Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

Haarbreit Abbruch oder Eingriff thun wollen, den Text rechtschaffen und allenthalben mit Allegirung der heiligen Schrifft zu lesen und ihnen die Hölle heiß zu machen. Wie denn für andren gar schön zu lesen ist das 29. Responsum, allwo D. Tilemannus Heshusius weitläufftig ausgeführet, daß ob wohl damahlen auf einen Creyß-Tage zu Lüneburg von denen Fürsten und Ständen des Niedersächsischen Creysses verglichen worden durch ein Mandat denen Predigern den Gebrauch des Elenchi wider die Reformirten zu untersagen; dennoch dieser Creyß-Schluß, als der wider die Regul des göttlichen Worts sey, nicht zu attendiren wäre, weil man bey Abfassung desselbigen nur allein Juristen und Hof-Räthe, nicht aber, als wohl geschehen sollen, erfahrne treue Lehrer und Theologos gebrauchet hätte. Zugeschweigen derer Schrifften die Anno 1666. als die bekannten Edicta wegen des Elenchi nominalis zu Berlin publiciret worden von der Theologischen Facultät zu Wittenberg durch D. Abraham Calovium, und zu derer Vertheydigung von andern verfertitiget worden.

(III) Und insonderheit in Gebrauch des Binde-Schlüssels.

Zum (III) ist es ferner augenscheinlich und handgreiflich, daß wenn das Predig-Amt erstlich in ihren Amt überhaupt, und hernach auch in genere in ihren Straf-Amt keineswegen der weltlichen Obrigkeit Befehle zu respectiren schuldig ist, sondern dißfalls alleine von Christo dependiret, und keine Dependenz der weltlichen Obrigkeit zugestehet, es auch nothwendig in Gebrauch des Binde-Schlüssels, nemlich der Excommunication, und Ausschliessung von Abendmahl, als welche ohnstreitig ein nothwendig Stücke des H. Predig-Amts, und insonderheit des Straf-Amts ist, eben so independent von der weltlichen Obrigkeit und deren Befehlen seyn müste. Und dieses um so viel destomehr, da die heilige Schrifft deutlich lehret, daß der Binde-Schlüssel von unsern Heyland Christo beym Matthaeo cap. 16. v. 19. Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch in Himmel gebunden seyn, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch in Himmel loß seyn. Und beym Johanne c. 20. v. 23. Welchen ihr die Sünde erlasset denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten, eingesetzet, und dessen Verwaltung nicht denen Bischöffen alleine sondern allen treuen Lehrern und Predigern, wenn sie auf für der Welt noch so verächtlich und niedrig angesehen seyn als ein höchstnöthiges Stück ihres geistlichen Amts anvertrauet worden. Dedekenn. Consil. Theol. Part. I. f. 890. Zieglerus de Episcopis libro 3. cap. 10. §. 10. Idem ad Institutiones Lancelotti, lib. 4. tit. 13. §. 16. p. 1031. Idem de

Haarbreit Abbruch oder Eingriff thun wollen, den Text rechtschaffen und allenthalben mit Allegirung der heiligen Schrifft zu lesen und ihnen die Hölle heiß zu machen. Wie denn für andren gar schön zu lesen ist das 29. Responsum, allwo D. Tilemannus Heshusius weitläufftig ausgeführet, daß ob wohl damahlen auf einen Creyß-Tage zu Lüneburg von denen Fürsten und Ständen des Niedersächsischen Creysses verglichen worden durch ein Mandat denen Predigern den Gebrauch des Elenchi wider die Reformirten zu untersagen; dennoch dieser Creyß-Schluß, als der wider die Regul des göttlichen Worts sey, nicht zu attendiren wäre, weil man bey Abfassung desselbigen nur allein Juristen und Hof-Räthe, nicht aber, als wohl geschehen sollen, erfahrne treue Lehrer und Theologos gebrauchet hätte. Zugeschweigen derer Schrifften die Anno 1666. als die bekannten Edicta wegen des Elenchi nominalis zu Berlin publiciret worden von der Theologischen Facultät zu Wittenberg durch D. Abraham Calovium, und zu derer Vertheydigung von andern verfertitiget worden.

(III) Und insonderheit in Gebrauch des Binde-Schlüssels.

Zum (III) ist es ferner augenscheinlich und handgreiflich, daß wenn das Predig-Amt erstlich in ihren Amt überhaupt, und hernach auch in genere in ihren Straf-Amt keineswegen der weltlichen Obrigkeit Befehle zu respectiren schuldig ist, sondern dißfalls alleine von Christo dependiret, und keine Dependenz der weltlichen Obrigkeit zugestehet, es auch nothwendig in Gebrauch des Binde-Schlüssels, nemlich der Excommunication, und Ausschliessung von Abendmahl, als welche ohnstreitig ein nothwendig Stücke des H. Predig-Amts, und insonderheit des Straf-Amts ist, eben so independent von der weltlichen Obrigkeit und deren Befehlen seyn müste. Und dieses um so viel destomehr, da die heilige Schrifft deutlich lehret, daß der Binde-Schlüssel von unsern Heyland Christo beym Matthaeo cap. 16. v. 19. Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch in Himmel gebunden seyn, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch in Himmel loß seyn. Und beym Johanne c. 20. v. 23. Welchen ihr die Sünde erlasset denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten, eingesetzet, und dessen Verwaltung nicht denen Bischöffen alleine sondern allen treuen Lehrern und Predigern, wenn sie auf für der Welt noch so verächtlich und niedrig angesehen seyn als ein höchstnöthiges Stück ihres geistlichen Amts anvertrauet worden. Dedekenn. Consil. Theol. Part. I. f. 890. Zieglerus de Episcopis libro 3. cap. 10. §. 10. Idem ad Institutiones Lancelotti, lib. 4. tit. 13. §. 16. p. 1031. Idem de

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0134" n="126"/>
Haarbreit Abbruch oder Eingriff thun wollen, den Text rechtschaffen und                      allenthalben mit Allegirung der heiligen Schrifft zu lesen und ihnen die Hölle                      heiß zu machen. Wie denn für andren gar schön zu lesen ist das <hi rendition="#i">29. Responsum</hi>, allwo D. Tilemannus Heshusius                      weitläufftig ausgeführet, daß ob wohl damahlen auf einen Creyß-Tage zu Lüneburg                      von denen Fürsten und Ständen des Niedersächsischen Creysses verglichen worden                      durch ein Mandat denen Predigern den Gebrauch des <hi rendition="#i">Elenchi</hi> wider die Reformirten zu untersagen; dennoch dieser                      Creyß-Schluß, als der wider die Regul des göttlichen Worts sey, nicht zu                      attendiren wäre, weil man bey Abfassung desselbigen nur allein Juristen und                      Hof-Räthe, nicht aber, als wohl geschehen sollen, erfahrne treue Lehrer und                      Theologos gebrauchet hätte. Zugeschweigen derer Schrifften die Anno 1666. als                      die bekannten Edicta wegen des Elenchi nominalis zu Berlin publiciret worden von                      der Theologischen Facultät zu Wittenberg durch D. Abraham Calovium, und zu derer                      Vertheydigung von andern verfertitiget worden.</p>
        <note place="left">(III) Und insonderheit in Gebrauch des Binde-Schlüssels.</note>
        <p>Zum (III) ist es ferner augenscheinlich und handgreiflich, daß wenn das                      Predig-Amt erstlich in ihren Amt überhaupt, und hernach auch in genere in ihren                      Straf-Amt keineswegen der weltlichen Obrigkeit Befehle zu respectiren schuldig                      ist, sondern dißfalls alleine von Christo dependiret, und keine Dependenz der                      weltlichen Obrigkeit zugestehet, es auch nothwendig in Gebrauch des                      Binde-Schlüssels, nemlich der Excommunication, und Ausschliessung von Abendmahl,                      als welche ohnstreitig ein nothwendig Stücke des H. Predig-Amts, und                      insonderheit des Straf-Amts ist, eben so independent von der weltlichen                      Obrigkeit und deren Befehlen seyn müste. Und dieses um so viel destomehr, da die                      heilige Schrifft deutlich lehret, daß der Binde-Schlüssel von unsern Heyland                      Christo beym Matthaeo cap. 16. v. 19. Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch                      in Himmel gebunden seyn, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch in Himmel                      loß seyn. Und beym Johanne c. 20. v. 23. Welchen ihr die Sünde erlasset denen                      sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten,                      eingesetzet, und dessen Verwaltung nicht denen Bischöffen alleine sondern allen                      treuen Lehrern und Predigern, wenn sie auf für der Welt noch so verächtlich und                      niedrig angesehen seyn als ein höchstnöthiges Stück ihres geistlichen Amts                      anvertrauet worden. Dedekenn. <hi rendition="#i">Consil. Theol. Part. I. f.                          890.</hi> Zieglerus <hi rendition="#i">de Episcopis libro 3. cap. 10. §.                          10.</hi> Idem <hi rendition="#i">ad Institutiones Lancelotti, lib. 4. tit.                          13. §. 16. p. 1031.</hi> Idem <hi rendition="#i">de
</hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0134] Haarbreit Abbruch oder Eingriff thun wollen, den Text rechtschaffen und allenthalben mit Allegirung der heiligen Schrifft zu lesen und ihnen die Hölle heiß zu machen. Wie denn für andren gar schön zu lesen ist das 29. Responsum, allwo D. Tilemannus Heshusius weitläufftig ausgeführet, daß ob wohl damahlen auf einen Creyß-Tage zu Lüneburg von denen Fürsten und Ständen des Niedersächsischen Creysses verglichen worden durch ein Mandat denen Predigern den Gebrauch des Elenchi wider die Reformirten zu untersagen; dennoch dieser Creyß-Schluß, als der wider die Regul des göttlichen Worts sey, nicht zu attendiren wäre, weil man bey Abfassung desselbigen nur allein Juristen und Hof-Räthe, nicht aber, als wohl geschehen sollen, erfahrne treue Lehrer und Theologos gebrauchet hätte. Zugeschweigen derer Schrifften die Anno 1666. als die bekannten Edicta wegen des Elenchi nominalis zu Berlin publiciret worden von der Theologischen Facultät zu Wittenberg durch D. Abraham Calovium, und zu derer Vertheydigung von andern verfertitiget worden. Zum (III) ist es ferner augenscheinlich und handgreiflich, daß wenn das Predig-Amt erstlich in ihren Amt überhaupt, und hernach auch in genere in ihren Straf-Amt keineswegen der weltlichen Obrigkeit Befehle zu respectiren schuldig ist, sondern dißfalls alleine von Christo dependiret, und keine Dependenz der weltlichen Obrigkeit zugestehet, es auch nothwendig in Gebrauch des Binde-Schlüssels, nemlich der Excommunication, und Ausschliessung von Abendmahl, als welche ohnstreitig ein nothwendig Stücke des H. Predig-Amts, und insonderheit des Straf-Amts ist, eben so independent von der weltlichen Obrigkeit und deren Befehlen seyn müste. Und dieses um so viel destomehr, da die heilige Schrifft deutlich lehret, daß der Binde-Schlüssel von unsern Heyland Christo beym Matthaeo cap. 16. v. 19. Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch in Himmel gebunden seyn, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch in Himmel loß seyn. Und beym Johanne c. 20. v. 23. Welchen ihr die Sünde erlasset denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten, eingesetzet, und dessen Verwaltung nicht denen Bischöffen alleine sondern allen treuen Lehrern und Predigern, wenn sie auf für der Welt noch so verächtlich und niedrig angesehen seyn als ein höchstnöthiges Stück ihres geistlichen Amts anvertrauet worden. Dedekenn. Consil. Theol. Part. I. f. 890. Zieglerus de Episcopis libro 3. cap. 10. §. 10. Idem ad Institutiones Lancelotti, lib. 4. tit. 13. §. 16. p. 1031. Idem de

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/134
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/134>, abgerufen am 09.11.2024.