Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

Christenthum ein Ernst ist, zu praeferiren sey? und ob es nicht, nach den Calixtinischen Principiis selbst vor unrecht und schwere Sünde zu halten, wenn man sein Kind aus der reinen in eine unreine Kirche gehen lässet, obgleich diese eine Christliche Kirche ist? sintemahl sie nicht eine wahre Kirche ist, (der Schul-Wörter, da es heisset, sie sey zwar entitative aber nicht moraliter vera Ecclefia, enthalten wir uns mit Fleiß) in Ansehung der falschen Lehre des Pabsts, Cleri und aller derer, die dem Römischen Pabst und Clero in dem, was sie irrig erkennen, anhangen, wie die thun, die zu der Römischen Kirchen von uns um Ehre und zeitlicher Dinge willen übergehen, quia per fidem in esse membrorum Ecclesiae constituimur, so können die welche vom Glauben abtretten, und anhangen den verführischen Geistern, zur wahren Kirchen, die wir im dritten Haupt-Articul bekennen, nicht gerechnet werden, sondern die Römische Kirche ist eine wahre Kirche in Ansehung 1.) der getaufften Kinder 2.) der Märtyrer und Zeugen der Wahrheit vor denen blutigen Inquisitions und dergleichen (nicht von den sanfftmüthigen Geist Christi sondern von den grausamen Lügen- und Mord-Geist) dirigirten Gerichten, 3.) in Ansehung der Einfältigen, die es nicht besser wissen, auch keine Gelegenheit haben hinter dem Betrug und Irrthum zu kommen, 4.) derer die im verborgenen die Päbstische Greuel befeufftzen, doch nicht Muths genug haben, Blut und Gut daran zu wagen, und obwohl diese vor dem Creutz Christi fliehen, welches auch eine Art der Verleugnung Christi ist, wie Paulus lehret, wenn er das Dulden und Verleugnen einander entgegen setzet 2. Tim. 2, 12. dulden wir, so werden wir mit herrschen, verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen; so möchte doch noch manchem, wie dem verleugnenden Petro, Barmhertzigkeit wiederfahren. Obgleich nicht zu leugnen ist, daß die 2. letzten Classen, wie nicht ohne Hoffnung, also auch nicht ohne Gefahr ihrer Seeligkeit seyn. Aber welche Hoffnung bleibet denen, die, nachdem sie einmahl erleuchtet sind, muthwillens abfallen? so wir muthwillig sündigen, nachdem wir die Erkänntnüß der Wahrheit empfangen haben, haben wir förder kein ander Opffer mehr vor die Sünde Hebr. 10, 26. Wie kan sich darauf, daß noch einige in der Römischen Kirche erzogene seelig werden, in derer Ansehung diese Kirche für eine wahre Kirche gehalten wird, einer von uns vermessen, die Gefahr lieben, GOtt versuchen, die Kirche ärgern, und eine wahrhafftige Abgötterey begehen, indem er GOtt und sein Wort nicht über alles, sondern die Welt und Lügen über jene liebet.

Christenthum ein Ernst ist, zu praeferiren sey? und ob es nicht, nach den Calixtinischen Principiis selbst vor unrecht und schwere Sünde zu halten, wenn man sein Kind aus der reinen in eine unreine Kirche gehen lässet, obgleich diese eine Christliche Kirche ist? sintemahl sie nicht eine wahre Kirche ist, (der Schul-Wörter, da es heisset, sie sey zwar entitative aber nicht moraliter vera Ecclefia, enthalten wir uns mit Fleiß) in Ansehung der falschen Lehre des Pabsts, Cleri und aller derer, die dem Römischen Pabst und Clero in dem, was sie irrig erkennen, anhangen, wie die thun, die zu der Römischen Kirchen von uns um Ehre und zeitlicher Dinge willen übergehen, quia per fidem in esse membrorum Ecclesiae constituimur, so können die welche vom Glauben abtretten, und anhangen den verführischen Geistern, zur wahren Kirchen, die wir im dritten Haupt-Articul bekennen, nicht gerechnet werden, sondern die Römische Kirche ist eine wahre Kirche in Ansehung 1.) der getaufften Kinder 2.) der Märtyrer und Zeugen der Wahrheit vor denen blutigen Inquisitions und dergleichen (nicht von den sanfftmüthigen Geist Christi sondern von den grausamen Lügen- und Mord-Geist) dirigirten Gerichten, 3.) in Ansehung der Einfältigen, die es nicht besser wissen, auch keine Gelegenheit haben hinter dem Betrug und Irrthum zu kommen, 4.) derer die im verborgenen die Päbstische Greuel befeufftzen, doch nicht Muths genug haben, Blut und Gut daran zu wagen, und obwohl diese vor dem Creutz Christi fliehen, welches auch eine Art der Verleugnung Christi ist, wie Paulus lehret, wenn er das Dulden und Verleugnen einander entgegen setzet 2. Tim. 2, 12. dulden wir, so werden wir mit herrschen, verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen; so möchte doch noch manchem, wie dem verleugnenden Petro, Barmhertzigkeit wiederfahren. Obgleich nicht zu leugnen ist, daß die 2. letzten Classen, wie nicht ohne Hoffnung, also auch nicht ohne Gefahr ihrer Seeligkeit seyn. Aber welche Hoffnung bleibet denen, die, nachdem sie einmahl erleuchtet sind, muthwillens abfallen? so wir muthwillig sündigen, nachdem wir die Erkänntnüß der Wahrheit empfangen haben, haben wir förder kein ander Opffer mehr vor die Sünde Hebr. 10, 26. Wie kan sich darauf, daß noch einige in der Römischen Kirche erzogene seelig werden, in derer Ansehung diese Kirche für eine wahre Kirche gehalten wird, einer von uns vermessen, die Gefahr lieben, GOtt versuchen, die Kirche ärgern, und eine wahrhafftige Abgötterey begehen, indem er GOtt und sein Wort nicht über alles, sondern die Welt und Lügen über jene liebet.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0124" n="116"/>
Christenthum ein Ernst ist, zu                      praeferiren sey? und ob es nicht, nach den Calixtinischen Principiis selbst vor                      unrecht und schwere Sünde zu halten, wenn man sein Kind aus der reinen in eine                      unreine Kirche gehen lässet, obgleich diese eine Christliche Kirche ist?                      sintemahl sie nicht eine wahre Kirche ist, (der Schul-Wörter, da es heisset, sie                      sey zwar entitative aber nicht moraliter vera Ecclefia, enthalten wir uns mit                      Fleiß) in Ansehung der falschen Lehre des Pabsts, Cleri und aller derer, die dem                      Römischen Pabst und Clero in dem, was sie irrig erkennen, anhangen, wie die                      thun, die zu der Römischen Kirchen von uns um Ehre und zeitlicher Dinge willen                      übergehen, quia per fidem in esse membrorum Ecclesiae constituimur, so können                      die welche vom Glauben abtretten, und anhangen den verführischen Geistern, zur                      wahren Kirchen, die wir im dritten Haupt-Articul bekennen, nicht gerechnet                      werden, sondern die Römische Kirche ist eine wahre Kirche in Ansehung 1.) der                      getaufften Kinder 2.) der Märtyrer und Zeugen der Wahrheit vor denen blutigen                      Inquisitions und dergleichen (nicht von den sanfftmüthigen Geist Christi sondern                      von den grausamen Lügen- und Mord-Geist) dirigirten Gerichten, 3.) in Ansehung                      der Einfältigen, die es nicht besser wissen, auch keine Gelegenheit haben hinter                      dem Betrug und Irrthum zu kommen, 4.) derer die im verborgenen die Päbstische                      Greuel befeufftzen, doch nicht Muths genug haben, Blut und Gut daran zu wagen,                      und obwohl diese vor dem Creutz Christi fliehen, welches auch eine Art der                      Verleugnung Christi ist, wie Paulus lehret, wenn er das Dulden und Verleugnen                      einander entgegen setzet 2. Tim. 2, 12. dulden wir, so werden wir mit herrschen,                      verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen; so möchte doch noch manchem, wie                      dem verleugnenden Petro, Barmhertzigkeit wiederfahren. Obgleich nicht zu leugnen                      ist, daß die 2. letzten Classen, wie nicht ohne Hoffnung, also auch nicht ohne                      Gefahr ihrer Seeligkeit seyn. Aber welche Hoffnung bleibet denen, die, nachdem                      sie einmahl erleuchtet sind, muthwillens abfallen? so wir muthwillig sündigen,                      nachdem wir die Erkänntnüß der Wahrheit empfangen haben, haben wir förder kein                      ander Opffer mehr vor die Sünde Hebr. 10, 26. Wie kan sich darauf, daß noch                      einige in der Römischen Kirche erzogene seelig werden, in derer Ansehung diese                      Kirche für eine wahre Kirche gehalten wird, einer von uns vermessen, die Gefahr                      lieben, GOtt versuchen, die Kirche ärgern, und eine wahrhafftige Abgötterey                      begehen, indem er GOtt und sein Wort nicht über alles, sondern die Welt und                      Lügen über jene liebet.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0124] Christenthum ein Ernst ist, zu praeferiren sey? und ob es nicht, nach den Calixtinischen Principiis selbst vor unrecht und schwere Sünde zu halten, wenn man sein Kind aus der reinen in eine unreine Kirche gehen lässet, obgleich diese eine Christliche Kirche ist? sintemahl sie nicht eine wahre Kirche ist, (der Schul-Wörter, da es heisset, sie sey zwar entitative aber nicht moraliter vera Ecclefia, enthalten wir uns mit Fleiß) in Ansehung der falschen Lehre des Pabsts, Cleri und aller derer, die dem Römischen Pabst und Clero in dem, was sie irrig erkennen, anhangen, wie die thun, die zu der Römischen Kirchen von uns um Ehre und zeitlicher Dinge willen übergehen, quia per fidem in esse membrorum Ecclesiae constituimur, so können die welche vom Glauben abtretten, und anhangen den verführischen Geistern, zur wahren Kirchen, die wir im dritten Haupt-Articul bekennen, nicht gerechnet werden, sondern die Römische Kirche ist eine wahre Kirche in Ansehung 1.) der getaufften Kinder 2.) der Märtyrer und Zeugen der Wahrheit vor denen blutigen Inquisitions und dergleichen (nicht von den sanfftmüthigen Geist Christi sondern von den grausamen Lügen- und Mord-Geist) dirigirten Gerichten, 3.) in Ansehung der Einfältigen, die es nicht besser wissen, auch keine Gelegenheit haben hinter dem Betrug und Irrthum zu kommen, 4.) derer die im verborgenen die Päbstische Greuel befeufftzen, doch nicht Muths genug haben, Blut und Gut daran zu wagen, und obwohl diese vor dem Creutz Christi fliehen, welches auch eine Art der Verleugnung Christi ist, wie Paulus lehret, wenn er das Dulden und Verleugnen einander entgegen setzet 2. Tim. 2, 12. dulden wir, so werden wir mit herrschen, verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen; so möchte doch noch manchem, wie dem verleugnenden Petro, Barmhertzigkeit wiederfahren. Obgleich nicht zu leugnen ist, daß die 2. letzten Classen, wie nicht ohne Hoffnung, also auch nicht ohne Gefahr ihrer Seeligkeit seyn. Aber welche Hoffnung bleibet denen, die, nachdem sie einmahl erleuchtet sind, muthwillens abfallen? so wir muthwillig sündigen, nachdem wir die Erkänntnüß der Wahrheit empfangen haben, haben wir förder kein ander Opffer mehr vor die Sünde Hebr. 10, 26. Wie kan sich darauf, daß noch einige in der Römischen Kirche erzogene seelig werden, in derer Ansehung diese Kirche für eine wahre Kirche gehalten wird, einer von uns vermessen, die Gefahr lieben, GOtt versuchen, die Kirche ärgern, und eine wahrhafftige Abgötterey begehen, indem er GOtt und sein Wort nicht über alles, sondern die Welt und Lügen über jene liebet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/124
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/124>, abgerufen am 05.05.2024.