Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Reise v. Houtniquas bis an den Camtourfluß.
den Gesange, und mitunter hört man bisweilen ein
Pfeifen, wobey sie die Lippen zur Seite ziehen, und die
Zähne, zwischen welchen das Pfeifen geschieht, bloß se-
hen lassen. Die Frauenspersonen laufen dabey umher,
und singen und springen nach demselben Takte, unter steter
Bewegung des Kopfs und der Glieder. Ein großer Theil
der Kaffern begleitete uns auf unsrer Rückreise nach dem
Seekuhflusse, und diese Leute zeigten uns verschiedne ihrer
Künste; beydes vermuthlich, um etwas von unserm gu-
ten Tobak habhaft zu werden, der ihnen gar zu gut
schmeckte.

Die Kaffern besitzen zwar kein Schießgewehr; er-
legen aber nichts desto weniger Büffel und andre wilde
Thiere mit ihren Spießen, die wie bey den Hottentotten
Assagai heißen. Wenn ein Kaffer auf die Spur kommt,
wo sich einige Büffel aufhalten, so bläset er auf einer
von Schafknochen gemachten Pfeife, die man sehr weit
hören kann. Alsdann kommen ihrer mehrere zusammen,
und umringen die Büffel, nähern sich ihnen mehr und
mehr, und werfen mit den Spießen nach ihnen. Von
acht bis zwölf Büffeln entkommt sodann selten einer.
Indessen trägt es sich doch bisweilen zu, daß, indem
die Büffel zu entfliehen suchen, einer von denen, die vor
ihm stehen, todtgestoßen wird, welches man aber bey
diesem Volke wenig achtet. Wenn die Jagd zu Ende
ist, schneidet jeder sein Stück von dem erlegten Wildpre-
te ab. -- Außer dem Wilde, das die Kaffern jagen
können, besitzen sie große Heerden Hornvieh, für welche
sie hinlängliche Nahrung haben, da sie längs der See-
küste die vortrefflichsten Grasebnen bewohnen. Ihre Och-
sen sind gemeiniglich daran zu kennen, daß sie sie in den
Ohren, wie auch unten in den Hals schneiden, so daß lange
Stücke herabhangen. Auch zwingen sie die Hörner, daß

Reiſe v. Houtniquas bis an den Camtourfluß.
den Geſange, und mitunter hoͤrt man bisweilen ein
Pfeifen, wobey ſie die Lippen zur Seite ziehen, und die
Zaͤhne, zwiſchen welchen das Pfeifen geſchieht, bloß ſe-
hen laſſen. Die Frauensperſonen laufen dabey umher,
und ſingen und ſpringen nach demſelben Takte, unter ſteter
Bewegung des Kopfs und der Glieder. Ein großer Theil
der Kaffern begleitete uns auf unſrer Ruͤckreiſe nach dem
Seekuhfluſſe, und dieſe Leute zeigten uns verſchiedne ihrer
Kuͤnſte; beydes vermuthlich, um etwas von unſerm gu-
ten Tobak habhaft zu werden, der ihnen gar zu gut
ſchmeckte.

Die Kaffern beſitzen zwar kein Schießgewehr; er-
legen aber nichts deſto weniger Buͤffel und andre wilde
Thiere mit ihren Spießen, die wie bey den Hottentotten
Aſſagai heißen. Wenn ein Kaffer auf die Spur kommt,
wo ſich einige Buͤffel aufhalten, ſo blaͤſet er auf einer
von Schafknochen gemachten Pfeife, die man ſehr weit
hoͤren kann. Alsdann kommen ihrer mehrere zuſammen,
und umringen die Buͤffel, naͤhern ſich ihnen mehr und
mehr, und werfen mit den Spießen nach ihnen. Von
acht bis zwoͤlf Buͤffeln entkommt ſodann ſelten einer.
Indeſſen traͤgt es ſich doch bisweilen zu, daß, indem
die Buͤffel zu entfliehen ſuchen, einer von denen, die vor
ihm ſtehen, todtgeſtoßen wird, welches man aber bey
dieſem Volke wenig achtet. Wenn die Jagd zu Ende
iſt, ſchneidet jeder ſein Stuͤck von dem erlegten Wildpre-
te ab. — Außer dem Wilde, das die Kaffern jagen
koͤnnen, beſitzen ſie große Heerden Hornvieh, fuͤr welche
ſie hinlaͤngliche Nahrung haben, da ſie laͤngs der See-
kuͤſte die vortrefflichſten Grasebnen bewohnen. Ihre Och-
ſen ſind gemeiniglich daran zu kennen, daß ſie ſie in den
Ohren, wie auch unten in den Hals ſchneiden, ſo daß lange
Stuͤcke herabhangen. Auch zwingen ſie die Hoͤrner, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0217" n="189"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Rei&#x017F;e v. <placeName>Houtniquas</placeName> bis an den <placeName>Camtourfluß</placeName>.</hi></fw><lb/>
den Ge&#x017F;ange, und mitunter ho&#x0364;rt man bisweilen ein<lb/>
Pfeifen, wobey &#x017F;ie die Lippen zur Seite ziehen, und die<lb/>
Za&#x0364;hne, zwi&#x017F;chen welchen das Pfeifen ge&#x017F;chieht, bloß &#x017F;e-<lb/>
hen la&#x017F;&#x017F;en. Die Frauensper&#x017F;onen laufen dabey umher,<lb/>
und &#x017F;ingen und &#x017F;pringen nach dem&#x017F;elben Takte, unter &#x017F;teter<lb/>
Bewegung des Kopfs und der Glieder. Ein großer Theil<lb/>
der Kaffern begleitete uns auf un&#x017F;rer Ru&#x0364;ckrei&#x017F;e nach dem<lb/><placeName>Seekuhflu&#x017F;&#x017F;e</placeName>, und die&#x017F;e Leute zeigten uns ver&#x017F;chiedne ihrer<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;te; beydes vermuthlich, um etwas von un&#x017F;erm gu-<lb/>
ten Tobak habhaft zu werden, der ihnen gar zu gut<lb/>
&#x017F;chmeckte.</p><lb/>
          <p>Die Kaffern be&#x017F;itzen zwar kein Schießgewehr; er-<lb/>
legen aber nichts de&#x017F;to weniger Bu&#x0364;ffel und andre wilde<lb/>
Thiere mit ihren Spießen, die wie bey den Hottentotten<lb/>
A&#x017F;&#x017F;agai heißen. Wenn ein Kaffer auf die Spur kommt,<lb/>
wo &#x017F;ich einige Bu&#x0364;ffel aufhalten, &#x017F;o bla&#x0364;&#x017F;et er auf einer<lb/>
von Schafknochen gemachten Pfeife, die man &#x017F;ehr weit<lb/>
ho&#x0364;ren kann. Alsdann kommen ihrer mehrere zu&#x017F;ammen,<lb/>
und umringen die Bu&#x0364;ffel, na&#x0364;hern &#x017F;ich ihnen mehr und<lb/>
mehr, und werfen mit den Spießen nach ihnen. Von<lb/>
acht bis zwo&#x0364;lf Bu&#x0364;ffeln entkommt &#x017F;odann &#x017F;elten einer.<lb/>
Inde&#x017F;&#x017F;en tra&#x0364;gt es &#x017F;ich doch bisweilen zu, daß, indem<lb/>
die Bu&#x0364;ffel zu entfliehen &#x017F;uchen, einer von denen, die vor<lb/>
ihm &#x017F;tehen, todtge&#x017F;toßen wird, welches man aber bey<lb/>
die&#x017F;em Volke wenig achtet. Wenn die Jagd zu Ende<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;chneidet jeder &#x017F;ein Stu&#x0364;ck von dem erlegten Wildpre-<lb/>
te ab. &#x2014; Außer dem Wilde, das die Kaffern jagen<lb/>
ko&#x0364;nnen, be&#x017F;itzen &#x017F;ie große Heerden Hornvieh, fu&#x0364;r welche<lb/>
&#x017F;ie hinla&#x0364;ngliche Nahrung haben, da &#x017F;ie la&#x0364;ngs der See-<lb/>
ku&#x0364;&#x017F;te die vortrefflich&#x017F;ten Grasebnen bewohnen. Ihre Och-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ind gemeiniglich daran zu kennen, daß &#x017F;ie &#x017F;ie in den<lb/>
Ohren, wie auch unten in den Hals &#x017F;chneiden, &#x017F;o daß lange<lb/>
Stu&#x0364;cke herabhangen. Auch zwingen &#x017F;ie die Ho&#x0364;rner, daß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0217] Reiſe v. Houtniquas bis an den Camtourfluß. den Geſange, und mitunter hoͤrt man bisweilen ein Pfeifen, wobey ſie die Lippen zur Seite ziehen, und die Zaͤhne, zwiſchen welchen das Pfeifen geſchieht, bloß ſe- hen laſſen. Die Frauensperſonen laufen dabey umher, und ſingen und ſpringen nach demſelben Takte, unter ſteter Bewegung des Kopfs und der Glieder. Ein großer Theil der Kaffern begleitete uns auf unſrer Ruͤckreiſe nach dem Seekuhfluſſe, und dieſe Leute zeigten uns verſchiedne ihrer Kuͤnſte; beydes vermuthlich, um etwas von unſerm gu- ten Tobak habhaft zu werden, der ihnen gar zu gut ſchmeckte. Die Kaffern beſitzen zwar kein Schießgewehr; er- legen aber nichts deſto weniger Buͤffel und andre wilde Thiere mit ihren Spießen, die wie bey den Hottentotten Aſſagai heißen. Wenn ein Kaffer auf die Spur kommt, wo ſich einige Buͤffel aufhalten, ſo blaͤſet er auf einer von Schafknochen gemachten Pfeife, die man ſehr weit hoͤren kann. Alsdann kommen ihrer mehrere zuſammen, und umringen die Buͤffel, naͤhern ſich ihnen mehr und mehr, und werfen mit den Spießen nach ihnen. Von acht bis zwoͤlf Buͤffeln entkommt ſodann ſelten einer. Indeſſen traͤgt es ſich doch bisweilen zu, daß, indem die Buͤffel zu entfliehen ſuchen, einer von denen, die vor ihm ſtehen, todtgeſtoßen wird, welches man aber bey dieſem Volke wenig achtet. Wenn die Jagd zu Ende iſt, ſchneidet jeder ſein Stuͤck von dem erlegten Wildpre- te ab. — Außer dem Wilde, das die Kaffern jagen koͤnnen, beſitzen ſie große Heerden Hornvieh, fuͤr welche ſie hinlaͤngliche Nahrung haben, da ſie laͤngs der See- kuͤſte die vortrefflichſten Grasebnen bewohnen. Ihre Och- ſen ſind gemeiniglich daran zu kennen, daß ſie ſie in den Ohren, wie auch unten in den Hals ſchneiden, ſo daß lange Stuͤcke herabhangen. Auch zwingen ſie die Hoͤrner, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/217
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/217>, abgerufen am 24.11.2024.