Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Dritte Abtheilung. Fünfter Abschnitt.
die Höhe zu kommen, wozu es aber nicht im Stande
war, und die beyden übrigen vor Furcht und Schrecken
bebten, ohne entkommen zu können. Von meinen Reise-
gefährten aber konnte ich keinen ansichtig werden, auch
nichts von ihnen hören. Ich glaubte daher nichts an-
ders, als daß sie ebenfalls beym ersten Angriffe des Büf-
fels, wenn nicht zu Tode gestoßen, doch zu Schaden
gekommen wären. Sobald ich vermuthete, daß das
Ungeheuer eine Strecke weg sey, eilte ich herabzusteigen
und sie aufzusuchen, ob ich auf irgend eine Art ihnen
Beystand leisten könnte. Wie ich auf dem ganzen
Tummelplatze keine Spur von ihnen gewahr wurde, fing
ich an zu rufen. Endlich meldeten sie sich; ich ging zu
ihnen, und fand sie wie zwey Katzen auf einem Baume
sitzen, die Jagdflinte auf dem Rücken, und diese mit
feinem Vogelhagel geladen. Sie waren noch so erschro-
cken, daß sie kein Wort hervorzubringen vermochten.
Ich sprach ihnen, so gut ich konnte, Trost zu, und
rieth ihnen, herunter zu kommen, weil das sicherste sey,
einen so gefährlichen Ort, wo wir noch einmahl angefal-
len werden könnten, sobald als möglich zu verlassen. Der
Sergeant fing endlich an zu weinen, und den Verlust
seiner beyden raschen Gäule mit Schmerzen zu beklagen.
Der Gärtner hingegen konnte in Zeit von mehreren Ta-
gen vor fortwährender Angst kaum reden.

Wir kehrten nunmehr dieselbe Straße zurück, wo-
her wir gekommen waren, und arbeiteten uns über sehr be-
schwerliche Berge auf einem andern Wege nach dem Orte,
wohin wir gedachten. Der Sergeant konnte ohne Pferd
nicht durch den Fluß kommen; ich ließ ihn also hinter
mir aufsitzen, überließ ihm hernach das Pferd allein,
und wanderte zu Fuß nach dem Hofe. Hier war meine
erste Sorge, einige Hottentotten nach dem Walde zu

Dritte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt.
die Hoͤhe zu kommen, wozu es aber nicht im Stande
war, und die beyden uͤbrigen vor Furcht und Schrecken
bebten, ohne entkommen zu koͤnnen. Von meinen Reiſe-
gefaͤhrten aber konnte ich keinen anſichtig werden, auch
nichts von ihnen hoͤren. Ich glaubte daher nichts an-
ders, als daß ſie ebenfalls beym erſten Angriffe des Buͤf-
fels, wenn nicht zu Tode geſtoßen, doch zu Schaden
gekommen waͤren. Sobald ich vermuthete, daß das
Ungeheuer eine Strecke weg ſey, eilte ich herabzuſteigen
und ſie aufzuſuchen, ob ich auf irgend eine Art ihnen
Beyſtand leiſten koͤnnte. Wie ich auf dem ganzen
Tummelplatze keine Spur von ihnen gewahr wurde, fing
ich an zu rufen. Endlich meldeten ſie ſich; ich ging zu
ihnen, und fand ſie wie zwey Katzen auf einem Baume
ſitzen, die Jagdflinte auf dem Ruͤcken, und dieſe mit
feinem Vogelhagel geladen. Sie waren noch ſo erſchro-
cken, daß ſie kein Wort hervorzubringen vermochten.
Ich ſprach ihnen, ſo gut ich konnte, Troſt zu, und
rieth ihnen, herunter zu kommen, weil das ſicherſte ſey,
einen ſo gefaͤhrlichen Ort, wo wir noch einmahl angefal-
len werden koͤnnten, ſobald als moͤglich zu verlaſſen. Der
Sergeant fing endlich an zu weinen, und den Verluſt
ſeiner beyden raſchen Gaͤule mit Schmerzen zu beklagen.
Der Gaͤrtner hingegen konnte in Zeit von mehreren Ta-
gen vor fortwaͤhrender Angſt kaum reden.

Wir kehrten nunmehr dieſelbe Straße zuruͤck, wo-
her wir gekommen waren, und arbeiteten uns uͤber ſehr be-
ſchwerliche Berge auf einem andern Wege nach dem Orte,
wohin wir gedachten. Der Sergeant konnte ohne Pferd
nicht durch den Fluß kommen; ich ließ ihn alſo hinter
mir aufſitzen, uͤberließ ihm hernach das Pferd allein,
und wanderte zu Fuß nach dem Hofe. Hier war meine
erſte Sorge, einige Hottentotten nach dem Walde zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0198" n="170"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Dritte Abtheilung. Fu&#x0364;nfter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
die Ho&#x0364;he zu kommen, wozu es aber nicht im Stande<lb/>
war, und die beyden u&#x0364;brigen vor Furcht und Schrecken<lb/>
bebten, ohne entkommen zu ko&#x0364;nnen. Von meinen Rei&#x017F;e-<lb/>
gefa&#x0364;hrten aber konnte ich keinen an&#x017F;ichtig werden, auch<lb/>
nichts von ihnen ho&#x0364;ren. Ich glaubte daher nichts an-<lb/>
ders, als daß &#x017F;ie ebenfalls beym er&#x017F;ten Angriffe des Bu&#x0364;f-<lb/>
fels, wenn nicht zu Tode ge&#x017F;toßen, doch zu Schaden<lb/>
gekommen wa&#x0364;ren. Sobald ich vermuthete, daß das<lb/>
Ungeheuer eine Strecke weg &#x017F;ey, eilte ich herabzu&#x017F;teigen<lb/>
und &#x017F;ie aufzu&#x017F;uchen, ob ich auf irgend eine Art ihnen<lb/>
Bey&#x017F;tand lei&#x017F;ten ko&#x0364;nnte. Wie ich auf dem ganzen<lb/>
Tummelplatze keine Spur von ihnen gewahr wurde, fing<lb/>
ich an zu rufen. Endlich meldeten &#x017F;ie &#x017F;ich; ich ging zu<lb/>
ihnen, und fand &#x017F;ie wie zwey Katzen auf einem Baume<lb/>
&#x017F;itzen, die Jagdflinte auf dem Ru&#x0364;cken, und die&#x017F;e mit<lb/>
feinem Vogelhagel geladen. Sie waren noch &#x017F;o er&#x017F;chro-<lb/>
cken, daß &#x017F;ie kein Wort hervorzubringen vermochten.<lb/>
Ich &#x017F;prach ihnen, &#x017F;o gut ich konnte, Tro&#x017F;t zu, und<lb/>
rieth ihnen, herunter zu kommen, weil das &#x017F;icher&#x017F;te &#x017F;ey,<lb/>
einen &#x017F;o gefa&#x0364;hrlichen Ort, wo wir noch einmahl angefal-<lb/>
len werden ko&#x0364;nnten, &#x017F;obald als mo&#x0364;glich zu verla&#x017F;&#x017F;en. Der<lb/>
Sergeant fing endlich an zu weinen, und den Verlu&#x017F;t<lb/>
&#x017F;einer beyden ra&#x017F;chen Ga&#x0364;ule mit Schmerzen zu beklagen.<lb/>
Der Ga&#x0364;rtner hingegen konnte in Zeit von mehreren Ta-<lb/>
gen vor fortwa&#x0364;hrender Ang&#x017F;t kaum reden.</p><lb/>
          <p>Wir kehrten nunmehr die&#x017F;elbe Straße zuru&#x0364;ck, wo-<lb/>
her wir gekommen waren, und arbeiteten uns u&#x0364;ber &#x017F;ehr be-<lb/>
&#x017F;chwerliche Berge auf einem andern Wege nach dem Orte,<lb/>
wohin wir gedachten. Der Sergeant konnte ohne Pferd<lb/>
nicht durch den Fluß kommen; ich ließ ihn al&#x017F;o hinter<lb/>
mir auf&#x017F;itzen, u&#x0364;berließ ihm hernach das Pferd allein,<lb/>
und wanderte zu Fuß nach dem Hofe. Hier war meine<lb/>
er&#x017F;te Sorge, einige Hottentotten nach dem Walde zu<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0198] Dritte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. die Hoͤhe zu kommen, wozu es aber nicht im Stande war, und die beyden uͤbrigen vor Furcht und Schrecken bebten, ohne entkommen zu koͤnnen. Von meinen Reiſe- gefaͤhrten aber konnte ich keinen anſichtig werden, auch nichts von ihnen hoͤren. Ich glaubte daher nichts an- ders, als daß ſie ebenfalls beym erſten Angriffe des Buͤf- fels, wenn nicht zu Tode geſtoßen, doch zu Schaden gekommen waͤren. Sobald ich vermuthete, daß das Ungeheuer eine Strecke weg ſey, eilte ich herabzuſteigen und ſie aufzuſuchen, ob ich auf irgend eine Art ihnen Beyſtand leiſten koͤnnte. Wie ich auf dem ganzen Tummelplatze keine Spur von ihnen gewahr wurde, fing ich an zu rufen. Endlich meldeten ſie ſich; ich ging zu ihnen, und fand ſie wie zwey Katzen auf einem Baume ſitzen, die Jagdflinte auf dem Ruͤcken, und dieſe mit feinem Vogelhagel geladen. Sie waren noch ſo erſchro- cken, daß ſie kein Wort hervorzubringen vermochten. Ich ſprach ihnen, ſo gut ich konnte, Troſt zu, und rieth ihnen, herunter zu kommen, weil das ſicherſte ſey, einen ſo gefaͤhrlichen Ort, wo wir noch einmahl angefal- len werden koͤnnten, ſobald als moͤglich zu verlaſſen. Der Sergeant fing endlich an zu weinen, und den Verluſt ſeiner beyden raſchen Gaͤule mit Schmerzen zu beklagen. Der Gaͤrtner hingegen konnte in Zeit von mehreren Ta- gen vor fortwaͤhrender Angſt kaum reden. Wir kehrten nunmehr dieſelbe Straße zuruͤck, wo- her wir gekommen waren, und arbeiteten uns uͤber ſehr be- ſchwerliche Berge auf einem andern Wege nach dem Orte, wohin wir gedachten. Der Sergeant konnte ohne Pferd nicht durch den Fluß kommen; ich ließ ihn alſo hinter mir aufſitzen, uͤberließ ihm hernach das Pferd allein, und wanderte zu Fuß nach dem Hofe. Hier war meine erſte Sorge, einige Hottentotten nach dem Walde zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/198
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/198>, abgerufen am 22.11.2024.