schicken, um den beyden todtgestoßnen Pferden die Sät- tel abzunehmen, deren wir auf unsrer ferneren Reise nicht wohl entrathen konnten. Diese Leute bewaffneten sich mit ihren gewöhnlichen Wurfspießen, und erzählten, sie hätten bereits gemerkt, daß ein Büffel sich in diesem Gehölze ganz einsam aufhielte, den eben deswegen, weil er so böse sey, die übrigen Büffelochsen von ihrer Heerde weggejagt, und allein zu leben gezwungen hätten.
Auf dem Hofe, wo wir jetzt angelangt waren, trafen wir gar keinen Europäer, sondern nur Hotten- totten an, und keine andre Hütten, als die kleinen und höchst elenden, welche diese selbst bewohnten, und worin des Ungeziefers wegen auch nicht einmahl im äußersten Nothfalle kein Europäer einige Stunden würde verwei- len können. Unser Nachtlager nahmen wir daher unter freyem Himmel, legten eine Strohmatte unter den Leib und den Sattel unter den Kopf, und ließen uns zu den Füßen Feuer anzünden. Zu unserm Glück war es sehr klares und schönes Wetter; die Kälte aber war so stark, daß sie uns des Schlafs beraubte, und uns nöthigte, alle Stunde uns aufzurichten, um uns auf allen Sei- ten am Feuer zu wärmen. Das Feuer zu unterhalten, hatten wir am Abend vorher die Vorsicht gebraucht, eine hinlängliche Menge Holz und Zweige zusammenbringen zu lassen.
Nicht weit vom Hofe sah ich einen ganz kleinen eingezäunten Platz, wo Hanf stand, den die Hottentot- ten gesäet hatten. Sie nennen ihn Dakka, und gebrau- chen ihn durchgängig, wiewohl zu einem ganz andern Zwecke, als wozu ihn die arbeitsamen Europäer gebrau- chen. Der Hottentotte hat zu nichts einen so starken Hang, als zum Tobaksrauchen, und mit nichts kann man ihn so leicht und geschwind zu Diensten aufmuntern, als
Reiſe v. Ataquathale durchs Houtniqualand.
ſchicken, um den beyden todtgeſtoßnen Pferden die Saͤt- tel abzunehmen, deren wir auf unſrer ferneren Reiſe nicht wohl entrathen konnten. Dieſe Leute bewaffneten ſich mit ihren gewoͤhnlichen Wurfſpießen, und erzaͤhlten, ſie haͤtten bereits gemerkt, daß ein Buͤffel ſich in dieſem Gehoͤlze ganz einſam aufhielte, den eben deswegen, weil er ſo boͤſe ſey, die uͤbrigen Buͤffelochſen von ihrer Heerde weggejagt, und allein zu leben gezwungen haͤtten.
Auf dem Hofe, wo wir jetzt angelangt waren, trafen wir gar keinen Europaͤer, ſondern nur Hotten- totten an, und keine andre Huͤtten, als die kleinen und hoͤchſt elenden, welche dieſe ſelbſt bewohnten, und worin des Ungeziefers wegen auch nicht einmahl im aͤußerſten Nothfalle kein Europaͤer einige Stunden wuͤrde verwei- len koͤnnen. Unſer Nachtlager nahmen wir daher unter freyem Himmel, legten eine Strohmatte unter den Leib und den Sattel unter den Kopf, und ließen uns zu den Fuͤßen Feuer anzuͤnden. Zu unſerm Gluͤck war es ſehr klares und ſchoͤnes Wetter; die Kaͤlte aber war ſo ſtark, daß ſie uns des Schlafs beraubte, und uns noͤthigte, alle Stunde uns aufzurichten, um uns auf allen Sei- ten am Feuer zu waͤrmen. Das Feuer zu unterhalten, hatten wir am Abend vorher die Vorſicht gebraucht, eine hinlaͤngliche Menge Holz und Zweige zuſammenbringen zu laſſen.
Nicht weit vom Hofe ſah ich einen ganz kleinen eingezaͤunten Platz, wo Hanf ſtand, den die Hottentot- ten geſaͤet hatten. Sie nennen ihn Dakka, und gebrau- chen ihn durchgaͤngig, wiewohl zu einem ganz andern Zwecke, als wozu ihn die arbeitſamen Europaͤer gebrau- chen. Der Hottentotte hat zu nichts einen ſo ſtarken Hang, als zum Tobaksrauchen, und mit nichts kann man ihn ſo leicht und geſchwind zu Dienſten aufmuntern, als
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0199"n="171"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Reiſe v. <placeName>Ataquathale</placeName> durchs <placeName>Houtniqualand</placeName>.</hi></fw><lb/>ſchicken, um den beyden todtgeſtoßnen Pferden die Saͤt-<lb/>
tel abzunehmen, deren wir auf unſrer ferneren Reiſe<lb/>
nicht wohl entrathen konnten. Dieſe Leute bewaffneten<lb/>ſich mit ihren gewoͤhnlichen Wurfſpießen, und erzaͤhlten,<lb/>ſie haͤtten bereits gemerkt, daß ein Buͤffel ſich in dieſem<lb/>
Gehoͤlze ganz einſam aufhielte, den eben deswegen, weil<lb/>
er ſo boͤſe ſey, die uͤbrigen Buͤffelochſen von ihrer Heerde<lb/>
weggejagt, und allein zu leben gezwungen haͤtten.</p><lb/><p>Auf dem Hofe, wo wir jetzt angelangt waren,<lb/>
trafen wir gar keinen Europaͤer, ſondern nur Hotten-<lb/>
totten an, und keine andre Huͤtten, als die kleinen und<lb/>
hoͤchſt elenden, welche dieſe ſelbſt bewohnten, und worin<lb/>
des Ungeziefers wegen auch nicht einmahl im aͤußerſten<lb/>
Nothfalle kein Europaͤer einige Stunden wuͤrde verwei-<lb/>
len koͤnnen. Unſer Nachtlager nahmen wir daher unter<lb/>
freyem Himmel, legten eine Strohmatte unter den Leib<lb/>
und den Sattel unter den Kopf, und ließen uns zu den<lb/>
Fuͤßen Feuer anzuͤnden. Zu unſerm Gluͤck war es ſehr<lb/>
klares und ſchoͤnes Wetter; die Kaͤlte aber war ſo ſtark,<lb/>
daß ſie uns des Schlafs beraubte, und uns noͤthigte,<lb/>
alle Stunde uns aufzurichten, um uns auf allen Sei-<lb/>
ten am Feuer zu waͤrmen. Das Feuer zu unterhalten,<lb/>
hatten wir am Abend vorher die Vorſicht gebraucht, eine<lb/>
hinlaͤngliche Menge Holz und Zweige zuſammenbringen<lb/>
zu laſſen.</p><lb/><p>Nicht weit vom Hofe ſah ich einen ganz kleinen<lb/>
eingezaͤunten Platz, wo Hanf ſtand, den die Hottentot-<lb/>
ten geſaͤet hatten. Sie nennen ihn Dakka, und gebrau-<lb/>
chen ihn durchgaͤngig, wiewohl zu einem ganz andern<lb/>
Zwecke, als wozu ihn die arbeitſamen Europaͤer gebrau-<lb/>
chen. Der Hottentotte hat zu nichts einen ſo ſtarken<lb/>
Hang, als zum Tobaksrauchen, und mit nichts kann man<lb/>
ihn ſo leicht und geſchwind zu Dienſten aufmuntern, als<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[171/0199]
Reiſe v. Ataquathale durchs Houtniqualand.
ſchicken, um den beyden todtgeſtoßnen Pferden die Saͤt-
tel abzunehmen, deren wir auf unſrer ferneren Reiſe
nicht wohl entrathen konnten. Dieſe Leute bewaffneten
ſich mit ihren gewoͤhnlichen Wurfſpießen, und erzaͤhlten,
ſie haͤtten bereits gemerkt, daß ein Buͤffel ſich in dieſem
Gehoͤlze ganz einſam aufhielte, den eben deswegen, weil
er ſo boͤſe ſey, die uͤbrigen Buͤffelochſen von ihrer Heerde
weggejagt, und allein zu leben gezwungen haͤtten.
Auf dem Hofe, wo wir jetzt angelangt waren,
trafen wir gar keinen Europaͤer, ſondern nur Hotten-
totten an, und keine andre Huͤtten, als die kleinen und
hoͤchſt elenden, welche dieſe ſelbſt bewohnten, und worin
des Ungeziefers wegen auch nicht einmahl im aͤußerſten
Nothfalle kein Europaͤer einige Stunden wuͤrde verwei-
len koͤnnen. Unſer Nachtlager nahmen wir daher unter
freyem Himmel, legten eine Strohmatte unter den Leib
und den Sattel unter den Kopf, und ließen uns zu den
Fuͤßen Feuer anzuͤnden. Zu unſerm Gluͤck war es ſehr
klares und ſchoͤnes Wetter; die Kaͤlte aber war ſo ſtark,
daß ſie uns des Schlafs beraubte, und uns noͤthigte,
alle Stunde uns aufzurichten, um uns auf allen Sei-
ten am Feuer zu waͤrmen. Das Feuer zu unterhalten,
hatten wir am Abend vorher die Vorſicht gebraucht, eine
hinlaͤngliche Menge Holz und Zweige zuſammenbringen
zu laſſen.
Nicht weit vom Hofe ſah ich einen ganz kleinen
eingezaͤunten Platz, wo Hanf ſtand, den die Hottentot-
ten geſaͤet hatten. Sie nennen ihn Dakka, und gebrau-
chen ihn durchgaͤngig, wiewohl zu einem ganz andern
Zwecke, als wozu ihn die arbeitſamen Europaͤer gebrau-
chen. Der Hottentotte hat zu nichts einen ſo ſtarken
Hang, als zum Tobaksrauchen, und mit nichts kann man
ihn ſo leicht und geſchwind zu Dienſten aufmuntern, als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/199>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.