Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.Dritte Abtheilung. Zweyter Abschnitt. Flecken, als wenn die Stelle abgefärbt wäre. Er hatdurch und durch ganz feine Röhrchen, wie Eichenholz, oder eine irdene Pfeife mit sehr engen Oeffnungen. Wenn man ihn ins Wasser legt, so giebt er in die Höhe steigende Wasserblasen von sich, welches ein Beweis sei- ner Güte ist, die man sonst auch daran erkennt, daß er am Gaumen festklebt, wenn man ihn in den Mund nimmt. Wenn man ihn auf die Stelle eines Schlan- genbisses legt, setzt er sich an der Wunde fest, und zieht das Gift heraus, und wenn er sich voll gesogen hat, fällt er von selbst ab. Legt man ihn alsdann in Milch, so zieht das Gift wieder heraus, und die Milch wird blau. Oft scarificirt man gleichwohl die Wunde, ehe man den Stein auflegt, mit einem Scheermesser. -- Wenn ein Hottentotte von einer Schlange gebissen wird, so hilft er sich damit, daß er sogleich einen Frosch aufsucht, und die Wunde mit demselben reibt. Die Hottentotten ken- nen auch die Kunst, einen andern mit dem Munde das Gift aussaugen zu lassen, nachdem sie mit einem Messer die Wunde rund umher scarificirt haben. -- Unter andern findet man hier eine Art Schlangen, die man Baum- schlange (Boom-Slang) nennt, weil sie sich oft auf Bäumen aufhalten soll; sie ist acht Fuß lang, und sieht oben ganz braunroth, unten ganz gelblich aus. -- Mit der knoblauchartigen Tulbaghie (Tulbaghia alliacea), die man hier wildes Knoblauch (wilde Knoflook) nennt, und deren Wurzel einen sehr starken Knoblauchgeruch hat, glaubt man die Schlangen behexen zu können. -- Mit dem Gifte der Schlangen, wie auch dem Safte des Giftbaums, (Gift-Boom, Sideroxylum toxiferum) vergiften die Hottentotten ihre Pfeile, womit sie nicht nur wilde Böcke und wilde Büffelochsen schießen, sondern sich auch gegen ihre Feinde vertheidigen. Jetzt
Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. Flecken, als wenn die Stelle abgefaͤrbt waͤre. Er hatdurch und durch ganz feine Roͤhrchen, wie Eichenholz, oder eine irdene Pfeife mit ſehr engen Oeffnungen. Wenn man ihn ins Waſſer legt, ſo giebt er in die Hoͤhe ſteigende Waſſerblaſen von ſich, welches ein Beweis ſei- ner Guͤte iſt, die man ſonſt auch daran erkennt, daß er am Gaumen feſtklebt, wenn man ihn in den Mund nimmt. Wenn man ihn auf die Stelle eines Schlan- genbiſſes legt, ſetzt er ſich an der Wunde feſt, und zieht das Gift heraus, und wenn er ſich voll geſogen hat, faͤllt er von ſelbſt ab. Legt man ihn alsdann in Milch, ſo zieht das Gift wieder heraus, und die Milch wird blau. Oft ſcarificirt man gleichwohl die Wunde, ehe man den Stein auflegt, mit einem Scheermeſſer. — Wenn ein Hottentotte von einer Schlange gebiſſen wird, ſo hilft er ſich damit, daß er ſogleich einen Froſch aufſucht, und die Wunde mit demſelben reibt. Die Hottentotten ken- nen auch die Kunſt, einen andern mit dem Munde das Gift ausſaugen zu laſſen, nachdem ſie mit einem Meſſer die Wunde rund umher ſcarificirt haben. — Unter andern findet man hier eine Art Schlangen, die man Baum- ſchlange (Boom-Slang) nennt, weil ſie ſich oft auf Baͤumen aufhalten ſoll; ſie iſt acht Fuß lang, und ſieht oben ganz braunroth, unten ganz gelblich aus. — Mit der knoblauchartigen Tulbaghie (Tulbaghia alliacea), die man hier wildes Knoblauch (wilde Knoflook) nennt, und deren Wurzel einen ſehr ſtarken Knoblauchgeruch hat, glaubt man die Schlangen behexen zu koͤnnen. — Mit dem Gifte der Schlangen, wie auch dem Safte des Giftbaums, (Gift-Boom, Sideroxylum toxiferum) vergiften die Hottentotten ihre Pfeile, womit ſie nicht nur wilde Boͤcke und wilde Buͤffelochſen ſchießen, ſondern ſich auch gegen ihre Feinde vertheidigen. Jetzt
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Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
Flecken, als wenn die Stelle abgefaͤrbt waͤre. Er hat
durch und durch ganz feine Roͤhrchen, wie Eichenholz,
oder eine irdene Pfeife mit ſehr engen Oeffnungen.
Wenn man ihn ins Waſſer legt, ſo giebt er in die Hoͤhe
ſteigende Waſſerblaſen von ſich, welches ein Beweis ſei-
ner Guͤte iſt, die man ſonſt auch daran erkennt, daß
er am Gaumen feſtklebt, wenn man ihn in den Mund
nimmt. Wenn man ihn auf die Stelle eines Schlan-
genbiſſes legt, ſetzt er ſich an der Wunde feſt, und zieht
das Gift heraus, und wenn er ſich voll geſogen hat, faͤllt
er von ſelbſt ab. Legt man ihn alsdann in Milch, ſo
zieht das Gift wieder heraus, und die Milch wird blau.
Oft ſcarificirt man gleichwohl die Wunde, ehe man den
Stein auflegt, mit einem Scheermeſſer. — Wenn
ein Hottentotte von einer Schlange gebiſſen wird, ſo hilft
er ſich damit, daß er ſogleich einen Froſch aufſucht, und
die Wunde mit demſelben reibt. Die Hottentotten ken-
nen auch die Kunſt, einen andern mit dem Munde das
Gift ausſaugen zu laſſen, nachdem ſie mit einem Meſſer
die Wunde rund umher ſcarificirt haben. — Unter andern
findet man hier eine Art Schlangen, die man Baum-
ſchlange (Boom-Slang) nennt, weil ſie ſich oft auf
Baͤumen aufhalten ſoll; ſie iſt acht Fuß lang, und ſieht
oben ganz braunroth, unten ganz gelblich aus. — Mit
der knoblauchartigen Tulbaghie (Tulbaghia alliacea),
die man hier wildes Knoblauch (wilde Knoflook) nennt,
und deren Wurzel einen ſehr ſtarken Knoblauchgeruch
hat, glaubt man die Schlangen behexen zu koͤnnen. —
Mit dem Gifte der Schlangen, wie auch dem Safte
des Giftbaums, (Gift-Boom, Sideroxylum toxiferum)
vergiften die Hottentotten ihre Pfeile, womit ſie nicht
nur wilde Boͤcke und wilde Buͤffelochſen ſchießen, ſondern
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