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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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eine gantz andere Manier als die Herren Collectores Actorum zu thun gewohnt waren, zuschreiben; und weil ich sahe daß der Herr Director Actorum durch den Verlag derselben keinen Schaden litte; als vermeynte ich durch meine Arbeit monatlich auch ein Stück Geld mit Ehren zu erwerben, daß ich in Mangel eines salarii publici nicht genöthiget würde, Geld aufzunehmen und mich in Schulden zu stecken. Und fieng deßhalben an, den Nahmen der Müßigen auf den Titul zu setzen, meinen Nahmen aber zu verbergen, damit ich anderer ihre Judicia desto unvermerckter darüber vernehmen könte. Ich hatte auch in willens, die in ersten Monat gebrauchte etwas freye und muntere Schreib-Art bald zu changiren, und nur bald anfangs bey denen Lesern eine Begierde, die folgende Monate zu lesen, zu erwecken. Da mir aber die Materie, die ich zu dem ersten Monat destiniret hatte, unter der Hand wuchse, daß ich davon zwey Monate zu machen genöthiget wurde, fügte es sich zu meinem Unglück, daß, als ich auf die Relation von denen Actis Eruditorum gekommen war, ich, indem die zum ersten Monat destinirten Bogen allbereit ihre völlige Ladung hatten, mich einer Invention bediente, den Discurs nicht ohne Anmuthigkeit des Lesers abzubrechen, und dabey in fine zu melden, daß derer Interloquenten ihr Discurs ein beschneyeres Ende genommen. Ob nun wohl diese phrasis deutlich genug auf die Interloquenten gerichtet war, so fanden sich doch unterschiedene Feinde, die die Herren Collectores Actorum bereden wolten, ich hätte damit auf sie gestichelt, und zu verstehen geben wollen / daß es mit der Collectione Actorum gar bald ein beschneyetes Ende nehmen würde, und daß ich intendirte, mit diesen meinen Monaten ihnen einen Abbruch zu thun. Es ware zwar diese Auslegung so zu sagen recht bey denen Haaren darzu gezogen, ich kan auch bey meiner Ehre versichern, daß ich nicht einmahl bey Schliessung des ersten Monats daran gedacht hatte, (quamvis cogitationis paenam nemo patiatur) und daß ich splitter tolle gewesen seyn müste, wenn ich als ein junger Mann ohne allen Beystand und Autorität mir hätte die thörichten Gedancken nur wollen in Kopff kommen lassen, daß ich capable wäre, so viel berühmter Leute ihr Werck, das allenthalben einen grossen Applausum fand, zu destruiren oder zu vergeringern; aber nichts desto weniger muste ich vernehmen, daß diese Verleumbdung bey etlichen, die ich für andern ehrete und liebete, doch einen Ingress gefunden. Ja obschon in dem folgenden Monat Februario ich bey Continuirung des in Januario abrumpirten Dißcurses mich dergestalt in acht nahm, daß ich der Societät der Herren

eine gantz andere Manier als die Herren Collectores Actorum zu thun gewohnt waren, zuschreiben; und weil ich sahe daß der Herr Director Actorum durch den Verlag derselben keinen Schaden litte; als vermeynte ich durch meine Arbeit monatlich auch ein Stück Geld mit Ehren zu erwerben, daß ich in Mangel eines salarii publici nicht genöthiget würde, Geld aufzunehmen und mich in Schulden zu stecken. Und fieng deßhalben an, den Nahmen der Müßigen auf den Titul zu setzen, meinen Nahmen aber zu verbergen, damit ich anderer ihre Judicia desto unvermerckter darüber vernehmen könte. Ich hatte auch in willens, die in ersten Monat gebrauchte etwas freye und muntere Schreib-Art bald zu changiren, und nur bald anfangs bey denen Lesern eine Begierde, die folgende Monate zu lesen, zu erwecken. Da mir aber die Materie, die ich zu dem ersten Monat destiniret hatte, unter der Hand wuchse, daß ich davon zwey Monate zu machen genöthiget wurde, fügte es sich zu meinem Unglück, daß, als ich auf die Relation von denen Actis Eruditorum gekommen war, ich, indem die zum ersten Monat destinirten Bogen allbereit ihre völlige Ladung hatten, mich einer Invention bediente, den Discurs nicht ohne Anmuthigkeit des Lesers abzubrechen, und dabey in fine zu melden, daß derer Interloquenten ihr Discurs ein beschneyeres Ende genommen. Ob nun wohl diese phrasis deutlich genug auf die Interloquenten gerichtet war, so fanden sich doch unterschiedene Feinde, die die Herren Collectores Actorum bereden wolten, ich hätte damit auf sie gestichelt, und zu verstehen geben wollen / daß es mit der Collectione Actorum gar bald ein beschneyetes Ende nehmen würde, und daß ich intendirte, mit diesen meinen Monaten ihnen einen Abbruch zu thun. Es ware zwar diese Auslegung so zu sagen recht bey denen Haaren darzu gezogen, ich kan auch bey meiner Ehre versichern, daß ich nicht einmahl bey Schliessung des ersten Monats daran gedacht hatte, (quamvis cogitationis paenam nemo patiatur) und daß ich splitter tolle gewesen seyn müste, wenn ich als ein junger Mann ohne allen Beystand und Autorität mir hätte die thörichten Gedancken nur wollen in Kopff kommen lassen, daß ich capable wäre, so viel berühmter Leute ihr Werck, das allenthalben einen grossen Applausum fand, zu destruiren oder zu vergeringern; aber nichts desto weniger muste ich vernehmen, daß diese Verleumbdung bey etlichen, die ich für andern ehrete und liebete, doch einen Ingress gefunden. Ja obschon in dem folgenden Monat Februario ich bey Continuirung des in Januario abrumpirten Dißcurses mich dergestalt in acht nahm, daß ich der Societät der Herren

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[5/0011] eine gantz andere Manier als die Herren Collectores Actorum zu thun gewohnt waren, zuschreiben; und weil ich sahe daß der Herr Director Actorum durch den Verlag derselben keinen Schaden litte; als vermeynte ich durch meine Arbeit monatlich auch ein Stück Geld mit Ehren zu erwerben, daß ich in Mangel eines salarii publici nicht genöthiget würde, Geld aufzunehmen und mich in Schulden zu stecken. Und fieng deßhalben an, den Nahmen der Müßigen auf den Titul zu setzen, meinen Nahmen aber zu verbergen, damit ich anderer ihre Judicia desto unvermerckter darüber vernehmen könte. Ich hatte auch in willens, die in ersten Monat gebrauchte etwas freye und muntere Schreib-Art bald zu changiren, und nur bald anfangs bey denen Lesern eine Begierde, die folgende Monate zu lesen, zu erwecken. Da mir aber die Materie, die ich zu dem ersten Monat destiniret hatte, unter der Hand wuchse, daß ich davon zwey Monate zu machen genöthiget wurde, fügte es sich zu meinem Unglück, daß, als ich auf die Relation von denen Actis Eruditorum gekommen war, ich, indem die zum ersten Monat destinirten Bogen allbereit ihre völlige Ladung hatten, mich einer Invention bediente, den Discurs nicht ohne Anmuthigkeit des Lesers abzubrechen, und dabey in fine zu melden, daß derer Interloquenten ihr Discurs ein beschneyeres Ende genommen. Ob nun wohl diese phrasis deutlich genug auf die Interloquenten gerichtet war, so fanden sich doch unterschiedene Feinde, die die Herren Collectores Actorum bereden wolten, ich hätte damit auf sie gestichelt, und zu verstehen geben wollen / daß es mit der Collectione Actorum gar bald ein beschneyetes Ende nehmen würde, und daß ich intendirte, mit diesen meinen Monaten ihnen einen Abbruch zu thun. Es ware zwar diese Auslegung so zu sagen recht bey denen Haaren darzu gezogen, ich kan auch bey meiner Ehre versichern, daß ich nicht einmahl bey Schliessung des ersten Monats daran gedacht hatte, (quamvis cogitationis paenam nemo patiatur) und daß ich splitter tolle gewesen seyn müste, wenn ich als ein junger Mann ohne allen Beystand und Autorität mir hätte die thörichten Gedancken nur wollen in Kopff kommen lassen, daß ich capable wäre, so viel berühmter Leute ihr Werck, das allenthalben einen grossen Applausum fand, zu destruiren oder zu vergeringern; aber nichts desto weniger muste ich vernehmen, daß diese Verleumbdung bey etlichen, die ich für andern ehrete und liebete, doch einen Ingress gefunden. Ja obschon in dem folgenden Monat Februario ich bey Continuirung des in Januario abrumpirten Dißcurses mich dergestalt in acht nahm, daß ich der Societät der Herren

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/11>, abgerufen am 29.03.2024.