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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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in 14. Tagen drauff auf die Cantzrl kommen, hat sich sehr beklaget, daß man ihm Schuld gäbe, als wolte er Catholisch werden, wie denn solches obgedachter Prediger, (den er mit Nahmen genennet,) in einer offentlichen Predigt gesaget hätte, hat darauf seine confessionem fidei her recitiret, und sehr beweglich dabey geweinet. Der andre hatte drauf des Nachmittags in seiner Kirche contra gesagt. Seine Zuhörer möchten sich nicht dran kehren, wenn gleich einer oder der andre bey dem, was er vorgäbe, bitterlich weinete. Das wären öffters Crocodils Thränen. An ihren Früchten müste man sie erkennen: Welches denn freylich Serenissimum veranlasset, daß er allen und jeden Predigern andeuten lassen, daß keiner gegen den andern sich anzüglich erzeigen solle, oder er solle so fort ab officio suspendirt und dann cassiret werden. Welches Decret wie es an sich selbst höchst vernünfftig und dergestalt billig ist, daß auch der Prediger ihre species facti besage §. 33. in fine nichts dabey zu erinnern gefunden; Also mag nunmehro ein unpartheyischer Leser urtheilen, welche Parthey eigentlich zu Abfassung desselbigen Ursache gegeben.

§. XXXVI. Wie diese Sache endlich abgelauffen, davon kanEnde dieses Handels. ich keine völlige Nachricht geben, sondern nur dieses berichten, daß Seine Durchl. bey Anfang des 1706. Jahrs denen 12. Membris der offtgedachten Commission andeuten lassen, daß Sie Ihre Vota in der beyden dimittirten Prediger Sache mit ehesten einschicken solten, welches dann bey einem und dem andern ein nachdencklich Achselzucken verursacht, wie wohl mir ein guter Freund dabey berichtet, er glaube festiglich, daß denen beyden Predigern wegen ihres Unfugs deßfalls nichts weiter wiederfahren dürffte. Nun finde ich zwar in meiner damahligen Correspondentz, daß die beyden Prediger auff den 23. Februarii ad audiendam sententiam wären citiret worden; wie aber dieselbige gelautet, kan ich nicht melden, weil meine schrifftliche Correspondentz wegen dieser Sache nicht ferner continuiret worden, auch die species facti der beyden Prediger biß dahin sich nicht erstrecket. Was mir aber für mündliche Nachricht davon ertheilet wurde, kan ich gleichfalls nicht berichten, indem ich dieselbe nicht aufnotiret, und längst vergessen. So viel weiß ich mich wohl zu entsinnen, daß beyde dimittirten Prediger, und wo mir recht ist, auch der dritte, dessen in §. praeced. gedacht worden, kurtz darauff anderwärtige Vocationes ausser Landes erhalten. Anjetzo dürfften wohl wenig von denen bey

in 14. Tagen drauff auf die Cantzrl kommen, hat sich sehr beklaget, daß man ihm Schuld gäbe, als wolte er Catholisch werden, wie denn solches obgedachter Prediger, (den er mit Nahmen genennet,) in einer offentlichen Predigt gesaget hätte, hat darauf seine confessionem fidei her recitiret, und sehr beweglich dabey geweinet. Der andre hatte drauf des Nachmittags in seiner Kirche contra gesagt. Seine Zuhörer möchten sich nicht dran kehren, wenn gleich einer oder der andre bey dem, was er vorgäbe, bitterlich weinete. Das wären öffters Crocodils Thränen. An ihren Früchten müste man sie erkennen: Welches denn freylich Serenissimum veranlasset, daß er allen und jeden Predigern andeuten lassen, daß keiner gegen den andern sich anzüglich erzeigen solle, oder er solle so fort ab officio suspendirt und dann cassiret werden. Welches Decret wie es an sich selbst höchst vernünfftig und dergestalt billig ist, daß auch der Prediger ihre species facti besage §. 33. in fine nichts dabey zu erinnern gefunden; Also mag nunmehro ein unpartheyischer Leser urtheilen, welche Parthey eigentlich zu Abfassung desselbigen Ursache gegeben.

§. XXXVI. Wie diese Sache endlich abgelauffen, davon kanEnde dieses Handels. ich keine völlige Nachricht geben, sondern nur dieses berichten, daß Seine Durchl. bey Anfang des 1706. Jahrs denen 12. Membris der offtgedachten Commission andeuten lassen, daß Sie Ihre Vota in der beyden dimittirten Prediger Sache mit ehesten einschicken solten, welches dann bey einem und dem andern ein nachdencklich Achselzucken verursacht, wie wohl mir ein guter Freund dabey berichtet, er glaube festiglich, daß denen beyden Predigern wegen ihres Unfugs deßfalls nichts weiter wiederfahren dürffte. Nun finde ich zwar in meiner damahligen Correspondentz, daß die beyden Prediger auff den 23. Februarii ad audiendam sententiam wären citiret worden; wie aber dieselbige gelautet, kan ich nicht melden, weil meine schrifftliche Correspondentz wegen dieser Sache nicht ferner continuiret worden, auch die species facti der beyden Prediger biß dahin sich nicht erstrecket. Was mir aber für mündliche Nachricht davon ertheilet wurde, kan ich gleichfalls nicht berichten, indem ich dieselbe nicht aufnotiret, und längst vergessen. So viel weiß ich mich wohl zu entsinnen, daß beyde dimittirten Prediger, und wo mir recht ist, auch der dritte, dessen in §. praeced. gedacht worden, kurtz darauff anderwärtige Vocationes ausser Landes erhalten. Anjetzo dürfften wohl wenig von denen bey

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[259/0267] in 14. Tagen drauff auf die Cantzrl kommen, hat sich sehr beklaget, daß man ihm Schuld gäbe, als wolte er Catholisch werden, wie denn solches obgedachter Prediger, (den er mit Nahmen genennet,) in einer offentlichen Predigt gesaget hätte, hat darauf seine confessionem fidei her recitiret, und sehr beweglich dabey geweinet. Der andre hatte drauf des Nachmittags in seiner Kirche contra gesagt. Seine Zuhörer möchten sich nicht dran kehren, wenn gleich einer oder der andre bey dem, was er vorgäbe, bitterlich weinete. Das wären öffters Crocodils Thränen. An ihren Früchten müste man sie erkennen: Welches denn freylich Serenissimum veranlasset, daß er allen und jeden Predigern andeuten lassen, daß keiner gegen den andern sich anzüglich erzeigen solle, oder er solle so fort ab officio suspendirt und dann cassiret werden. Welches Decret wie es an sich selbst höchst vernünfftig und dergestalt billig ist, daß auch der Prediger ihre species facti besage §. 33. in fine nichts dabey zu erinnern gefunden; Also mag nunmehro ein unpartheyischer Leser urtheilen, welche Parthey eigentlich zu Abfassung desselbigen Ursache gegeben. §. XXXVI. Wie diese Sache endlich abgelauffen, davon kan ich keine völlige Nachricht geben, sondern nur dieses berichten, daß Seine Durchl. bey Anfang des 1706. Jahrs denen 12. Membris der offtgedachten Commission andeuten lassen, daß Sie Ihre Vota in der beyden dimittirten Prediger Sache mit ehesten einschicken solten, welches dann bey einem und dem andern ein nachdencklich Achselzucken verursacht, wie wohl mir ein guter Freund dabey berichtet, er glaube festiglich, daß denen beyden Predigern wegen ihres Unfugs deßfalls nichts weiter wiederfahren dürffte. Nun finde ich zwar in meiner damahligen Correspondentz, daß die beyden Prediger auff den 23. Februarii ad audiendam sententiam wären citiret worden; wie aber dieselbige gelautet, kan ich nicht melden, weil meine schrifftliche Correspondentz wegen dieser Sache nicht ferner continuiret worden, auch die species facti der beyden Prediger biß dahin sich nicht erstrecket. Was mir aber für mündliche Nachricht davon ertheilet wurde, kan ich gleichfalls nicht berichten, indem ich dieselbe nicht aufnotiret, und längst vergessen. So viel weiß ich mich wohl zu entsinnen, daß beyde dimittirten Prediger, und wo mir recht ist, auch der dritte, dessen in §. praeced. gedacht worden, kurtz darauff anderwärtige Vocationes ausser Landes erhalten. Anjetzo dürfften wohl wenig von denen bey Ende dieses Handels.

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Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
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Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/267>, abgerufen am 24.11.2024.