befehlshaber mit vier Schiffen, die mit Bau-Mate- rialien, Zimmerleuten und allerhand Arten Samen reich- lich versehen waren, dahin geschickt. Sogleich nach sei- ner Ankunft ließ er sich mit den Hottentotten in Unter- handlung wegen Abtretung eines Stücks Landes ein, und erhielt es von ihnen. Auf diesem Platze legte man eine Festung, ein Packhaus und ein Siechenhaus an, und legte dadurch den ersten Grund zu dieser so großen und blühenden Kolonie. Die Summe, wofür das erste Stück Land gekauft ist, wird, so wie die Größe dessel- ben, sehr verschieden angegeben. Gewöhnlich behaup- tet man, die Summe habe in Waaren an funfzigtau- send Holländische Gulden betragen, wozu hernach bey Erneuerung des Kaufs noch dreyßigtausend gekommen seyn sollen. In den Rechnungsbüchern der Compagnie ist sie ohne allen Zweifel so groß aufgeführt; daß aber die Hottentotten jemahls einen beträchtlichen Theil davon bekommen haben, kommt mir sehr unglaublich vor. Das gekaufte Land soll sich bis an die Muschelbay erstrecken. Dies ist aber um so viel weniger wahr oder möglich, da bis zur dritten großen Afrikaniſchen Reiſe. zen Kolonie noch nicht uͤber hundert und zwanzig Jahre.Denn als im Jahr 1650 die Hollaͤndiſchen Schiffe von Oſtindien zuruͤckkamen und hier durch Tauſch mit den Hottentotten allerley Erfriſchungen einnahmen, wurde das Land zum erſtenmahl mit einiger Aufmerkſamkeit von einem zur Flotte gehoͤrigen Feldſcher, Nahmens Jan van Riebeek, der einige botaniſche Kenntniſſe beſaß, beſehen. Da er nun ſo wohl das Klima, als den Boden, zum Bau verſchiedner Gartengewaͤchſe und Obſtbaͤume zutraͤglich fand, that er nach ſeiner Zuruͤckkunft den Di- recteuren den Vorſchlag, hier eine Kolonie anlegen zu laſſen. Nach reiflicher Ueberlegung beſchloß man es zu thun, und Jan van Riebeek wurde als Admiral und Befehlshaber mit vier Schiffen, die mit Bau-Mate- rialien, Zimmerleuten und allerhand Arten Samen reich- lich verſehen waren, dahin geſchickt. Sogleich nach ſei- ner Ankunft ließ er ſich mit den Hottentotten in Unter- handlung wegen Abtretung eines Stuͤcks Landes ein, und erhielt es von ihnen. Auf dieſem Platze legte man eine Feſtung, ein Packhaus und ein Siechenhaus an, und legte dadurch den erſten Grund zu dieſer ſo großen und bluͤhenden Kolonie. Die Summe, wofuͤr das erſte Stuͤck Land gekauft iſt, wird, ſo wie die Groͤße deſſel- ben, ſehr verſchieden angegeben. Gewoͤhnlich behaup- tet man, die Summe habe in Waaren an funfzigtau- ſend Hollaͤndiſche Gulden betragen, wozu hernach bey Erneuerung des Kaufs noch dreyßigtauſend gekommen ſeyn ſollen. In den Rechnungsbuͤchern der Compagnie iſt ſie ohne allen Zweifel ſo groß aufgefuͤhrt; daß aber die Hottentotten jemahls einen betraͤchtlichen Theil davon bekommen haben, kommt mir ſehr unglaublich vor. Das gekaufte Land ſoll ſich bis an die Muſchelbay erſtrecken. Dies iſt aber um ſo viel weniger wahr oder moͤglich, da <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0445" n="107"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">bis zur dritten großen Afrikaniſchen Reiſe.</hi></fw><lb/> zen Kolonie noch nicht uͤber hundert und zwanzig Jahre.<lb/> Denn als im Jahr 1650 die Hollaͤndiſchen Schiffe von<lb/><placeName>Oſtindien</placeName> zuruͤckkamen und hier durch Tauſch mit den<lb/> Hottentotten allerley Erfriſchungen einnahmen, wurde<lb/> das Land zum erſtenmahl mit einiger Aufmerkſamkeit von<lb/> einem zur Flotte gehoͤrigen Feldſcher, Nahmens <persName>Jan<lb/> van Riebeek</persName>, der einige botaniſche Kenntniſſe beſaß,<lb/> beſehen. 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bis zur dritten großen Afrikaniſchen Reiſe.
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Denn als im Jahr 1650 die Hollaͤndiſchen Schiffe von
Oſtindien zuruͤckkamen und hier durch Tauſch mit den
Hottentotten allerley Erfriſchungen einnahmen, wurde
das Land zum erſtenmahl mit einiger Aufmerkſamkeit von
einem zur Flotte gehoͤrigen Feldſcher, Nahmens Jan
van Riebeek, der einige botaniſche Kenntniſſe beſaß,
beſehen. Da er nun ſo wohl das Klima, als den Boden,
zum Bau verſchiedner Gartengewaͤchſe und Obſtbaͤume
zutraͤglich fand, that er nach ſeiner Zuruͤckkunft den Di-
recteuren den Vorſchlag, hier eine Kolonie anlegen zu
laſſen. Nach reiflicher Ueberlegung beſchloß man es zu
thun, und Jan van Riebeek wurde als Admiral und
Befehlshaber mit vier Schiffen, die mit Bau-Mate-
rialien, Zimmerleuten und allerhand Arten Samen reich-
lich verſehen waren, dahin geſchickt. Sogleich nach ſei-
ner Ankunft ließ er ſich mit den Hottentotten in Unter-
handlung wegen Abtretung eines Stuͤcks Landes ein, und
erhielt es von ihnen. Auf dieſem Platze legte man eine
Feſtung, ein Packhaus und ein Siechenhaus an, und
legte dadurch den erſten Grund zu dieſer ſo großen und
bluͤhenden Kolonie. Die Summe, wofuͤr das erſte
Stuͤck Land gekauft iſt, wird, ſo wie die Groͤße deſſel-
ben, ſehr verſchieden angegeben. Gewoͤhnlich behaup-
tet man, die Summe habe in Waaren an funfzigtau-
ſend Hollaͤndiſche Gulden betragen, wozu hernach bey
Erneuerung des Kaufs noch dreyßigtauſend gekommen
ſeyn ſollen. In den Rechnungsbuͤchern der Compagnie
iſt ſie ohne allen Zweifel ſo groß aufgefuͤhrt; daß aber
die Hottentotten jemahls einen betraͤchtlichen Theil davon
bekommen haben, kommt mir ſehr unglaublich vor. Das
gekaufte Land ſoll ſich bis an die Muſchelbay erſtrecken.
Dies iſt aber um ſo viel weniger wahr oder moͤglich, da
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Zitationshilfe: | Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/445>, abgerufen am 17.02.2025. |