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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Dritte Abtheilung. Sechster Abschnitt.
Man machte mit einem Messer Einschnitte in die Wun-
de, und wusch den Fuß mit salzigem Wasser. Dabey
gab man dem Patienten heiße Milch in sehr großer
Menge zu trinken, mehrere Eimer voll in einer Nacht;
die er aber doch beständig wieder von sich gab. Darauf
wurde der Schlangenstein auf die Wunde gelegt. Der
Mann genesete allmählig wieder, hat aber noch jetzt, nach
Verlauf etlicher Jahre, bey Veränderung des Wetters,
Schmerzen da, wo der Biß geschehen ist, und biswei-
len bricht die Wunde sogar völlig auf.

Jetzt ist es Zeit, daß ich von den Kaffern, die
ich am Camtousflusse zuerst kennen lernte, einige Nach-
richt gebe. Sie sind von Statur größer, besser ge-
wachsen, schwärzer und stärker als die Hottentotten,
auch unerschrockner und tapferer. Um die Arme tragen
sie zum Zierrath theils eiserne, theils elfenbeinerne Rin-
ge, welche letzteren einen halben Zoll breit sind, und
deren sie gewöhnlich mehr als einen an jedem Arme ha-
ben. Die Weibspersonen, welche ich hier sah, hatten
durch einen Ohrzipfel ein Loch gestochen, und trugen ei-
nen Stachel vom Stachelschweine darin. Sie zeigten
uns auch Ohrgehänge von zwey verschiednen Gestalten;
sie waren von Kupfer, das mit Silber vermischt war,
und die Kaffern erzählten, sie hätten sie von Nationen
bekommen, die weiter im Lande wohnten. -- Die
Tänze der Kaffern sind besonders artig. Ihrer zwey
oder mehr stellen sich entweder mit den Seiten oder mit
dem Rücken gegen einander, balanciren auf den Zehen,
und stoßen mit den Fersen gegen die Erde, wobey sie
alle Glieder, und zwar nach dem Takte, und beynahe
alle Muskeln, besonders aber Augen, Stirne, Hals,
Kopf, Mund und Kinn bewegen. Die den Tanz be-
gleitende Musik besteht in einem groben und schnarren-

Dritte Abtheilung. Sechster Abſchnitt.
Man machte mit einem Meſſer Einſchnitte in die Wun-
de, und wuſch den Fuß mit ſalzigem Waſſer. Dabey
gab man dem Patienten heiße Milch in ſehr großer
Menge zu trinken, mehrere Eimer voll in einer Nacht;
die er aber doch beſtaͤndig wieder von ſich gab. Darauf
wurde der Schlangenſtein auf die Wunde gelegt. Der
Mann geneſete allmaͤhlig wieder, hat aber noch jetzt, nach
Verlauf etlicher Jahre, bey Veraͤnderung des Wetters,
Schmerzen da, wo der Biß geſchehen iſt, und biswei-
len bricht die Wunde ſogar voͤllig auf.

Jetzt iſt es Zeit, daß ich von den Kaffern, die
ich am Camtousfluſſe zuerſt kennen lernte, einige Nach-
richt gebe. Sie ſind von Statur groͤßer, beſſer ge-
wachſen, ſchwaͤrzer und ſtaͤrker als die Hottentotten,
auch unerſchrockner und tapferer. Um die Arme tragen
ſie zum Zierrath theils eiſerne, theils elfenbeinerne Rin-
ge, welche letzteren einen halben Zoll breit ſind, und
deren ſie gewoͤhnlich mehr als einen an jedem Arme ha-
ben. Die Weibsperſonen, welche ich hier ſah, hatten
durch einen Ohrzipfel ein Loch geſtochen, und trugen ei-
nen Stachel vom Stachelſchweine darin. Sie zeigten
uns auch Ohrgehaͤnge von zwey verſchiednen Geſtalten;
ſie waren von Kupfer, das mit Silber vermiſcht war,
und die Kaffern erzaͤhlten, ſie haͤtten ſie von Nationen
bekommen, die weiter im Lande wohnten. — Die
Taͤnze der Kaffern ſind beſonders artig. Ihrer zwey
oder mehr ſtellen ſich entweder mit den Seiten oder mit
dem Ruͤcken gegen einander, balanciren auf den Zehen,
und ſtoßen mit den Ferſen gegen die Erde, wobey ſie
alle Glieder, und zwar nach dem Takte, und beynahe
alle Muskeln, beſonders aber Augen, Stirne, Hals,
Kopf, Mund und Kinn bewegen. Die den Tanz be-
gleitende Muſik beſteht in einem groben und ſchnarren-

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[188/0216] Dritte Abtheilung. Sechster Abſchnitt. Man machte mit einem Meſſer Einſchnitte in die Wun- de, und wuſch den Fuß mit ſalzigem Waſſer. Dabey gab man dem Patienten heiße Milch in ſehr großer Menge zu trinken, mehrere Eimer voll in einer Nacht; die er aber doch beſtaͤndig wieder von ſich gab. Darauf wurde der Schlangenſtein auf die Wunde gelegt. Der Mann geneſete allmaͤhlig wieder, hat aber noch jetzt, nach Verlauf etlicher Jahre, bey Veraͤnderung des Wetters, Schmerzen da, wo der Biß geſchehen iſt, und biswei- len bricht die Wunde ſogar voͤllig auf. Jetzt iſt es Zeit, daß ich von den Kaffern, die ich am Camtousfluſſe zuerſt kennen lernte, einige Nach- richt gebe. Sie ſind von Statur groͤßer, beſſer ge- wachſen, ſchwaͤrzer und ſtaͤrker als die Hottentotten, auch unerſchrockner und tapferer. Um die Arme tragen ſie zum Zierrath theils eiſerne, theils elfenbeinerne Rin- ge, welche letzteren einen halben Zoll breit ſind, und deren ſie gewoͤhnlich mehr als einen an jedem Arme ha- ben. Die Weibsperſonen, welche ich hier ſah, hatten durch einen Ohrzipfel ein Loch geſtochen, und trugen ei- nen Stachel vom Stachelſchweine darin. Sie zeigten uns auch Ohrgehaͤnge von zwey verſchiednen Geſtalten; ſie waren von Kupfer, das mit Silber vermiſcht war, und die Kaffern erzaͤhlten, ſie haͤtten ſie von Nationen bekommen, die weiter im Lande wohnten. — Die Taͤnze der Kaffern ſind beſonders artig. Ihrer zwey oder mehr ſtellen ſich entweder mit den Seiten oder mit dem Ruͤcken gegen einander, balanciren auf den Zehen, und ſtoßen mit den Ferſen gegen die Erde, wobey ſie alle Glieder, und zwar nach dem Takte, und beynahe alle Muskeln, beſonders aber Augen, Stirne, Hals, Kopf, Mund und Kinn bewegen. Die den Tanz be- gleitende Muſik beſteht in einem groben und ſchnarren-

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/216>, abgerufen am 24.11.2024.