Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.chen, durch welche er sein thema beweisen wollen, auch selbst aus dem Königreich Engeland, ist doch billich sehr zu verwundern, warum er des Exempels von der Ehescheidung des Henrici IIX. nicht mit einer eintzigen Sylbe gedacht. §. XIII. Und was brauchen wir es, daß wir uns umb argumentaStarcke reliquien Päpstischer Lehren von Ehesachen bey den Unsrigen. wieder die Catholischen Scribenten in Ehe-Sachen so sehre bekümmern, da doch unter uns selbst noch grobe Brocken von diesen Irrthümern herrschen, und man der weltlichen Obrigkeit hier und dar ihr Recht in Ehe-Sachen in Zweiffel ziehet, und ihr solches zu nehmen oder zu verringern bemühet ist. Denn obschon Chemnitius zu seiner Zeit nicht alleine wie oben gedacht, deutlich gezeiget, daß die Ehe kein Sacrament sey, auch weitläufftig gewiesen, daß die Lehre der Catholischen von denen sieben Sacramenten erst von denen Scholasticis auf das Tapet gebracht, und mit vielen thörichten Ursachen vertheydiget worden sey; ja ob er schon sehr ingeniös, dabeneben aber denen Catholischen etwas empfindlich anführet, daß nach ihren Grund-Sätzen auch die Babylonische Hure und das siebenköpfigte Thier, darauf sie reitet, ein Sacrament seyn müste; (Siehe dessen ausführlichen locum in notis ad Lancelottum p. 607. seq.) Ja obgleich der berühmte und wohlbekannte Autor, der sich Jesuwald Pickhart genennet, in seinem Anno 1586. publicirten Bienen-Korb des heil. Römischen Reichs Imen-Schwarms in dem andern Capitel des dritten Stücks p. 163. sq. noch viel empfindlicher und ingeniöser die Lehre des Papstthums von sieben Sacramenten und insonderheit vom Sacrament der Ehe fürgestellet; so finden sich doch noch heute unter uns so wohl Theologi als Juristen, die die aus solchen Haupt-Irrthum allein herfliessende conclusiones zu vertheydigen sich höchlich angelegen seyn lassen. Ich habe deßwegen meine obige Anmerckungen zu erläutern mich für andern des Exempels von der Ehescheidung des Königs in Engeland Henrici IIX. bedienet. Denn da war die Frage von der Heyrath mit des Brudern Wittibe. Dieser Controvers kömmt diejenige sehr nahe, wenn gefraget wird: Ob ein weltlicher Regent seiner Gemahlin Schwester heyrathen, oder seinen Unterthanen dergleichen Ehen zulassen, oder darinnen dispensiren könne? Wegen dieser Frage aber haben die Unsrigen sich nun fast in die siebentzig Jahr herum gebissen, und sind darinnen noch nicht einig. Ja man muß sich von Hertzen betrüben, wenn man die deswegen edirte Zanck-Schrifften durchsiehet, davon ich die Historie, so kurtz als es möglich ist, ietzo vorstellen will. chen, durch welche er sein thema beweisen wollen, auch selbst aus dem Königreich Engeland, ist doch billich sehr zu verwundern, warum er des Exempels von der Ehescheidung des Henrici IIX. nicht mit einer eintzigen Sylbe gedacht. §. XIII. Und was brauchen wir es, daß wir uns umb argumentaStarcke reliquien Päpstischer Lehren von Ehesachen bey den Unsrigen. wieder die Catholischen Scribenten in Ehe-Sachen so sehre bekümmern, da doch unter uns selbst noch grobe Brocken von diesen Irrthümern herrschen, und man der weltlichen Obrigkeit hier und dar ihr Recht in Ehe-Sachen in Zweiffel ziehet, und ihr solches zu nehmen oder zu verringern bemühet ist. Denn obschon Chemnitius zu seiner Zeit nicht alleine wie oben gedacht, deutlich gezeiget, daß die Ehe kein Sacrament sey, auch weitläufftig gewiesen, daß die Lehre der Catholischen von denen sieben Sacramenten erst von denen Scholasticis auf das Tapet gebracht, und mit vielen thörichten Ursachen vertheydiget worden sey; ja ob er schon sehr ingeniös, dabeneben aber denen Catholischen etwas empfindlich anführet, daß nach ihren Grund-Sätzen auch die Babylonische Hure und das siebenköpfigte Thier, darauf sie reitet, ein Sacrament seyn müste; (Siehe dessen ausführlichen locum in notis ad Lancelottum p. 607. seq.) Ja obgleich der berühmte und wohlbekannte Autor, der sich Jesuwald Pickhart genennet, in seinem Anno 1586. publicirten Bienen-Korb des heil. Römischen Reichs Imen-Schwarms in dem andern Capitel des dritten Stücks p. 163. sq. noch viel empfindlicher und ingeniöser die Lehre des Papstthums von sieben Sacramenten und insonderheit vom Sacrament der Ehe fürgestellet; so finden sich doch noch heute unter uns so wohl Theologi als Juristen, die die aus solchen Haupt-Irrthum allein herfliessende conclusiones zu vertheydigen sich höchlich angelegen seyn lassen. Ich habe deßwegen meine obige Anmerckungen zu erläutern mich für andern des Exempels von der Ehescheidung des Königs in Engeland Henrici IIX. bedienet. Denn da war die Frage von der Heyrath mit des Brudern Wittibe. Dieser Controvers kömmt diejenige sehr nahe, wenn gefraget wird: Ob ein weltlicher Regent seiner Gemahlin Schwester heyrathen, oder seinen Unterthanen dergleichen Ehen zulassen, oder darinnen dispensiren könne? Wegen dieser Frage aber haben die Unsrigen sich nun fast in die siebentzig Jahr herum gebissen, und sind darinnen noch nicht einig. 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Denn obschon Chemnitius zu seiner Zeit nicht alleine wie oben gedacht, deutlich gezeiget, daß die Ehe kein Sacrament sey, auch weitläufftig gewiesen, daß die Lehre der Catholischen von denen sieben Sacramenten erst von denen Scholasticis auf das Tapet gebracht, und mit vielen thörichten Ursachen vertheydiget worden sey; ja ob er schon sehr ingeniös, dabeneben aber denen Catholischen etwas empfindlich anführet, daß nach ihren Grund-Sätzen auch die Babylonische Hure und das siebenköpfigte Thier, darauf sie reitet, ein Sacrament seyn müste; (Siehe dessen ausführlichen locum in notis ad Lancelottum p. 607. seq.) Ja obgleich der berühmte und wohlbekannte Autor, der sich Jesuwald Pickhart genennet, in seinem Anno 1586. publicirten Bienen-Korb des heil. Römischen Reichs Imen-Schwarms in dem andern Capitel des dritten Stücks p. 163. sq. noch viel empfindlicher und ingeniöser die Lehre des Papstthums von sieben Sacramenten und insonderheit vom Sacrament der Ehe fürgestellet; so finden sich doch noch heute unter uns so wohl Theologi als Juristen, die die aus solchen Haupt-Irrthum allein herfliessende conclusiones zu vertheydigen sich höchlich angelegen seyn lassen. Ich habe deßwegen meine obige Anmerckungen zu erläutern mich für andern des Exempels von der Ehescheidung des Königs in Engeland Henrici IIX. bedienet. Denn da war die Frage von der Heyrath mit des Brudern Wittibe. Dieser Controvers kömmt diejenige sehr nahe, wenn gefraget wird: Ob ein weltlicher Regent seiner Gemahlin Schwester heyrathen, oder seinen Unterthanen dergleichen Ehen zulassen, oder darinnen dispensiren könne? Wegen dieser Frage aber haben die Unsrigen sich nun fast in die siebentzig Jahr herum gebissen, und sind darinnen noch nicht einig. Ja man muß sich von Hertzen betrüben, wenn man die deswegen edirte Zanck-Schrifften durchsiehet, davon ich die Historie, so kurtz als es möglich ist, ietzo vorstellen will.</p> </div> </body> </text> </TEI> [275/0283]
chen, durch welche er sein thema beweisen wollen, auch selbst aus dem Königreich Engeland, ist doch billich sehr zu verwundern, warum er des Exempels von der Ehescheidung des Henrici IIX. nicht mit einer eintzigen Sylbe gedacht.
§. XIII. Und was brauchen wir es, daß wir uns umb argumenta wieder die Catholischen Scribenten in Ehe-Sachen so sehre bekümmern, da doch unter uns selbst noch grobe Brocken von diesen Irrthümern herrschen, und man der weltlichen Obrigkeit hier und dar ihr Recht in Ehe-Sachen in Zweiffel ziehet, und ihr solches zu nehmen oder zu verringern bemühet ist. Denn obschon Chemnitius zu seiner Zeit nicht alleine wie oben gedacht, deutlich gezeiget, daß die Ehe kein Sacrament sey, auch weitläufftig gewiesen, daß die Lehre der Catholischen von denen sieben Sacramenten erst von denen Scholasticis auf das Tapet gebracht, und mit vielen thörichten Ursachen vertheydiget worden sey; ja ob er schon sehr ingeniös, dabeneben aber denen Catholischen etwas empfindlich anführet, daß nach ihren Grund-Sätzen auch die Babylonische Hure und das siebenköpfigte Thier, darauf sie reitet, ein Sacrament seyn müste; (Siehe dessen ausführlichen locum in notis ad Lancelottum p. 607. seq.) Ja obgleich der berühmte und wohlbekannte Autor, der sich Jesuwald Pickhart genennet, in seinem Anno 1586. publicirten Bienen-Korb des heil. Römischen Reichs Imen-Schwarms in dem andern Capitel des dritten Stücks p. 163. sq. noch viel empfindlicher und ingeniöser die Lehre des Papstthums von sieben Sacramenten und insonderheit vom Sacrament der Ehe fürgestellet; so finden sich doch noch heute unter uns so wohl Theologi als Juristen, die die aus solchen Haupt-Irrthum allein herfliessende conclusiones zu vertheydigen sich höchlich angelegen seyn lassen. Ich habe deßwegen meine obige Anmerckungen zu erläutern mich für andern des Exempels von der Ehescheidung des Königs in Engeland Henrici IIX. bedienet. Denn da war die Frage von der Heyrath mit des Brudern Wittibe. Dieser Controvers kömmt diejenige sehr nahe, wenn gefraget wird: Ob ein weltlicher Regent seiner Gemahlin Schwester heyrathen, oder seinen Unterthanen dergleichen Ehen zulassen, oder darinnen dispensiren könne? Wegen dieser Frage aber haben die Unsrigen sich nun fast in die siebentzig Jahr herum gebissen, und sind darinnen noch nicht einig. Ja man muß sich von Hertzen betrüben, wenn man die deswegen edirte Zanck-Schrifften durchsiehet, davon ich die Historie, so kurtz als es möglich ist, ietzo vorstellen will.
Starcke reliquien Päpstischer Lehren von Ehesachen bey den Unsrigen.
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