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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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dige Cato -- und die vielleicht nach ihm kei-
ner wieder genießen wird! Dieser Zufall
schob die Belagerung auf -- eine glückliche
Pause für Carln! und selbst der Regierer der
Welt stieg itzt in seinen Cothurnen von dem
hohen Sitz des Olymps herunter, und ein
ernsthaftes Stillschweigen der ganzen Natur
forderte den Alten auf, seine glückliche Ge-
schichte zu erzählen. Er that es mit vertrau-
licher Beredsamkeit, und man hörete ihm zu
mit sichtbarem Erstaunen, und stämmte die
Hände in die Seite, und schüttelte mit bedenk-
lichen Minen die Köpfe. Aber was leidest
du nicht indeß bey diesem algemeinen Ju-
bel, o du armer Verlassener! Welche Men-
ge von vielsagenden Seufzern, und welch eine
Fluth von bittern Thränen wurden nicht täg-
lich von dir der erzürnten Liebe geopfert; aber
sie blieb unerbittlich, und der klägliche Lieb-
haber bezeichnete diesen schrecklichen Zeitpunkt
seines Verlusts mit den größten Trophäen

der

dige Cato — und die vielleicht nach ihm kei-
ner wieder genießen wird! Dieſer Zufall
ſchob die Belagerung auf — eine gluͤckliche
Pauſe fuͤr Carln! und ſelbſt der Regierer der
Welt ſtieg itzt in ſeinen Cothurnen von dem
hohen Sitz des Olymps herunter, und ein
ernſthaftes Stillſchweigen der ganzen Natur
forderte den Alten auf, ſeine gluͤckliche Ge-
ſchichte zu erzaͤhlen. Er that es mit vertrau-
licher Beredſamkeit, und man hoͤrete ihm zu
mit ſichtbarem Erſtaunen, und ſtaͤmmte die
Haͤnde in die Seite, und ſchuͤttelte mit bedenk-
lichen Minen die Koͤpfe. Aber was leideſt
du nicht indeß bey dieſem algemeinen Ju-
bel, o du armer Verlaſſener! Welche Men-
ge von vielſagenden Seufzern, und welch eine
Fluth von bittern Thraͤnen wurden nicht taͤg-
lich von dir der erzuͤrnten Liebe geopfert; aber
ſie blieb unerbittlich, und der klaͤgliche Lieb-
haber bezeichnete dieſen ſchrecklichen Zeitpunkt
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[16/0020] dige Cato — und die vielleicht nach ihm kei- ner wieder genießen wird! Dieſer Zufall ſchob die Belagerung auf — eine gluͤckliche Pauſe fuͤr Carln! und ſelbſt der Regierer der Welt ſtieg itzt in ſeinen Cothurnen von dem hohen Sitz des Olymps herunter, und ein ernſthaftes Stillſchweigen der ganzen Natur forderte den Alten auf, ſeine gluͤckliche Ge- ſchichte zu erzaͤhlen. Er that es mit vertrau- licher Beredſamkeit, und man hoͤrete ihm zu mit ſichtbarem Erſtaunen, und ſtaͤmmte die Haͤnde in die Seite, und ſchuͤttelte mit bedenk- lichen Minen die Koͤpfe. Aber was leideſt du nicht indeß bey dieſem algemeinen Ju- bel, o du armer Verlaſſener! Welche Men- ge von vielſagenden Seufzern, und welch eine Fluth von bittern Thraͤnen wurden nicht taͤg- lich von dir der erzuͤrnten Liebe geopfert; aber ſie blieb unerbittlich, und der klaͤgliche Lieb- haber bezeichnete dieſen ſchrecklichen Zeitpunkt ſeines Verluſts mit den groͤßten Trophaͤen der

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/20>, abgerufen am 27.11.2024.