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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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der Schwermuth -- mit rothgeweinten Au-
gen und zerrungenen Händen. Und wenn
er die ganze Woche hindurch in der Einsam-
keit seiner verrußten Clause getrauert hatte,
dann winselte er am Sonntage der schlafen-
den Gemeinde unleidliche Reden vor, und
selbst bey dem theuer bezahlten Leichensermon
verließ ihn seine sonst männliche Stimme.
Vier Jahrgänge hatte er also beschlossen.
Mit zitternden Händen geschrieben und auf
einen Haufen gesammelt lagen sie in einem
verriegelten Schranke, oft von andächtigen
Würmern besucht, die höflicher für die dank-
bare Nachwelt sorgten und alle Buchstaben
zerfraßen, als der betrogene Buchhändler,
der so oft mit drolligten Postillen den einfälti-
gen Freygeist belustigt. Aber die comische
Muse hüpft ängstlich über den heiligen Staub
und über die traurigen Scheduln des Pastors.
Sie soll den glücklichen Traum erzählen, der
ihn, bewillkommend an der letzten Stufe des

Jahrs,
B

der Schwermuth — mit rothgeweinten Au-
gen und zerrungenen Haͤnden. Und wenn
er die ganze Woche hindurch in der Einſam-
keit ſeiner verrußten Clauſe getrauert hatte,
dann winſelte er am Sonntage der ſchlafen-
den Gemeinde unleidliche Reden vor, und
ſelbſt bey dem theuer bezahlten Leichenſermon
verließ ihn ſeine ſonſt maͤnnliche Stimme.
Vier Jahrgaͤnge hatte er alſo beſchloſſen.
Mit zitternden Haͤnden geſchrieben und auf
einen Haufen geſammelt lagen ſie in einem
verriegelten Schranke, oft von andaͤchtigen
Wuͤrmern beſucht, die hoͤflicher fuͤr die dank-
bare Nachwelt ſorgten und alle Buchſtaben
zerfraßen, als der betrogene Buchhaͤndler,
der ſo oft mit drolligten Poſtillen den einfaͤlti-
gen Freygeiſt beluſtigt. Aber die comiſche
Muſe huͤpft aͤngſtlich uͤber den heiligen Staub
und uͤber die traurigen Scheduln des Paſtors.
Sie ſoll den gluͤcklichen Traum erzaͤhlen, der
ihn, bewillkommend an der letzten Stufe des

Jahrs,
B
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[17/0021] der Schwermuth — mit rothgeweinten Au- gen und zerrungenen Haͤnden. Und wenn er die ganze Woche hindurch in der Einſam- keit ſeiner verrußten Clauſe getrauert hatte, dann winſelte er am Sonntage der ſchlafen- den Gemeinde unleidliche Reden vor, und ſelbſt bey dem theuer bezahlten Leichenſermon verließ ihn ſeine ſonſt maͤnnliche Stimme. Vier Jahrgaͤnge hatte er alſo beſchloſſen. Mit zitternden Haͤnden geſchrieben und auf einen Haufen geſammelt lagen ſie in einem verriegelten Schranke, oft von andaͤchtigen Wuͤrmern beſucht, die hoͤflicher fuͤr die dank- bare Nachwelt ſorgten und alle Buchſtaben zerfraßen, als der betrogene Buchhaͤndler, der ſo oft mit drolligten Poſtillen den einfaͤlti- gen Freygeiſt beluſtigt. Aber die comiſche Muſe huͤpft aͤngſtlich uͤber den heiligen Staub und uͤber die traurigen Scheduln des Paſtors. Sie ſoll den gluͤcklichen Traum erzaͤhlen, der ihn, bewillkommend an der letzten Stufe des Jahrs, B

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/21>, abgerufen am 28.11.2024.