Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.hin? Interrogata: Warum sie denn mit Läugnen alleine sich aufhalten thäte? Inquisita aber konte darauf nichts antworten. Ad 27. Inquisita affirmat. Interrogata; Warum sie es zuvor geläugnet? Inquisita wuste darauf nichts zu antworten. Ad 28. Inquisita sagte anfänglich, sie könte es wohl gethan haben, gleich darauf aber gestunde sie, daß als Anna Beata Narbs gesagt, ihr könnet ja aus euer Thür vor keine, als der Misselin Thür sehen, sie Inquisitin darauf mit dem Kopff genicket habe. Obigem Vorgangen wurde Lucia Kohlin, der Inquisitin Stieff-Tochter vorgefordert, & monita de veritate dicenda befragt, und von ihr, wie folget, deponiret: 1. Ob sie darbey gewesen, als vor einigen Jahren die Schlieperin ihrer der Zeugin Mutter ein Brodt gegeben? Resp. affirmative. 2. Was die Schlieperin gesagt hätte? Resp. Es wäre wohl schon 16. Jahre, daß solches geschehen, doch erinnere sie sich, daß als dazumahlen ihr der Zeugin Stieff-Mutter auf ihrem Hoff gestanden, die Schlieperin derselben über einen niedrigen Zaun ein klein Brodt zugereichet, und gesagt habe, ich habe 3. Brodt von dem Neuen gebacken, und verlobet, solches denen Armen zu geben, da habt ihr auch eins, wenn die Leute schon sagen, ihr könnet hexen; worauf als ihre Stieff-Mutter gefragt, wer sagt denn das? hätte die Schlieperin geantwortet, das sagt die Misselsche, eure nechste Nachbarin, woran sie sich aber ferner nicht gekehret hätten. 3. Ob ihr der Zeugin Stieff-Mutter auf obiges zu der Schlieperin nicht auch gesagt: Sagt das die Misselsche? Resp. affirmative. Interrogata: Warum sie zuvor gesagt, daß sie sich ferner daran nicht gekehret. Zeugin schweiget auf diese Frage still. 4. Ob ihr der Zeugin Stief-Mutter nicht auch gesagt: Habe ich sie deßwegen zu Gevatter gebeten? Item, ich habe ihr ein schwartzes Huhn gegeben, daß sie es mich auch lernen solte? Resp. Sie habe solches nicht gehört. Catharina Schlieperin wurde hierauf vorgefordert, und erinnert, auf dasjenige, so sie würde befragt werden, die Wahrheit zu sagen, inmassen denn solches zu thun dieselbe auch anlobete, und demnach auf Befragen anzeigete, und zwar sagte sie 1) Sie pflegte allezeit 3. Brodt vom frischen zu backen, in 3. oder 4. Theile zu theilen, und denen Armen vor der Thür zu geben, negirte aber 2) daß sie einsmahlen der Kohlin ein Brodt gegeben, addendo, daß des Kohls Leute es auch nicht brauchten, und als 3) derofelben vorgestellet wurde, daß der Kohl dazumahlen 10. Kinder gehabt, sagte dieselbe, es könnte wohl seyn, daß der Kohl 10. Kinder gehabt, er habe aber dazumahlen solche nicht alle bey sich gehabt, auf nochmahliges Fragen beständig darauf bestehend, daß sie der Kohlin kein Brodt gegeben hätte. Lucia Kohlin wurde zugegen gefordert, und sagte dieselbe der Schlieperin auf Befragen in faciem, daß sie Schlieperin ihr der Zeugin Stieff-Mutter vor ohngefehr 16. Jahren ein Brodt gegeben habe, Schlieperin bliebe in negativa, ad hin? Interrogata: Warum sie denn mit Läugnen alleine sich aufhalten thäte? Inquisita aber konte darauf nichts antworten. Ad 27. Inquisita affirmat. Interrogata; Warum sie es zuvor geläugnet? Inquisita wuste darauf nichts zu antworten. Ad 28. Inquisita sagte anfänglich, sie könte es wohl gethan haben, gleich darauf aber gestunde sie, daß als Anna Beata Narbs gesagt, ihr könnet ja aus euer Thür vor keine, als der Misselin Thür sehen, sie Inquisitin darauf mit dem Kopff genicket habe. Obigem Vorgangen wurde Lucia Kohlin, der Inquisitin Stieff-Tochter vorgefordert, & monita de veritate dicenda befragt, und von ihr, wie folget, deponiret: 1. Ob sie darbey gewesen, als vor einigen Jahren die Schlieperin ihrer der Zeugin Mutter ein Brodt gegeben? Resp. affirmative. 2. Was die Schlieperin gesagt hätte? Resp. Es wäre wohl schon 16. Jahre, daß solches geschehen, doch erinnere sie sich, daß als dazumahlen ihr der Zeugin Stieff-Mutter auf ihrem Hoff gestanden, die Schlieperin derselben über einen niedrigen Zaun ein klein Brodt zugereichet, und gesagt habe, ich habe 3. Brodt von dem Neuen gebacken, und verlobet, solches denen Armen zu geben, da habt ihr auch eins, wenn die Leute schon sagen, ihr könnet hexen; worauf als ihre Stieff-Mutter gefragt, wer sagt denn das? hätte die Schlieperin geantwortet, das sagt die Misselsche, eure nechste Nachbarin, woran sie sich aber ferner nicht gekehret hätten. 3. Ob ihr der Zeugin Stieff-Mutter auf obiges zu der Schlieperin nicht auch gesagt: Sagt das die Misselsche? Resp. affirmative. Interrogata: Warum sie zuvor gesagt, daß sie sich ferner daran nicht gekehret. Zeugin schweiget auf diese Frage still. 4. Ob ihr der Zeugin Stief-Mutter nicht auch gesagt: Habe ich sie deßwegen zu Gevatter gebeten? Item, ich habe ihr ein schwartzes Huhn gegeben, daß sie es mich auch lernen solte? Resp. Sie habe solches nicht gehört. Catharina Schlieperin wurde hierauf vorgefordert, und erinnert, auf dasjenige, so sie würde befragt werden, die Wahrheit zu sagen, inmassen denn solches zu thun dieselbe auch anlobete, und demnach auf Befragen anzeigete, und zwar sagte sie 1) Sie pflegte allezeit 3. Brodt vom frischen zu backen, in 3. oder 4. Theile zu theilen, und denen Armen vor der Thür zu geben, negirte aber 2) daß sie einsmahlen der Kohlin ein Brodt gegeben, addendo, daß des Kohls Leute es auch nicht brauchten, und als 3) derofelben vorgestellet wurde, daß der Kohl dazumahlen 10. Kinder gehabt, sagte dieselbe, es könnte wohl seyn, daß der Kohl 10. Kinder gehabt, er habe aber dazumahlen solche nicht alle bey sich gehabt, auf nochmahliges Fragen beständig darauf bestehend, daß sie der Kohlin kein Brodt gegeben hätte. Lucia Kohlin wurde zugegen gefordert, und sagte dieselbe der Schlieperin auf Befragen in faciem, daß sie Schlieperin ihr der Zeugin Stieff-Mutter vor ohngefehr 16. Jahren ein Brodt gegeben habe, Schlieperin bliebe in negativa, ad <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0338" n="330"/> hin? Interrogata: Warum sie denn mit Läugnen alleine sich aufhalten thäte? Inquisita aber konte darauf nichts antworten. Ad 27. Inquisita affirmat. Interrogata; Warum sie es zuvor geläugnet? Inquisita wuste darauf nichts zu antworten. Ad 28. Inquisita sagte anfänglich, sie könte es wohl gethan haben, gleich darauf aber gestunde sie, daß als Anna Beata Narbs gesagt, ihr könnet ja aus euer Thür vor keine, als der Misselin Thür sehen, sie Inquisitin darauf mit dem Kopff genicket habe.</p> <p>Obigem Vorgangen wurde Lucia Kohlin, der Inquisitin Stieff-Tochter vorgefordert, & monita de veritate dicenda befragt, und von ihr, wie folget, deponiret: 1. Ob sie darbey gewesen, als vor einigen Jahren die Schlieperin ihrer der Zeugin Mutter ein Brodt gegeben? Resp. affirmative. 2. Was die Schlieperin gesagt hätte? Resp. Es wäre wohl schon 16. Jahre, daß solches geschehen, doch erinnere sie sich, daß als dazumahlen ihr der Zeugin Stieff-Mutter auf ihrem Hoff gestanden, die Schlieperin derselben über einen niedrigen Zaun ein klein Brodt zugereichet, und gesagt habe, ich habe 3. Brodt von dem Neuen gebacken, und verlobet, solches denen Armen zu geben, da habt ihr auch eins, wenn die Leute schon sagen, ihr könnet hexen; worauf als ihre Stieff-Mutter gefragt, wer sagt denn das? hätte die Schlieperin geantwortet, das sagt die Misselsche, eure nechste Nachbarin, woran sie sich aber ferner nicht gekehret hätten. 3. Ob ihr der Zeugin Stieff-Mutter auf obiges zu der Schlieperin nicht auch gesagt: Sagt das die Misselsche? Resp. affirmative. Interrogata: Warum sie zuvor gesagt, daß sie sich ferner daran nicht gekehret. Zeugin schweiget auf diese Frage still. 4. Ob ihr der Zeugin Stief-Mutter nicht auch gesagt: Habe ich sie deßwegen zu Gevatter gebeten? Item, ich habe ihr ein schwartzes Huhn gegeben, daß sie es mich auch lernen solte? Resp. Sie habe solches nicht gehört.</p> <p>Catharina Schlieperin wurde hierauf vorgefordert, und erinnert, auf dasjenige, so sie würde befragt werden, die Wahrheit zu sagen, inmassen denn solches zu thun dieselbe auch anlobete, und demnach auf Befragen anzeigete, und zwar sagte sie 1) Sie pflegte allezeit 3. Brodt vom frischen zu backen, in 3. oder 4. Theile zu theilen, und denen Armen vor der Thür zu geben, negirte aber 2) daß sie einsmahlen der Kohlin ein Brodt gegeben, addendo, daß des Kohls Leute es auch nicht brauchten, und als 3) derofelben vorgestellet wurde, daß der Kohl dazumahlen 10. Kinder gehabt, sagte dieselbe, es könnte wohl seyn, daß der Kohl 10. Kinder gehabt, er habe aber dazumahlen solche nicht alle bey sich gehabt, auf nochmahliges Fragen beständig darauf bestehend, daß sie der Kohlin kein Brodt gegeben hätte.</p> <p>Lucia Kohlin wurde zugegen gefordert, und sagte dieselbe der Schlieperin auf Befragen in faciem, daß sie Schlieperin ihr der Zeugin Stieff-Mutter vor ohngefehr 16. Jahren ein Brodt gegeben habe, Schlieperin bliebe in negativa, ad </p> </div> </body> </text> </TEI> [330/0338]
hin? Interrogata: Warum sie denn mit Läugnen alleine sich aufhalten thäte? Inquisita aber konte darauf nichts antworten. Ad 27. Inquisita affirmat. Interrogata; Warum sie es zuvor geläugnet? Inquisita wuste darauf nichts zu antworten. Ad 28. Inquisita sagte anfänglich, sie könte es wohl gethan haben, gleich darauf aber gestunde sie, daß als Anna Beata Narbs gesagt, ihr könnet ja aus euer Thür vor keine, als der Misselin Thür sehen, sie Inquisitin darauf mit dem Kopff genicket habe.
Obigem Vorgangen wurde Lucia Kohlin, der Inquisitin Stieff-Tochter vorgefordert, & monita de veritate dicenda befragt, und von ihr, wie folget, deponiret: 1. Ob sie darbey gewesen, als vor einigen Jahren die Schlieperin ihrer der Zeugin Mutter ein Brodt gegeben? Resp. affirmative. 2. Was die Schlieperin gesagt hätte? Resp. Es wäre wohl schon 16. Jahre, daß solches geschehen, doch erinnere sie sich, daß als dazumahlen ihr der Zeugin Stieff-Mutter auf ihrem Hoff gestanden, die Schlieperin derselben über einen niedrigen Zaun ein klein Brodt zugereichet, und gesagt habe, ich habe 3. Brodt von dem Neuen gebacken, und verlobet, solches denen Armen zu geben, da habt ihr auch eins, wenn die Leute schon sagen, ihr könnet hexen; worauf als ihre Stieff-Mutter gefragt, wer sagt denn das? hätte die Schlieperin geantwortet, das sagt die Misselsche, eure nechste Nachbarin, woran sie sich aber ferner nicht gekehret hätten. 3. Ob ihr der Zeugin Stieff-Mutter auf obiges zu der Schlieperin nicht auch gesagt: Sagt das die Misselsche? Resp. affirmative. Interrogata: Warum sie zuvor gesagt, daß sie sich ferner daran nicht gekehret. Zeugin schweiget auf diese Frage still. 4. Ob ihr der Zeugin Stief-Mutter nicht auch gesagt: Habe ich sie deßwegen zu Gevatter gebeten? Item, ich habe ihr ein schwartzes Huhn gegeben, daß sie es mich auch lernen solte? Resp. Sie habe solches nicht gehört.
Catharina Schlieperin wurde hierauf vorgefordert, und erinnert, auf dasjenige, so sie würde befragt werden, die Wahrheit zu sagen, inmassen denn solches zu thun dieselbe auch anlobete, und demnach auf Befragen anzeigete, und zwar sagte sie 1) Sie pflegte allezeit 3. Brodt vom frischen zu backen, in 3. oder 4. Theile zu theilen, und denen Armen vor der Thür zu geben, negirte aber 2) daß sie einsmahlen der Kohlin ein Brodt gegeben, addendo, daß des Kohls Leute es auch nicht brauchten, und als 3) derofelben vorgestellet wurde, daß der Kohl dazumahlen 10. Kinder gehabt, sagte dieselbe, es könnte wohl seyn, daß der Kohl 10. Kinder gehabt, er habe aber dazumahlen solche nicht alle bey sich gehabt, auf nochmahliges Fragen beständig darauf bestehend, daß sie der Kohlin kein Brodt gegeben hätte.
Lucia Kohlin wurde zugegen gefordert, und sagte dieselbe der Schlieperin auf Befragen in faciem, daß sie Schlieperin ihr der Zeugin Stieff-Mutter vor ohngefehr 16. Jahren ein Brodt gegeben habe, Schlieperin bliebe in negativa, ad
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/338 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/338>, abgerufen am 16.07.2024. |