den Gesange, und mitunter hört man bisweilen ein Pfeifen, wobey sie die Lippen zur Seite ziehen, und die Zähne, zwischen welchen das Pfeifen geschieht, bloß se- hen lassen. Die Frauenspersonen laufen dabey umher, und singen und springen nach demselben Takte, unter steter Bewegung des Kopfs und der Glieder. Ein großer Theil der Kaffern begleitete uns auf unsrer Rückreise nach dem Seekuhflusse, und diese Leute zeigten uns verschiedne ihrer Künste; beydes vermuthlich, um etwas von unserm gu- ten Tobak habhaft zu werden, der ihnen gar zu gut schmeckte.
Die Kaffern besitzen zwar kein Schießgewehr; er- legen aber nichts desto weniger Büffel und andre wilde Thiere mit ihren Spießen, die wie bey den Hottentotten Assagai heißen. Wenn ein Kaffer auf die Spur kommt, wo sich einige Büffel aufhalten, so bläset er auf einer von Schafknochen gemachten Pfeife, die man sehr weit hören kann. Alsdann kommen ihrer mehrere zusammen, und umringen die Büffel, nähern sich ihnen mehr und mehr, und werfen mit den Spießen nach ihnen. Von acht bis zwölf Büffeln entkommt sodann selten einer. Indessen trägt es sich doch bisweilen zu, daß, indem die Büffel zu entfliehen suchen, einer von denen, die vor ihm stehen, todtgestoßen wird, welches man aber bey diesem Volke wenig achtet. Wenn die Jagd zu Ende ist, schneidet jeder sein Stück von dem erlegten Wildpre- te ab. -- Außer dem Wilde, das die Kaffern jagen können, besitzen sie große Heerden Hornvieh, für welche sie hinlängliche Nahrung haben, da sie längs der See- küste die vortrefflichsten Grasebnen bewohnen. Ihre Och- sen sind gemeiniglich daran zu kennen, daß sie sie in den Ohren, wie auch unten in den Hals schneiden, so daß lange Stücke herabhangen. Auch zwingen sie die Hörner, daß
Reiſe v. Houtniquas bis an den Camtourfluß.
den Geſange, und mitunter hoͤrt man bisweilen ein Pfeifen, wobey ſie die Lippen zur Seite ziehen, und die Zaͤhne, zwiſchen welchen das Pfeifen geſchieht, bloß ſe- hen laſſen. Die Frauensperſonen laufen dabey umher, und ſingen und ſpringen nach demſelben Takte, unter ſteter Bewegung des Kopfs und der Glieder. Ein großer Theil der Kaffern begleitete uns auf unſrer Ruͤckreiſe nach dem Seekuhfluſſe, und dieſe Leute zeigten uns verſchiedne ihrer Kuͤnſte; beydes vermuthlich, um etwas von unſerm gu- ten Tobak habhaft zu werden, der ihnen gar zu gut ſchmeckte.
Die Kaffern beſitzen zwar kein Schießgewehr; er- legen aber nichts deſto weniger Buͤffel und andre wilde Thiere mit ihren Spießen, die wie bey den Hottentotten Aſſagai heißen. Wenn ein Kaffer auf die Spur kommt, wo ſich einige Buͤffel aufhalten, ſo blaͤſet er auf einer von Schafknochen gemachten Pfeife, die man ſehr weit hoͤren kann. Alsdann kommen ihrer mehrere zuſammen, und umringen die Buͤffel, naͤhern ſich ihnen mehr und mehr, und werfen mit den Spießen nach ihnen. Von acht bis zwoͤlf Buͤffeln entkommt ſodann ſelten einer. Indeſſen traͤgt es ſich doch bisweilen zu, daß, indem die Buͤffel zu entfliehen ſuchen, einer von denen, die vor ihm ſtehen, todtgeſtoßen wird, welches man aber bey dieſem Volke wenig achtet. Wenn die Jagd zu Ende iſt, ſchneidet jeder ſein Stuͤck von dem erlegten Wildpre- te ab. — Außer dem Wilde, das die Kaffern jagen koͤnnen, beſitzen ſie große Heerden Hornvieh, fuͤr welche ſie hinlaͤngliche Nahrung haben, da ſie laͤngs der See- kuͤſte die vortrefflichſten Grasebnen bewohnen. Ihre Och- ſen ſind gemeiniglich daran zu kennen, daß ſie ſie in den Ohren, wie auch unten in den Hals ſchneiden, ſo daß lange Stuͤcke herabhangen. Auch zwingen ſie die Hoͤrner, daß
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Reiſe v. Houtniquas bis an den Camtourfluß.
den Geſange, und mitunter hoͤrt man bisweilen ein
Pfeifen, wobey ſie die Lippen zur Seite ziehen, und die
Zaͤhne, zwiſchen welchen das Pfeifen geſchieht, bloß ſe-
hen laſſen. Die Frauensperſonen laufen dabey umher,
und ſingen und ſpringen nach demſelben Takte, unter ſteter
Bewegung des Kopfs und der Glieder. Ein großer Theil
der Kaffern begleitete uns auf unſrer Ruͤckreiſe nach dem
Seekuhfluſſe, und dieſe Leute zeigten uns verſchiedne ihrer
Kuͤnſte; beydes vermuthlich, um etwas von unſerm gu-
ten Tobak habhaft zu werden, der ihnen gar zu gut
ſchmeckte.
Die Kaffern beſitzen zwar kein Schießgewehr; er-
legen aber nichts deſto weniger Buͤffel und andre wilde
Thiere mit ihren Spießen, die wie bey den Hottentotten
Aſſagai heißen. Wenn ein Kaffer auf die Spur kommt,
wo ſich einige Buͤffel aufhalten, ſo blaͤſet er auf einer
von Schafknochen gemachten Pfeife, die man ſehr weit
hoͤren kann. Alsdann kommen ihrer mehrere zuſammen,
und umringen die Buͤffel, naͤhern ſich ihnen mehr und
mehr, und werfen mit den Spießen nach ihnen. Von
acht bis zwoͤlf Buͤffeln entkommt ſodann ſelten einer.
Indeſſen traͤgt es ſich doch bisweilen zu, daß, indem
die Buͤffel zu entfliehen ſuchen, einer von denen, die vor
ihm ſtehen, todtgeſtoßen wird, welches man aber bey
dieſem Volke wenig achtet. Wenn die Jagd zu Ende
iſt, ſchneidet jeder ſein Stuͤck von dem erlegten Wildpre-
te ab. — Außer dem Wilde, das die Kaffern jagen
koͤnnen, beſitzen ſie große Heerden Hornvieh, fuͤr welche
ſie hinlaͤngliche Nahrung haben, da ſie laͤngs der See-
kuͤſte die vortrefflichſten Grasebnen bewohnen. Ihre Och-
ſen ſind gemeiniglich daran zu kennen, daß ſie ſie in den
Ohren, wie auch unten in den Hals ſchneiden, ſo daß lange
Stuͤcke herabhangen. Auch zwingen ſie die Hoͤrner, daß
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/217>, abgerufen am 24.11.2024.
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