zu bringen und gehörig zu verwahren, sondern auch alle umliegende Berge und Anhöhen zu besuchen.
Unter andern reiseten wir über den Wasserfall und die Berge nach einem jenseit wohnenden Sattelmacher, Nahmens Schwieger, und von da am folgenden Tage weiter zu einem andern Kolonisten, Nahmens Olivier. Bey diesem ließen wir unsre Pferde und wanderten zu Fuß den Berg hinauf.
Eine andre Nebenreise ging über den Witsenberg. Dieser hat auf der andern Seite ein Land, oder vielmehr eine Schlucht, die schmaler, als Rothesand, aber unge- fähr viermahl höher ist. Von dieser Höhe konnten wir den Tafelberg beym Cap sehen. Wegen der Kälte und des späteren Sommers kommen die Blumen hier wenig- stens um einen Monath später hervor. Der Schnee fällt hier oft drey Fuß hoch, und bleibt in der Tiefe eini- ge Tage, auf dem Berge aber länger liegen. Hinter dieser Tiefe sieht man andre Berge, und hinter diesen wiederum andre hohe Gebirgsreihen, jenseit deren das Bockland (Bokke-Veld) liegt. In diesem kleinen, hohen und kalten Bezirke hat man Viehhöfe angelegt; aber Getreide bauet man da gar nicht, weil man es nicht von da über die Berge transportiren kann. Wir hatten eine ganze Stunde Zeit nöthig, um zu Pferde über den Berg zu kommen.
Zu Rothesand zeigte man mir den so berühmten Schlangenstein (Slange-Steen). Dieser Stein wird aus Indien hieher gebracht, und sehr theuer, oft mit zehn bis zwölf Reichsthalern bezahlt. Nur wenige Land- bewohner haben sich dergleichen anschaffen können, und wer einen besitzt, hält ihn in großem Werthe. Er ist auf einer Seite rund, fast wie eine Kugel, und schwarz von Farbe, in der Mitte hat er aber doch einen blassen
Reiſe vom Cap nach Rotheſand.
zu bringen und gehoͤrig zu verwahren, ſondern auch alle umliegende Berge und Anhoͤhen zu beſuchen.
Unter andern reiſeten wir uͤber den Waſſerfall und die Berge nach einem jenſeit wohnenden Sattelmacher, Nahmens Schwieger, und von da am folgenden Tage weiter zu einem andern Koloniſten, Nahmens Olivier. Bey dieſem ließen wir unſre Pferde und wanderten zu Fuß den Berg hinauf.
Eine andre Nebenreiſe ging uͤber den Witſenberg. Dieſer hat auf der andern Seite ein Land, oder vielmehr eine Schlucht, die ſchmaler, als Rotheſand, aber unge- faͤhr viermahl hoͤher iſt. Von dieſer Hoͤhe konnten wir den Tafelberg beym Cap ſehen. Wegen der Kaͤlte und des ſpaͤteren Sommers kommen die Blumen hier wenig- ſtens um einen Monath ſpaͤter hervor. Der Schnee faͤllt hier oft drey Fuß hoch, und bleibt in der Tiefe eini- ge Tage, auf dem Berge aber laͤnger liegen. Hinter dieſer Tiefe ſieht man andre Berge, und hinter dieſen wiederum andre hohe Gebirgsreihen, jenſeit deren das Bockland (Bokke-Veld) liegt. In dieſem kleinen, hohen und kalten Bezirke hat man Viehhoͤfe angelegt; aber Getreide bauet man da gar nicht, weil man es nicht von da uͤber die Berge transportiren kann. Wir hatten eine ganze Stunde Zeit noͤthig, um zu Pferde uͤber den Berg zu kommen.
Zu Rotheſand zeigte man mir den ſo beruͤhmten Schlangenſtein (Slange-Steen). Dieſer Stein wird aus Indien hieher gebracht, und ſehr theuer, oft mit zehn bis zwoͤlf Reichsthalern bezahlt. Nur wenige Land- bewohner haben ſich dergleichen anſchaffen koͤnnen, und wer einen beſitzt, haͤlt ihn in großem Werthe. Er iſt auf einer Seite rund, faſt wie eine Kugel, und ſchwarz von Farbe, in der Mitte hat er aber doch einen blaſſen
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0171"n="143"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Reiſe vom <placeName>Cap</placeName> nach <placeName>Rotheſand</placeName>.</hi></fw><lb/>
zu bringen und gehoͤrig zu verwahren, ſondern auch alle<lb/>
umliegende Berge und Anhoͤhen zu beſuchen.</p><lb/><p>Unter andern reiſeten wir uͤber den Waſſerfall und<lb/>
die Berge nach einem jenſeit wohnenden Sattelmacher,<lb/>
Nahmens <persName>Schwieger</persName>, und von da am folgenden Tage<lb/>
weiter zu einem andern Koloniſten, Nahmens <persName>Olivier</persName>.<lb/>
Bey dieſem ließen wir unſre Pferde und wanderten zu<lb/>
Fuß den Berg hinauf.</p><lb/><p>Eine andre Nebenreiſe ging uͤber den <placeName>Witſenberg</placeName>.<lb/>
Dieſer hat auf der andern Seite ein Land, oder vielmehr<lb/>
eine Schlucht, die ſchmaler, als <placeName>Rotheſand</placeName>, aber unge-<lb/>
faͤhr viermahl hoͤher iſt. Von dieſer Hoͤhe konnten wir<lb/>
den <placeName>Tafelberg</placeName> beym <placeName>Cap</placeName>ſehen. Wegen der Kaͤlte und<lb/>
des ſpaͤteren Sommers kommen die Blumen hier wenig-<lb/>ſtens um einen Monath ſpaͤter hervor. Der Schnee<lb/>
faͤllt hier oft drey Fuß hoch, und bleibt in der Tiefe eini-<lb/>
ge Tage, auf dem Berge aber laͤnger liegen. Hinter<lb/>
dieſer Tiefe ſieht man andre Berge, und hinter dieſen<lb/>
wiederum andre hohe Gebirgsreihen, jenſeit deren das<lb/><placeName>Bockland</placeName> (<hirendition="#aq"><placeName>Bokke-Veld</placeName></hi>) liegt. In dieſem kleinen,<lb/>
hohen und kalten Bezirke hat man Viehhoͤfe angelegt;<lb/>
aber Getreide bauet man da gar nicht, weil man es nicht<lb/>
von da uͤber die Berge transportiren kann. Wir hatten<lb/>
eine ganze Stunde Zeit noͤthig, um zu Pferde uͤber den<lb/>
Berg zu kommen.</p><lb/><p>Zu <placeName>Rotheſand</placeName> zeigte man mir den ſo beruͤhmten<lb/>
Schlangenſtein (<hirendition="#aq">Slange-Steen</hi>). Dieſer Stein wird<lb/>
aus <placeName>Indien</placeName> hieher gebracht, und ſehr theuer, oft mit<lb/>
zehn bis zwoͤlf Reichsthalern bezahlt. Nur wenige Land-<lb/>
bewohner haben ſich dergleichen anſchaffen koͤnnen, und<lb/>
wer einen beſitzt, haͤlt ihn in großem Werthe. Er iſt<lb/>
auf einer Seite rund, faſt wie eine Kugel, und ſchwarz<lb/>
von Farbe, in der Mitte hat er aber doch einen blaſſen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[143/0171]
Reiſe vom Cap nach Rotheſand.
zu bringen und gehoͤrig zu verwahren, ſondern auch alle
umliegende Berge und Anhoͤhen zu beſuchen.
Unter andern reiſeten wir uͤber den Waſſerfall und
die Berge nach einem jenſeit wohnenden Sattelmacher,
Nahmens Schwieger, und von da am folgenden Tage
weiter zu einem andern Koloniſten, Nahmens Olivier.
Bey dieſem ließen wir unſre Pferde und wanderten zu
Fuß den Berg hinauf.
Eine andre Nebenreiſe ging uͤber den Witſenberg.
Dieſer hat auf der andern Seite ein Land, oder vielmehr
eine Schlucht, die ſchmaler, als Rotheſand, aber unge-
faͤhr viermahl hoͤher iſt. Von dieſer Hoͤhe konnten wir
den Tafelberg beym Cap ſehen. Wegen der Kaͤlte und
des ſpaͤteren Sommers kommen die Blumen hier wenig-
ſtens um einen Monath ſpaͤter hervor. Der Schnee
faͤllt hier oft drey Fuß hoch, und bleibt in der Tiefe eini-
ge Tage, auf dem Berge aber laͤnger liegen. Hinter
dieſer Tiefe ſieht man andre Berge, und hinter dieſen
wiederum andre hohe Gebirgsreihen, jenſeit deren das
Bockland (Bokke-Veld) liegt. In dieſem kleinen,
hohen und kalten Bezirke hat man Viehhoͤfe angelegt;
aber Getreide bauet man da gar nicht, weil man es nicht
von da uͤber die Berge transportiren kann. Wir hatten
eine ganze Stunde Zeit noͤthig, um zu Pferde uͤber den
Berg zu kommen.
Zu Rotheſand zeigte man mir den ſo beruͤhmten
Schlangenſtein (Slange-Steen). Dieſer Stein wird
aus Indien hieher gebracht, und ſehr theuer, oft mit
zehn bis zwoͤlf Reichsthalern bezahlt. Nur wenige Land-
bewohner haben ſich dergleichen anſchaffen koͤnnen, und
wer einen beſitzt, haͤlt ihn in großem Werthe. Er iſt
auf einer Seite rund, faſt wie eine Kugel, und ſchwarz
von Farbe, in der Mitte hat er aber doch einen blaſſen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/171>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.