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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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meiner Facultät aber scheue ich nicht zu bekennen, daß dieselben von dem Jure Canonico, und dessen unzeitigen Admiratoribus herrühren.

§. V. Und obwohl die Application dieser Anmerckungen auf dieAbsonderlich Privat-Personen und Gelehrten. Frage von Veränderung der Religionen, und meine Meinung von derselben, einen eigenen Tractat erforderte, will ich doch allhier so kurtz als möglich ist meine Gedancken offenhertzig entdecken, damit man mich nicht beschuldige, als hätte ich in diesen Stücken gefährliche Lehren, und wolte mit der Sprache nicht heraus. Betrachte ich anfänglich eine Privat Person, und unter denenselben in specie einen Gelehrten oder Juristen; so ist es wohl an dem, er kan durch diese Changirung, es sey nun von und zu was für einer Religion es wolle, Reichthum und Ehre erlangen, (denn wollüstiger Dinge halber geschehen dergleichen Veränderungen wohl sehr selten.) Aber er kan auch gar leichte in Verachtung und Armuth dadurch gerathen. Diejenigen von derer Religion er abtritt, sehen ihn an, und ruffen ihn aus, als einen Apostatam; und die zu derer Religion er übertritt, geben ihn zwar in Anfang gute Wort, und thun grosse Versprechungen, aber wenn er einmahl übergetreten ist, muß er zum öfftern auf gantz sclavische Weise nach der etwa des Orts herrschender Clerisey ihrer Pfeiffe tantzen / und darf nicht einmahl drüber muxen, damit ihn nicht jederman auslache. Es ist wohl an dem, daß diese Anmerckung nicht universel sey, sondern sich hier und dar Exempel finden, da solches nicht geschehen. Aber es ist genung, daß diese Exempel rar seyn, und gleichwie das Römische Recht lehret, quod de iis, quae semel aut bis fiunt, non fiant leges, aut non fieri debeant, also ist ausgemacht, daß man die politischen Rathschläge gleichergestalt nach dem, was mehrentheils zu geschehen pfleget, einzurichten hat. Hat aber ein Gelehrter einmahl diesen Fehler begangen, und ist übergetreten, und es ergehet ihn hernach nicht nach Wunsch, so muß er sich ja wohl hüten, daß er nicht noch eine grössere Thorheit begehe, und von der neu angenommenen Religion wieder zu der alten trete, die er einmahl verlassen hat, wenn man ihm auch gleich noch so grosse Versprechen thäte, sondern er dencke alle Augenblick an den bekanten Vers: Fistula dulce canit, volucrem dum decipit auceps. Wer noch einige Scrupel über diese Anmerckung bey sich befindet, der kan so gut seyn, und den Lebens-Lauf des bekannten und berühmten Marci Antonii de Dominis ein paar Tage wohl und reiflich überlegen und betrachten.

meiner Facultät aber scheue ich nicht zu bekennen, daß dieselben von dem Jure Canonico, und dessen unzeitigen Admiratoribus herrühren.

§. V. Und obwohl die Application dieser Anmerckungen auf dieAbsonderlich Privat-Personen und Gelehrten. Frage von Veränderung der Religionen, und meine Meinung von derselben, einen eigenen Tractat erforderte, will ich doch allhier so kurtz als möglich ist meine Gedancken offenhertzig entdecken, damit man mich nicht beschuldige, als hätte ich in diesen Stücken gefährliche Lehren, und wolte mit der Sprache nicht heraus. Betrachte ich anfänglich eine Privat Person, und unter denenselben in specie einen Gelehrten oder Juristen; so ist es wohl an dem, er kan durch diese Changirung, es sey nun von und zu was für einer Religion es wolle, Reichthum und Ehre erlangen, (denn wollüstiger Dinge halber geschehen dergleichen Veränderungen wohl sehr selten.) Aber er kan auch gar leichte in Verachtung und Armuth dadurch gerathen. Diejenigen von derer Religion er abtritt, sehen ihn an, und ruffen ihn aus, als einen Apostatam; und die zu derer Religion er übertritt, geben ihn zwar in Anfang gute Wort, und thun grosse Versprechungen, aber wenn er einmahl übergetreten ist, muß er zum öfftern auf gantz sclavische Weise nach der etwa des Orts herrschender Clerisey ihrer Pfeiffe tantzen / und darf nicht einmahl drüber muxen, damit ihn nicht jederman auslache. Es ist wohl an dem, daß diese Anmerckung nicht universel sey, sondern sich hier und dar Exempel finden, da solches nicht geschehen. Aber es ist genung, daß diese Exempel rar seyn, und gleichwie das Römische Recht lehret, quod de iis, quae semel aut bis fiunt, non fiant leges, aut non fieri debeant, also ist ausgemacht, daß man die politischen Rathschläge gleichergestalt nach dem, was mehrentheils zu geschehen pfleget, einzurichten hat. Hat aber ein Gelehrter einmahl diesen Fehler begangen, und ist übergetreten, und es ergehet ihn hernach nicht nach Wunsch, so muß er sich ja wohl hüten, daß er nicht noch eine grössere Thorheit begehe, und von der neu angenommenen Religion wieder zu der alten trete, die er einmahl verlassen hat, wenn man ihm auch gleich noch so grosse Versprechen thäte, sondern er dencke alle Augenblick an den bekanten Vers: Fistula dulce canit, volucrem dum decipit auceps. Wer noch einige Scrupel über diese Anmerckung bey sich befindet, der kan so gut seyn, und den Lebens-Lauf des bekannten und berühmten Marci Antonii de Dominis ein paar Tage wohl und reiflich überlegen und betrachten.

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[23/0031] meiner Facultät aber scheue ich nicht zu bekennen, daß dieselben von dem Jure Canonico, und dessen unzeitigen Admiratoribus herrühren. §. V. Und obwohl die Application dieser Anmerckungen auf die Frage von Veränderung der Religionen, und meine Meinung von derselben, einen eigenen Tractat erforderte, will ich doch allhier so kurtz als möglich ist meine Gedancken offenhertzig entdecken, damit man mich nicht beschuldige, als hätte ich in diesen Stücken gefährliche Lehren, und wolte mit der Sprache nicht heraus. Betrachte ich anfänglich eine Privat Person, und unter denenselben in specie einen Gelehrten oder Juristen; so ist es wohl an dem, er kan durch diese Changirung, es sey nun von und zu was für einer Religion es wolle, Reichthum und Ehre erlangen, (denn wollüstiger Dinge halber geschehen dergleichen Veränderungen wohl sehr selten.) Aber er kan auch gar leichte in Verachtung und Armuth dadurch gerathen. Diejenigen von derer Religion er abtritt, sehen ihn an, und ruffen ihn aus, als einen Apostatam; und die zu derer Religion er übertritt, geben ihn zwar in Anfang gute Wort, und thun grosse Versprechungen, aber wenn er einmahl übergetreten ist, muß er zum öfftern auf gantz sclavische Weise nach der etwa des Orts herrschender Clerisey ihrer Pfeiffe tantzen / und darf nicht einmahl drüber muxen, damit ihn nicht jederman auslache. Es ist wohl an dem, daß diese Anmerckung nicht universel sey, sondern sich hier und dar Exempel finden, da solches nicht geschehen. Aber es ist genung, daß diese Exempel rar seyn, und gleichwie das Römische Recht lehret, quod de iis, quae semel aut bis fiunt, non fiant leges, aut non fieri debeant, also ist ausgemacht, daß man die politischen Rathschläge gleichergestalt nach dem, was mehrentheils zu geschehen pfleget, einzurichten hat. Hat aber ein Gelehrter einmahl diesen Fehler begangen, und ist übergetreten, und es ergehet ihn hernach nicht nach Wunsch, so muß er sich ja wohl hüten, daß er nicht noch eine grössere Thorheit begehe, und von der neu angenommenen Religion wieder zu der alten trete, die er einmahl verlassen hat, wenn man ihm auch gleich noch so grosse Versprechen thäte, sondern er dencke alle Augenblick an den bekanten Vers: Fistula dulce canit, volucrem dum decipit auceps. Wer noch einige Scrupel über diese Anmerckung bey sich befindet, der kan so gut seyn, und den Lebens-Lauf des bekannten und berühmten Marci Antonii de Dominis ein paar Tage wohl und reiflich überlegen und betrachten. Absonderlich Privat-Personen und Gelehrten.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/31>, abgerufen am 22.11.2024.