Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Dritte Abtheilung. Fünfter Abschnitt.
Der mich begleitende Hottentotte, welcher barfuß war,
wurde so zerrissen und blutig, daß es ein Jammer war
ihn anzusehen. Weil ich aber beym Suchen nach Kräu-
tern und Blumen mich in dem Gesträuche einmahl ver-
irret hatte, war kein anderes Mittel als dieses übrig,
mich heraus zu arbeiten. -- Uebrigens sah ich in die-
ser Gegend die Strelitzie (Strelitzia), mit goldnen Blu-
men und blauen Saftbehältnissen (Nectarium) häufig
stehen. Sie ist eine der allerschönsten Blumen, und
ich nahm Zwiebeln davon mit, um sie nach Europa zu
schicken. Man sagte mir, daß die Hottentotten die
Frucht dieses Gewächses essen.

Unter den hiesigen Bergen ist der Robbenberg der
vornehmste. Er hat seinen Nahmen von den Seehun-
den, welche beym Sonnenschein ans Land kommen, und
sich auf die unterhalb des Berges befindlichen flachen
Anhöhen hinlegen, um sich zu sönnen und zu schlafen.
Ich sah deren verschiedne liegen. Der Robbenberg er-
streckt sich in Gestalt einer Halbinsel weit ins Meer, und
ist mit kleinen Schneckenhäusern bedeckt. Er ist von
besondrer Beschaffenheit, und unterscheidet sich von allen
andern Bergen, die ich in Afrika gesehen habe. Die
mittlere, ungefähr vier Klafter hohe, Lage oder Schicht,
besteht aus einer ganz festen Mischung, theils runder,
theils unregelmäßig eckiger Kieselsteine und verhärte-
tem Kalk, so daß man es für eine durch Kunst angelegte
Mauer ansehen könnte. Die oberste Schicht schien mir
ein bräunlicher Steinfels zu seyn. Die unterste Lage ist
Sandstein. An einer andern Seite des Berges fand
ich gehärteten Sand, dem das Wasser eine ausge-
schweifte Gestalt gegeben hat. An einigen Stellen ist
Sand mit Lehmerde durchmengt, der zum Theil in großen
Stücken heruntergefallen ist. An dem ebnen Fuße des

Dritte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt.
Der mich begleitende Hottentotte, welcher barfuß war,
wurde ſo zerriſſen und blutig, daß es ein Jammer war
ihn anzuſehen. Weil ich aber beym Suchen nach Kraͤu-
tern und Blumen mich in dem Geſtraͤuche einmahl ver-
irret hatte, war kein anderes Mittel als dieſes uͤbrig,
mich heraus zu arbeiten. — Uebrigens ſah ich in die-
ſer Gegend die Strelitzie (Strelitzia), mit goldnen Blu-
men und blauen Saftbehaͤltniſſen (Nectarium) haͤufig
ſtehen. Sie iſt eine der allerſchoͤnſten Blumen, und
ich nahm Zwiebeln davon mit, um ſie nach Europa zu
ſchicken. Man ſagte mir, daß die Hottentotten die
Frucht dieſes Gewaͤchſes eſſen.

Unter den hieſigen Bergen iſt der Robbenberg der
vornehmſte. Er hat ſeinen Nahmen von den Seehun-
den, welche beym Sonnenſchein ans Land kommen, und
ſich auf die unterhalb des Berges befindlichen flachen
Anhoͤhen hinlegen, um ſich zu ſoͤnnen und zu ſchlafen.
Ich ſah deren verſchiedne liegen. Der Robbenberg er-
ſtreckt ſich in Geſtalt einer Halbinſel weit ins Meer, und
iſt mit kleinen Schneckenhaͤuſern bedeckt. Er iſt von
beſondrer Beſchaffenheit, und unterſcheidet ſich von allen
andern Bergen, die ich in Afrika geſehen habe. Die
mittlere, ungefaͤhr vier Klafter hohe, Lage oder Schicht,
beſteht aus einer ganz feſten Miſchung, theils runder,
theils unregelmaͤßig eckiger Kieſelſteine und verhaͤrte-
tem Kalk, ſo daß man es fuͤr eine durch Kunſt angelegte
Mauer anſehen koͤnnte. Die oberſte Schicht ſchien mir
ein braͤunlicher Steinfels zu ſeyn. Die unterſte Lage iſt
Sandſtein. An einer andern Seite des Berges fand
ich gehaͤrteten Sand, dem das Waſſer eine ausge-
ſchweifte Geſtalt gegeben hat. An einigen Stellen iſt
Sand mit Lehmerde durchmengt, der zum Theil in großen
Stuͤcken heruntergefallen iſt. An dem ebnen Fuße des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0202" n="174"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Dritte Abtheilung. Fu&#x0364;nfter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
Der mich begleitende Hottentotte, welcher barfuß war,<lb/>
wurde &#x017F;o zerri&#x017F;&#x017F;en und blutig, daß es ein Jammer war<lb/>
ihn anzu&#x017F;ehen. Weil ich aber beym Suchen nach Kra&#x0364;u-<lb/>
tern und Blumen mich in dem Ge&#x017F;tra&#x0364;uche einmahl ver-<lb/>
irret hatte, war kein anderes Mittel als die&#x017F;es u&#x0364;brig,<lb/>
mich heraus zu arbeiten. &#x2014; Uebrigens &#x017F;ah ich in die-<lb/>
&#x017F;er Gegend die Strelitzie (<hi rendition="#aq">Strelitzia</hi>), mit goldnen Blu-<lb/>
men und blauen Saftbeha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en (<hi rendition="#aq">Nectarium</hi>) ha&#x0364;ufig<lb/>
&#x017F;tehen. Sie i&#x017F;t eine der aller&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Blumen, und<lb/>
ich nahm Zwiebeln davon mit, um &#x017F;ie nach <placeName>Europa</placeName> zu<lb/>
&#x017F;chicken. Man &#x017F;agte mir, daß die Hottentotten die<lb/>
Frucht die&#x017F;es Gewa&#x0364;ch&#x017F;es e&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Unter den hie&#x017F;igen Bergen i&#x017F;t der <placeName>Robbenberg</placeName> der<lb/>
vornehm&#x017F;te. Er hat &#x017F;einen Nahmen von den Seehun-<lb/>
den, welche beym Sonnen&#x017F;chein ans Land kommen, und<lb/>
&#x017F;ich auf die unterhalb des Berges befindlichen flachen<lb/>
Anho&#x0364;hen hinlegen, um &#x017F;ich zu &#x017F;o&#x0364;nnen und zu &#x017F;chlafen.<lb/>
Ich &#x017F;ah deren ver&#x017F;chiedne liegen. Der <placeName>Robbenberg</placeName> er-<lb/>
&#x017F;treckt &#x017F;ich in Ge&#x017F;talt einer Halbin&#x017F;el weit ins Meer, und<lb/>
i&#x017F;t mit kleinen Schneckenha&#x0364;u&#x017F;ern bedeckt. Er i&#x017F;t von<lb/>
be&#x017F;ondrer Be&#x017F;chaffenheit, und unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich von allen<lb/>
andern Bergen, die ich in <placeName>Afrika</placeName> ge&#x017F;ehen habe. Die<lb/>
mittlere, ungefa&#x0364;hr vier Klafter hohe, Lage oder Schicht,<lb/>
be&#x017F;teht aus einer ganz fe&#x017F;ten Mi&#x017F;chung, theils runder,<lb/>
theils unregelma&#x0364;ßig eckiger Kie&#x017F;el&#x017F;teine und verha&#x0364;rte-<lb/>
tem Kalk, &#x017F;o daß man es fu&#x0364;r eine durch Kun&#x017F;t angelegte<lb/>
Mauer an&#x017F;ehen ko&#x0364;nnte. Die ober&#x017F;te Schicht &#x017F;chien mir<lb/>
ein bra&#x0364;unlicher Steinfels zu &#x017F;eyn. Die unter&#x017F;te Lage i&#x017F;t<lb/>
Sand&#x017F;tein. An einer andern Seite des Berges fand<lb/>
ich geha&#x0364;rteten Sand, dem das Wa&#x017F;&#x017F;er eine ausge-<lb/>
&#x017F;chweifte Ge&#x017F;talt gegeben hat. An einigen Stellen i&#x017F;t<lb/>
Sand mit Lehmerde durchmengt, der zum Theil in großen<lb/>
Stu&#x0364;cken heruntergefallen i&#x017F;t. An dem ebnen Fuße des<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0202] Dritte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. Der mich begleitende Hottentotte, welcher barfuß war, wurde ſo zerriſſen und blutig, daß es ein Jammer war ihn anzuſehen. Weil ich aber beym Suchen nach Kraͤu- tern und Blumen mich in dem Geſtraͤuche einmahl ver- irret hatte, war kein anderes Mittel als dieſes uͤbrig, mich heraus zu arbeiten. — Uebrigens ſah ich in die- ſer Gegend die Strelitzie (Strelitzia), mit goldnen Blu- men und blauen Saftbehaͤltniſſen (Nectarium) haͤufig ſtehen. Sie iſt eine der allerſchoͤnſten Blumen, und ich nahm Zwiebeln davon mit, um ſie nach Europa zu ſchicken. Man ſagte mir, daß die Hottentotten die Frucht dieſes Gewaͤchſes eſſen. Unter den hieſigen Bergen iſt der Robbenberg der vornehmſte. Er hat ſeinen Nahmen von den Seehun- den, welche beym Sonnenſchein ans Land kommen, und ſich auf die unterhalb des Berges befindlichen flachen Anhoͤhen hinlegen, um ſich zu ſoͤnnen und zu ſchlafen. Ich ſah deren verſchiedne liegen. Der Robbenberg er- ſtreckt ſich in Geſtalt einer Halbinſel weit ins Meer, und iſt mit kleinen Schneckenhaͤuſern bedeckt. Er iſt von beſondrer Beſchaffenheit, und unterſcheidet ſich von allen andern Bergen, die ich in Afrika geſehen habe. Die mittlere, ungefaͤhr vier Klafter hohe, Lage oder Schicht, beſteht aus einer ganz feſten Miſchung, theils runder, theils unregelmaͤßig eckiger Kieſelſteine und verhaͤrte- tem Kalk, ſo daß man es fuͤr eine durch Kunſt angelegte Mauer anſehen koͤnnte. Die oberſte Schicht ſchien mir ein braͤunlicher Steinfels zu ſeyn. Die unterſte Lage iſt Sandſtein. An einer andern Seite des Berges fand ich gehaͤrteten Sand, dem das Waſſer eine ausge- ſchweifte Geſtalt gegeben hat. An einigen Stellen iſt Sand mit Lehmerde durchmengt, der zum Theil in großen Stuͤcken heruntergefallen iſt. An dem ebnen Fuße des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/202
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/202>, abgerufen am 24.11.2024.