Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

Superint. c. 17. §. 8. Samuel Stryke in notis ad Brunnemanni Jus Ecclesiasticum p. 243. dergestalt daß dieses Amt der Schlüssel nnd dessen Würckung eben so kräfftig ist als wenn solches von Christo selbst exerciret und getrieben würde, und also die Prediger, wenn sie dasselbige brauchen, nicht nur die Vergebung der Sünden und deren Behaltung denen Beichtenden bußfertigen oder unbußfertigen Sündern ankündigen, sondern auch den Binde- und Löse-Schlüssel wahrhafftig und würcklich appliciren Ziegl. de Episc. d. l. 3. c. 10. §. 8. 9. der Binde-Schlüssel auch deshalben desto nöthiger ist, damit derselbe diejenigen Laster bestraffen möge, die sonsten von der weltlichen Obrigkeit nicht pflegen bestraffet, sondern ihnen allenthalben durch die Finger gesehen zu werden. Brunnem. Jur. Eccles. lib. 1. c. 6. membr. 9. §. 2. Es hat schon der seelige Lutherus Tom. 8. Witteberg. in Joel. p. 404. gelehret, daß so ein Pfarrer weiß, daß die Sünde öffentlich Stadt oder Landrüchtig ist, er schuldig sey, daß er solche Leute zum Sacrament des wahren Leibes und Blutes nicht lasse. Brunnem. d. l. §. 3. Und ob wohl Evangelische Fürsten und Consistoria die Jurisdictionem Episcopalem haben und exerciren, so bleibet doch durch dieselbe der Binde-Schlüssel des Predig-Amts billig ungekränckt, weil er ad jura ordinis nicht aber ad ea quae sunt jurisdictionis zu referiren ist. Brunnem. d. l. §. 5. 6. Stryke in annot. p. 243. Ziegl. ad Lancel. p. 360. Es geschiehet auch dem Juri Episcopali und der weltlichen Obrigkeit durch die Excommunicationes und Kirchen-Censuren kein Praejudiz, indem dieselbe bey denen Evangelischen nur auf den innerlichen Menschen gehen, nicht aber den euserlichen Menschen weder an Leibe noch an Ehre und Guth und andern Juribus angreiffen, wie etwan sonst bey denen Papisten zu geschehen pfleget. Gisb. Voet. Polit. Eccles. P. 1. l. 1. Tr. 2. c. 3. p. 163. Dannenhero wenn ein Prediger weiß oder gewiß glaubet, daß einer unwürdig sey, und dennoch von der weltlichen Obrigkeit oder dem Consistorio ihm anbefohlen wird denselben zum Abendmahl zu lassen, von dem er doch weiß daß er in dem Vorsatz zusündigen beharre, und also der Prediger zwischen Thür und Angel steckt, daß er sich eines Theils befürchten muß, er werde das H. Sacrament verunreinigen, wenn er solchen Befehle gehorche, andern Theils aber sich zu befahren hat, wenn er solches nicht thue, daß er als ein ungehorsamer und hartnäckigter Mensch werde bestrafft werden, so ist er doch schuldig, sich eher von seinem Amte absetzen zu lassen, als dem Befehl zu gehorchen, inmassen den auch der H. Chrysostomus in gleichen Fall sich verlauten lassen, er wolle viel lieber tausendmahl sterben, als einen solchen unwürdigen Men-

Superint. c. 17. §. 8. Samuel Stryke in notis ad Brunnemanni Jus Ecclesiasticum p. 243. dergestalt daß dieses Amt der Schlüssel nnd dessen Würckung eben so kräfftig ist als wenn solches von Christo selbst exerciret und getrieben würde, und also die Prediger, wenn sie dasselbige brauchen, nicht nur die Vergebung der Sünden und deren Behaltung denen Beichtenden bußfertigen oder unbußfertigen Sündern ankündigen, sondern auch den Binde- und Löse-Schlüssel wahrhafftig und würcklich appliciren Ziegl. de Episc. d. l. 3. c. 10. §. 8. 9. der Binde-Schlüssel auch deshalben desto nöthiger ist, damit derselbe diejenigen Laster bestraffen möge, die sonsten von der weltlichen Obrigkeit nicht pflegen bestraffet, sondern ihnen allenthalben durch die Finger gesehen zu werden. Brunnem. Jur. Eccles. lib. 1. c. 6. membr. 9. §. 2. Es hat schon der seelige Lutherus Tom. 8. Witteberg. in Joel. p. 404. gelehret, daß so ein Pfarrer weiß, daß die Sünde öffentlich Stadt oder Landrüchtig ist, er schuldig sey, daß er solche Leute zum Sacrament des wahren Leibes und Blutes nicht lasse. Brunnem. d. l. §. 3. Und ob wohl Evangelische Fürsten und Consistoria die Jurisdictionem Episcopalem haben und exerciren, so bleibet doch durch dieselbe der Binde-Schlüssel des Predig-Amts billig ungekränckt, weil er ad jura ordinis nicht aber ad ea quae sunt jurisdictionis zu referiren ist. Brunnem. d. l. §. 5. 6. Stryke in annot. p. 243. Ziegl. ad Lancel. p. 360. Es geschiehet auch dem Juri Episcopali und der weltlichen Obrigkeit durch die Excommunicationes und Kirchen-Censuren kein Praejudiz, indem dieselbe bey denen Evangelischen nur auf den innerlichen Menschen gehen, nicht aber den euserlichen Menschen weder an Leibe noch an Ehre und Guth und andern Juribus angreiffen, wie etwan sonst bey denen Papisten zu geschehen pfleget. Gisb. Voet. Polit. Eccles. P. 1. l. 1. Tr. 2. c. 3. p. 163. Dannenhero wenn ein Prediger weiß oder gewiß glaubet, daß einer unwürdig sey, und dennoch von der weltlichen Obrigkeit oder dem Consistorio ihm anbefohlen wird denselben zum Abendmahl zu lassen, von dem er doch weiß daß er in dem Vorsatz zusündigen beharre, und also der Prediger zwischen Thür und Angel steckt, daß er sich eines Theils befürchten muß, er werde das H. Sacrament verunreinigen, wenn er solchen Befehle gehorche, andern Theils aber sich zu befahren hat, wenn er solches nicht thue, daß er als ein ungehorsamer und hartnäckigter Mensch werde bestrafft werden, so ist er doch schuldig, sich eher von seinem Amte absetzen zu lassen, als dem Befehl zu gehorchen, inmassen den auch der H. Chrysostomus in gleichen Fall sich verlauten lassen, er wolle viel lieber tausendmahl sterben, als einen solchen unwürdigen Men-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><hi rendition="#i"><pb facs="#f0135" n="127"/>
Superint. c. 17. §. 8.</hi> Samuel Stryke <hi rendition="#i">in notis ad Brunnemanni Jus Ecclesiasticum p. 243.</hi> dergestalt daß                      dieses Amt der Schlüssel nnd dessen Würckung eben so kräfftig ist als wenn                      solches von Christo selbst exerciret und getrieben würde, und also die Prediger,                      wenn sie dasselbige brauchen, nicht nur die Vergebung der Sünden und deren                      Behaltung denen Beichtenden bußfertigen oder unbußfertigen Sündern ankündigen,                      sondern auch den Binde- und Löse-Schlüssel wahrhafftig und würcklich appliciren                      Ziegl. <hi rendition="#i">de Episc. d. l. 3. c. 10. §. 8. 9.</hi> der                      Binde-Schlüssel auch deshalben desto nöthiger ist, damit derselbe diejenigen                      Laster bestraffen möge, die sonsten von der weltlichen Obrigkeit nicht pflegen                      bestraffet, sondern ihnen allenthalben durch die Finger gesehen zu werden.                      Brunnem. <hi rendition="#i">Jur. Eccles. lib. 1. c. 6. membr. 9. §. 2.</hi> Es                      hat schon der seelige Lutherus <hi rendition="#i">Tom. 8. Witteberg. in Joel. p.                          404.</hi> gelehret, daß so ein Pfarrer weiß, daß die Sünde öffentlich Stadt                      oder Landrüchtig ist, er schuldig sey, daß er solche Leute zum Sacrament des                      wahren Leibes und Blutes nicht lasse. Brunnem. <hi rendition="#i">d. l. §.                          3.</hi> Und ob wohl Evangelische Fürsten und Consistoria die Jurisdictionem                      Episcopalem haben und exerciren, so bleibet doch durch dieselbe der                      Binde-Schlüssel des Predig-Amts billig ungekränckt, weil er ad jura ordinis                      nicht aber ad ea quae sunt jurisdictionis zu referiren ist. Brunnem. <hi rendition="#i">d. l. §. 5. 6.</hi> Stryke <hi rendition="#i">in annot. p.                          243.</hi> Ziegl. <hi rendition="#i">ad Lancel. p. 360.</hi> Es geschiehet                      auch dem Juri Episcopali und der weltlichen Obrigkeit durch die                      Excommunicationes und Kirchen-Censuren kein Praejudiz, indem dieselbe bey denen                      Evangelischen nur auf den innerlichen Menschen gehen, nicht aber den euserlichen                      Menschen weder an Leibe noch an Ehre und Guth und andern Juribus angreiffen, wie                      etwan sonst bey denen Papisten zu geschehen pfleget. Gisb. Voet. <hi rendition="#i">Polit. Eccles. P. 1. l. 1. Tr. 2. c. 3. p. 163.</hi> Dannenhero wenn ein Prediger weiß oder gewiß glaubet, daß einer unwürdig sey,                      und dennoch von der weltlichen Obrigkeit oder dem Consistorio ihm anbefohlen                      wird denselben zum Abendmahl zu lassen, von dem er doch weiß daß er in dem                      Vorsatz zusündigen beharre, und also der Prediger zwischen Thür und Angel                      steckt, daß er sich eines Theils befürchten muß, er werde das H. Sacrament                      verunreinigen, wenn er solchen Befehle gehorche, andern Theils aber sich zu                      befahren hat, wenn er solches nicht thue, daß er als ein ungehorsamer und                      hartnäckigter Mensch werde bestrafft werden, so ist er doch schuldig, sich eher                      von seinem Amte absetzen zu lassen, als dem Befehl zu gehorchen, inmassen den                      auch der H. Chrysostomus in gleichen Fall sich verlauten lassen, er wolle viel                      lieber tausendmahl sterben, als einen solchen unwürdigen Men-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0135] Superint. c. 17. §. 8. Samuel Stryke in notis ad Brunnemanni Jus Ecclesiasticum p. 243. dergestalt daß dieses Amt der Schlüssel nnd dessen Würckung eben so kräfftig ist als wenn solches von Christo selbst exerciret und getrieben würde, und also die Prediger, wenn sie dasselbige brauchen, nicht nur die Vergebung der Sünden und deren Behaltung denen Beichtenden bußfertigen oder unbußfertigen Sündern ankündigen, sondern auch den Binde- und Löse-Schlüssel wahrhafftig und würcklich appliciren Ziegl. de Episc. d. l. 3. c. 10. §. 8. 9. der Binde-Schlüssel auch deshalben desto nöthiger ist, damit derselbe diejenigen Laster bestraffen möge, die sonsten von der weltlichen Obrigkeit nicht pflegen bestraffet, sondern ihnen allenthalben durch die Finger gesehen zu werden. Brunnem. Jur. Eccles. lib. 1. c. 6. membr. 9. §. 2. Es hat schon der seelige Lutherus Tom. 8. Witteberg. in Joel. p. 404. gelehret, daß so ein Pfarrer weiß, daß die Sünde öffentlich Stadt oder Landrüchtig ist, er schuldig sey, daß er solche Leute zum Sacrament des wahren Leibes und Blutes nicht lasse. Brunnem. d. l. §. 3. Und ob wohl Evangelische Fürsten und Consistoria die Jurisdictionem Episcopalem haben und exerciren, so bleibet doch durch dieselbe der Binde-Schlüssel des Predig-Amts billig ungekränckt, weil er ad jura ordinis nicht aber ad ea quae sunt jurisdictionis zu referiren ist. Brunnem. d. l. §. 5. 6. Stryke in annot. p. 243. Ziegl. ad Lancel. p. 360. Es geschiehet auch dem Juri Episcopali und der weltlichen Obrigkeit durch die Excommunicationes und Kirchen-Censuren kein Praejudiz, indem dieselbe bey denen Evangelischen nur auf den innerlichen Menschen gehen, nicht aber den euserlichen Menschen weder an Leibe noch an Ehre und Guth und andern Juribus angreiffen, wie etwan sonst bey denen Papisten zu geschehen pfleget. Gisb. Voet. Polit. Eccles. P. 1. l. 1. Tr. 2. c. 3. p. 163. Dannenhero wenn ein Prediger weiß oder gewiß glaubet, daß einer unwürdig sey, und dennoch von der weltlichen Obrigkeit oder dem Consistorio ihm anbefohlen wird denselben zum Abendmahl zu lassen, von dem er doch weiß daß er in dem Vorsatz zusündigen beharre, und also der Prediger zwischen Thür und Angel steckt, daß er sich eines Theils befürchten muß, er werde das H. Sacrament verunreinigen, wenn er solchen Befehle gehorche, andern Theils aber sich zu befahren hat, wenn er solches nicht thue, daß er als ein ungehorsamer und hartnäckigter Mensch werde bestrafft werden, so ist er doch schuldig, sich eher von seinem Amte absetzen zu lassen, als dem Befehl zu gehorchen, inmassen den auch der H. Chrysostomus in gleichen Fall sich verlauten lassen, er wolle viel lieber tausendmahl sterben, als einen solchen unwürdigen Men-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/135
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/135>, abgerufen am 06.05.2024.