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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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Oder Fürstlichen Regenten.

§. VI. Was Fürsten und Regenten betrifft, so habe ich bey derselben Ubertretung von einer Religion zur andern diese Dubia. Sind sie Catholisch; so reissen sie sich zwar durch ihre Changirung, das unerträgliche Päbstische Joch von Halse; es ist aber eine andere Frage, die ein jeder unpartheyischer Leser selbst beantworten mag, ob sie bey dieser Changirung nicht unter das Joch der ohne Pabst das Kirchen-Regiment exercirenden Clerisey fallen dörfften, und also gewärtig seyn müssen, daß sie nicht etwan eines Bauren oder Handwerckmanns-Sohn, der das Volck auf seiner Seite hat, und einen Gern-Past agiret, viel ärger und gröber (jedoch alles unter den Schein der Beförderung Göttlicher Ehre und seines independirenden geistlichen Amts) tractiren werde, als nimmermehr ein nur ein wenig gescheider Pabst) der doch an sich gleichfalls zu Rom und in Italien ein ansehnlicher und gewaltiger Fürst ist) einen Catholischen weltlichen Fürsten zuthun sich leichtlich unterstanden. Vielmehr, wenn ein solcher Catholischer Fürst und Regent sonsten mit Klugheit und Weißheit von GOtt begabet ist, auch sonsten in Macht, Autorität und Ansehen stehet, und die Münche (in lata acceptione, ut etiam comprehendantur Domini Jesuitae) nicht über sich herrschen läßt, sondern mit gleich-gesinneten Catholischen Ministern versehen ist, so hat er sich nicht leichte zu besorgen, daß ihm der Pabst und seine Geistliche Leibgarde schaden, oder einen Eingrif in sein Regiment thun werde. Was einen Evangelischen Fürsten belangt, so mag es wohl seyn, daß er irraisonabler Weise von einigen seines Cleri tractiret werden kan; und also unter dem Vorwand, daß wenn er ja vexiret seyn, er sich doch lieber von einen in gantz Europa so hoch venerirten Pabst, als von einen geringen und sonst ohne des Volcks Beystand ohnmächtigen Clerico vexiren lassen wolte, eine Reitzung bey sich befindet, sich zur Catholischen Religion zu begeben; aber er wird bald vermögend seyn, diese Reitzung zu unterdrücken, wenn er bedenckt, daß er (zumahlen itzo, da hin und wieder die gesunde und vernünfftige Lehre von dem Recht Evangelischer Fürsten in Kirchen-Sachen unter denen Protestirenden bekanter wird, und mehr und mehr Eingang findet,) viel geschickter seyn werde sein Ansehen und Regiment durch behutsame, aber hertzhaffte Consilia in der protestirenden Kirche wider den etwan sich blicken lassenden, aber noch nicht eingewurtzelten Clericalischen Dominat nachdrücklich zu behaupten, als wenn er sich zu einer Religion begeben wolte, in welcher der Päbstliche Dominat viel zu feste eingewurtzelt ist, als daß er denselben zu heben vermögend seyn solle. Gesetzt auch, er liesse sich

Oder Fürstlichen Regenten.

§. VI. Was Fürsten und Regenten betrifft, so habe ich bey derselben Ubertretung von einer Religion zur andern diese Dubia. Sind sie Catholisch; so reissen sie sich zwar durch ihre Changirung, das unerträgliche Päbstische Joch von Halse; es ist aber eine andere Frage, die ein jeder unpartheyischer Leser selbst beantworten mag, ob sie bey dieser Changirung nicht unter das Joch der ohne Pabst das Kirchen-Regiment exercirenden Clerisey fallen dörfften, und also gewärtig seyn müssen, daß sie nicht etwan eines Bauren oder Handwerckmanns-Sohn, der das Volck auf seiner Seite hat, und einen Gern-Past agiret, viel ärger und gröber (jedoch alles unter den Schein der Beförderung Göttlicher Ehre und seines independirenden geistlichen Amts) tractiren werde, als nimmermehr ein nur ein wenig gescheider Pabst) der doch an sich gleichfalls zu Rom und in Italien ein ansehnlicher und gewaltiger Fürst ist) einen Catholischen weltlichen Fürsten zuthun sich leichtlich unterstanden. Vielmehr, wenn ein solcher Catholischer Fürst und Regent sonsten mit Klugheit und Weißheit von GOtt begabet ist, auch sonsten in Macht, Autorität und Ansehen stehet, und die Münche (in lata acceptione, ut etiam comprehendantur Domini Jesuitae) nicht über sich herrschen läßt, sondern mit gleich-gesinneten Catholischen Ministern versehen ist, so hat er sich nicht leichte zu besorgen, daß ihm der Pabst und seine Geistliche Leibgarde schaden, oder einen Eingrif in sein Regiment thun werde. Was einen Evangelischen Fürsten belangt, so mag es wohl seyn, daß er irraisonabler Weise von einigen seines Cleri tractiret werden kan; und also unter dem Vorwand, daß wenn er ja vexiret seyn, er sich doch lieber von einen in gantz Europa so hoch venerirten Pabst, als von einen geringen und sonst ohne des Volcks Beystand ohnmächtigen Clerico vexiren lassen wolte, eine Reitzung bey sich befindet, sich zur Catholischen Religion zu begeben; aber er wird bald vermögend seyn, diese Reitzung zu unterdrücken, wenn er bedenckt, daß er (zumahlen itzo, da hin und wieder die gesunde und vernünfftige Lehre von dem Recht Evangelischer Fürsten in Kirchen-Sachen unter denen Protestirenden bekanter wird, und mehr und mehr Eingang findet,) viel geschickter seyn werde sein Ansehen und Regiment durch behutsame, aber hertzhaffte Consilia in der protestirenden Kirche wider den etwan sich blicken lassenden, aber noch nicht eingewurtzelten Clericalischen Dominat nachdrücklich zu behaupten, als wenn er sich zu einer Religion begeben wolte, in welcher der Päbstliche Dominat viel zu feste eingewurtzelt ist, als daß er denselben zu heben vermögend seyn solle. Gesetzt auch, er liesse sich

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[24/0032] §. VI. Was Fürsten und Regenten betrifft, so habe ich bey derselben Ubertretung von einer Religion zur andern diese Dubia. Sind sie Catholisch; so reissen sie sich zwar durch ihre Changirung, das unerträgliche Päbstische Joch von Halse; es ist aber eine andere Frage, die ein jeder unpartheyischer Leser selbst beantworten mag, ob sie bey dieser Changirung nicht unter das Joch der ohne Pabst das Kirchen-Regiment exercirenden Clerisey fallen dörfften, und also gewärtig seyn müssen, daß sie nicht etwan eines Bauren oder Handwerckmanns-Sohn, der das Volck auf seiner Seite hat, und einen Gern-Past agiret, viel ärger und gröber (jedoch alles unter den Schein der Beförderung Göttlicher Ehre und seines independirenden geistlichen Amts) tractiren werde, als nimmermehr ein nur ein wenig gescheider Pabst) der doch an sich gleichfalls zu Rom und in Italien ein ansehnlicher und gewaltiger Fürst ist) einen Catholischen weltlichen Fürsten zuthun sich leichtlich unterstanden. Vielmehr, wenn ein solcher Catholischer Fürst und Regent sonsten mit Klugheit und Weißheit von GOtt begabet ist, auch sonsten in Macht, Autorität und Ansehen stehet, und die Münche (in lata acceptione, ut etiam comprehendantur Domini Jesuitae) nicht über sich herrschen läßt, sondern mit gleich-gesinneten Catholischen Ministern versehen ist, so hat er sich nicht leichte zu besorgen, daß ihm der Pabst und seine Geistliche Leibgarde schaden, oder einen Eingrif in sein Regiment thun werde. Was einen Evangelischen Fürsten belangt, so mag es wohl seyn, daß er irraisonabler Weise von einigen seines Cleri tractiret werden kan; und also unter dem Vorwand, daß wenn er ja vexiret seyn, er sich doch lieber von einen in gantz Europa so hoch venerirten Pabst, als von einen geringen und sonst ohne des Volcks Beystand ohnmächtigen Clerico vexiren lassen wolte, eine Reitzung bey sich befindet, sich zur Catholischen Religion zu begeben; aber er wird bald vermögend seyn, diese Reitzung zu unterdrücken, wenn er bedenckt, daß er (zumahlen itzo, da hin und wieder die gesunde und vernünfftige Lehre von dem Recht Evangelischer Fürsten in Kirchen-Sachen unter denen Protestirenden bekanter wird, und mehr und mehr Eingang findet,) viel geschickter seyn werde sein Ansehen und Regiment durch behutsame, aber hertzhaffte Consilia in der protestirenden Kirche wider den etwan sich blicken lassenden, aber noch nicht eingewurtzelten Clericalischen Dominat nachdrücklich zu behaupten, als wenn er sich zu einer Religion begeben wolte, in welcher der Päbstliche Dominat viel zu feste eingewurtzelt ist, als daß er denselben zu heben vermögend seyn solle. Gesetzt auch, er liesse sich

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/32>, abgerufen am 19.04.2024.