Berges sieht man verschiedne theils große, theils kleine Gruben, von denen einige so rund sind, als wenn die Kunst sie gemacht hätte, andre aber eine längliche Figur haben. An einer Seite besteht die unterste Lage aus weißgrauem fettem Quarz. Ueberdem hat dieser Berg lange Ritzen und Spalten, worin dicke Stalaktiten hängen, die mit feinen, hin und wieder grünlichen, Flocken überzogen sind. Der Sandstein ist sehr fein.
Zu Pisangrivier hatte ich wieder Gelegenheit, vie- les von den Sitten und der Lebensart der Hottentotten kennen zu lernen. Mit dem Zubereiten des Essens ha- ben sie nicht viel Mühe. Das Büffelfleisch schneiden sie nur in Scheiben, legen es in die Asche auf einige wenige Kohlen, da es denn zugleich halb geräuchert und halb gebraten wird, und essen es hernach ohne Brot, wenn es gleich schon stinkend geworden ist. Fett ißt der Hottentotte am allerliebsten, ja er kann es sogar in großen Portionen trinken, ohne Unbequemlichkeit davon zu ver- spüren. Wenn eine Kuh nicht kalbet, sondern un- fruchtbar ist, muß sie geschlachtet werden; von dem Fleische essen alsdann aber nur die Verheiratheten, die Unverheiratheten dürfen nicht davon kosten. -- Die kleinen Hütten der Hottentotten werden oft sowohl mit kriechendem als hüpfendem Ungeziefer so angefüllt, daß sie sie nicht bewohnen können. Sie sind alsdann genö- thigt, sie nach einer andern Stelle zu versetzen. Ein solches Umziehen dauert auch nicht sehr lange, und kostet sehr wenig; ich sah es hier in Geschwindigkeit und ohne Mühe verrichten. Sie stecken zuerst einige schlanke Zwei- ge oder Wieden in die Erde, und beugen sie, daß sie eine bogenförmige Gestalt bekommen, um der Hütte die ge- hörige Höhe und Wölbung zu geben. Darauf über- decken sie diese mit Binsen oder Cypergras (Cyperus
Reiſe v. Ataquathale durchs Houtniqualand.
Berges ſieht man verſchiedne theils große, theils kleine Gruben, von denen einige ſo rund ſind, als wenn die Kunſt ſie gemacht haͤtte, andre aber eine laͤngliche Figur haben. An einer Seite beſteht die unterſte Lage aus weißgrauem fettem Quarz. Ueberdem hat dieſer Berg lange Ritzen und Spalten, worin dicke Stalaktiten haͤngen, die mit feinen, hin und wieder gruͤnlichen, Flocken uͤberzogen ſind. Der Sandſtein iſt ſehr fein.
Zu Piſangrivier hatte ich wieder Gelegenheit, vie- les von den Sitten und der Lebensart der Hottentotten kennen zu lernen. Mit dem Zubereiten des Eſſens ha- ben ſie nicht viel Muͤhe. Das Buͤffelfleiſch ſchneiden ſie nur in Scheiben, legen es in die Aſche auf einige wenige Kohlen, da es denn zugleich halb geraͤuchert und halb gebraten wird, und eſſen es hernach ohne Brot, wenn es gleich ſchon ſtinkend geworden iſt. Fett ißt der Hottentotte am allerliebſten, ja er kann es ſogar in großen Portionen trinken, ohne Unbequemlichkeit davon zu ver- ſpuͤren. Wenn eine Kuh nicht kalbet, ſondern un- fruchtbar iſt, muß ſie geſchlachtet werden; von dem Fleiſche eſſen alsdann aber nur die Verheiratheten, die Unverheiratheten duͤrfen nicht davon koſten. — Die kleinen Huͤtten der Hottentotten werden oft ſowohl mit kriechendem als huͤpfendem Ungeziefer ſo angefuͤllt, daß ſie ſie nicht bewohnen koͤnnen. Sie ſind alsdann genoͤ- thigt, ſie nach einer andern Stelle zu verſetzen. Ein ſolches Umziehen dauert auch nicht ſehr lange, und koſtet ſehr wenig; ich ſah es hier in Geſchwindigkeit und ohne Muͤhe verrichten. Sie ſtecken zuerſt einige ſchlanke Zwei- ge oder Wieden in die Erde, und beugen ſie, daß ſie eine bogenfoͤrmige Geſtalt bekommen, um der Huͤtte die ge- hoͤrige Hoͤhe und Woͤlbung zu geben. Darauf uͤber- decken ſie dieſe mit Binſen oder Cypergras (Cyperus
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Reiſe v. Ataquathale durchs Houtniqualand.
Berges ſieht man verſchiedne theils große, theils kleine
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Kunſt ſie gemacht haͤtte, andre aber eine laͤngliche Figur
haben. An einer Seite beſteht die unterſte Lage aus
weißgrauem fettem Quarz. Ueberdem hat dieſer Berg
lange Ritzen und Spalten, worin dicke Stalaktiten
haͤngen, die mit feinen, hin und wieder gruͤnlichen,
Flocken uͤberzogen ſind. Der Sandſtein iſt ſehr fein.
Zu Piſangrivier hatte ich wieder Gelegenheit, vie-
les von den Sitten und der Lebensart der Hottentotten
kennen zu lernen. Mit dem Zubereiten des Eſſens ha-
ben ſie nicht viel Muͤhe. Das Buͤffelfleiſch ſchneiden
ſie nur in Scheiben, legen es in die Aſche auf einige
wenige Kohlen, da es denn zugleich halb geraͤuchert und
halb gebraten wird, und eſſen es hernach ohne Brot,
wenn es gleich ſchon ſtinkend geworden iſt. Fett ißt der
Hottentotte am allerliebſten, ja er kann es ſogar in großen
Portionen trinken, ohne Unbequemlichkeit davon zu ver-
ſpuͤren. Wenn eine Kuh nicht kalbet, ſondern un-
fruchtbar iſt, muß ſie geſchlachtet werden; von dem
Fleiſche eſſen alsdann aber nur die Verheiratheten, die
Unverheiratheten duͤrfen nicht davon koſten. — Die
kleinen Huͤtten der Hottentotten werden oft ſowohl mit
kriechendem als huͤpfendem Ungeziefer ſo angefuͤllt, daß
ſie ſie nicht bewohnen koͤnnen. Sie ſind alsdann genoͤ-
thigt, ſie nach einer andern Stelle zu verſetzen. Ein
ſolches Umziehen dauert auch nicht ſehr lange, und koſtet
ſehr wenig; ich ſah es hier in Geſchwindigkeit und ohne
Muͤhe verrichten. Sie ſtecken zuerſt einige ſchlanke Zwei-
ge oder Wieden in die Erde, und beugen ſie, daß ſie eine
bogenfoͤrmige Geſtalt bekommen, um der Huͤtte die ge-
hoͤrige Hoͤhe und Woͤlbung zu geben. Darauf uͤber-
decken ſie dieſe mit Binſen oder Cypergras (Cyperus
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/203>, abgerufen am 24.11.2024.
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