Jetzt waren in diesen Gegenden die Schwalben Mor- gens und Abends sehr beschäfftigt, ihre Neste zu bauen. Dies pflegt hier ihre Arbeit in den beyden Monathen September und October zu seyn. Gewöhnlich nisten sie in den Häusern der Landleute, selten in Höhlen oder Ri- tzen der Berge; jenes wird ihnen um so viel leichter, da die Hausthüren auf dem Lande fast immer offen stehen. Zum Bau des Nestes nimmt dieser Vogel Lehmerde, die er mit dem Schnabel bereitet, und in kleinen Klümpchen ansetzt, wodurch der Bau alle Tage weiter fortrückt und auch seine gehörige Ründung bekommt. Die Schwal- ben machen es übrigens hier, wie in Europa; sie ziehen jährlich weg, und kommen um die angeführte Jahrszeit zurück, und die Einwohner wissen nicht zu bestimmen, wohin sie sich gegen den Winter begeben, und wo sie den- selben zubringen.
Verschiedne Kräuter lernte ich hier kennen, unter an- dern eine Art Vogelmilch (Ornithogalum), welche man hier Tintirintjes nennt, von dem Laute, welcher entsteht, wenn man die Stengel davon an einander reibt. -- Die sogenannten Wasserzwiebeln (Aponogeron distachyon, Holländisch Waater-Uyntjes) wachsen hier an vielen Orten, und zwar sehr zahlreich in seichten Sümpfen und Pfützen. Ihre auf dem Wasser schwimmenden Blumen breiten den schönsten Geruch um sich her. Die Wurzeln dieses Gewächses gebraucht man sehr häufig als Speise: man isset sie gebraten. -- Die Gurken macht man hier ein, um sie zum Desert zu gebrauchen; zuerst legt man sie in Salzlake, und hernach in Weinessig und Spa- nischen Pfeffer. -- Aus dem Decocte vom schwarzen Nachtschatten (Solanum nigrum) und der gemüsarti- gen Gänsedistel (Sonchus oleraceus), die fast allenthal- ben wild wachsen, macht man mit Wachs und Schmalz
Thunbergs Reise. Erster Theil. K
Reiſe vom Cap nach Rotheſand.
Jetzt waren in dieſen Gegenden die Schwalben Mor- gens und Abends ſehr beſchaͤfftigt, ihre Neſte zu bauen. Dies pflegt hier ihre Arbeit in den beyden Monathen September und October zu ſeyn. Gewoͤhnlich niſten ſie in den Haͤuſern der Landleute, ſelten in Hoͤhlen oder Ri- tzen der Berge; jenes wird ihnen um ſo viel leichter, da die Hausthuͤren auf dem Lande faſt immer offen ſtehen. Zum Bau des Neſtes nimmt dieſer Vogel Lehmerde, die er mit dem Schnabel bereitet, und in kleinen Kluͤmpchen anſetzt, wodurch der Bau alle Tage weiter fortruͤckt und auch ſeine gehoͤrige Ruͤndung bekommt. Die Schwal- ben machen es uͤbrigens hier, wie in Europa; ſie ziehen jaͤhrlich weg, und kommen um die angefuͤhrte Jahrszeit zuruͤck, und die Einwohner wiſſen nicht zu beſtimmen, wohin ſie ſich gegen den Winter begeben, und wo ſie den- ſelben zubringen.
Verſchiedne Kraͤuter lernte ich hier kennen, unter an- dern eine Art Vogelmilch (Ornithogalum), welche man hier Tintirintjes nennt, von dem Laute, welcher entſteht, wenn man die Stengel davon an einander reibt. — Die ſogenannten Waſſerzwiebeln (Aponogeron diſtachyon, Hollaͤndiſch Waater-Uyntjes) wachſen hier an vielen Orten, und zwar ſehr zahlreich in ſeichten Suͤmpfen und Pfuͤtzen. Ihre auf dem Waſſer ſchwimmenden Blumen breiten den ſchoͤnſten Geruch um ſich her. Die Wurzeln dieſes Gewaͤchſes gebraucht man ſehr haͤufig als Speiſe: man iſſet ſie gebraten. — Die Gurken macht man hier ein, um ſie zum Deſert zu gebrauchen; zuerſt legt man ſie in Salzlake, und hernach in Weineſſig und Spa- niſchen Pfeffer. — Aus dem Decocte vom ſchwarzen Nachtſchatten (Solanum nigrum) und der gemuͤsarti- gen Gaͤnſediſtel (Sonchus oleraceus), die faſt allenthal- ben wild wachſen, macht man mit Wachs und Schmalz
Thunbergs Reiſe. Erſter Theil. K
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Reiſe vom Cap nach Rotheſand.
Jetzt waren in dieſen Gegenden die Schwalben Mor-
gens und Abends ſehr beſchaͤfftigt, ihre Neſte zu bauen.
Dies pflegt hier ihre Arbeit in den beyden Monathen
September und October zu ſeyn. Gewoͤhnlich niſten ſie
in den Haͤuſern der Landleute, ſelten in Hoͤhlen oder Ri-
tzen der Berge; jenes wird ihnen um ſo viel leichter, da die
Hausthuͤren auf dem Lande faſt immer offen ſtehen. Zum
Bau des Neſtes nimmt dieſer Vogel Lehmerde, die er
mit dem Schnabel bereitet, und in kleinen Kluͤmpchen
anſetzt, wodurch der Bau alle Tage weiter fortruͤckt und
auch ſeine gehoͤrige Ruͤndung bekommt. Die Schwal-
ben machen es uͤbrigens hier, wie in Europa; ſie ziehen
jaͤhrlich weg, und kommen um die angefuͤhrte Jahrszeit
zuruͤck, und die Einwohner wiſſen nicht zu beſtimmen,
wohin ſie ſich gegen den Winter begeben, und wo ſie den-
ſelben zubringen.
Verſchiedne Kraͤuter lernte ich hier kennen, unter an-
dern eine Art Vogelmilch (Ornithogalum), welche man
hier Tintirintjes nennt, von dem Laute, welcher entſteht,
wenn man die Stengel davon an einander reibt. — Die
ſogenannten Waſſerzwiebeln (Aponogeron diſtachyon,
Hollaͤndiſch Waater-Uyntjes) wachſen hier an vielen
Orten, und zwar ſehr zahlreich in ſeichten Suͤmpfen und
Pfuͤtzen. Ihre auf dem Waſſer ſchwimmenden Blumen
breiten den ſchoͤnſten Geruch um ſich her. Die Wurzeln
dieſes Gewaͤchſes gebraucht man ſehr haͤufig als Speiſe:
man iſſet ſie gebraten. — Die Gurken macht man
hier ein, um ſie zum Deſert zu gebrauchen; zuerſt legt
man ſie in Salzlake, und hernach in Weineſſig und Spa-
niſchen Pfeffer. — Aus dem Decocte vom ſchwarzen
Nachtſchatten (Solanum nigrum) und der gemuͤsarti-
gen Gaͤnſediſtel (Sonchus oleraceus), die faſt allenthal-
ben wild wachſen, macht man mit Wachs und Schmalz
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/173>, abgerufen am 24.11.2024.
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