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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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Farinac. qv. 54. n. 208. seq.

Nec obstat, daß Frau Maria bey diesen delicto selbst correa ist. Denn zu geschweigen, quod ad defensionem rei admittantur testes alias plane inhabiles

Idem Farinac. qv. 62. n. 90. seqq. & qv. 56. n. 73.

& de crimine accusati

Idem Farinacius d. qv. 56. n. 179. ubi notanter: si enim ille, qui vere apparet criminosus, admittitur, multo magis debet admitti ille, qui solum est de erimine accusatus & hoc non habet difficultatem.

so ist bey gegenwärtigen casu dieses wohl zu beobachten, daß wieder Frau Marien Vogtin gar kein beständig indicium verhanden, sondern Sie nothwendig vel simpliciter vel certe cum conditione absolviret werden muß. Wann nun dieses geschehen, so fällt alle suspicio von Ihr weg, und kan Sie alsdenn hernach, cum desierit esse inquisita, gar wohl dieses Puncts halber, als testis eydlich vernommen werden.

So mangelt es auch der Inquisitae an probationibus artificialibus nicht. Denn (1) weiset beykommender rotulus sub . daß Anna kurtz zuvor, ehe Sie das Kind bekommen, aus dem Backhause über die Schwelle gar harte auff den Leib gefallen, und darüber sehr erschrocken

vide deposit. test. 2. ad art. 2. 3. 4. 5. 6. & 7.

(2) daß in partu Catharina R. (die Käse-Mutter) die Ihr Annen auff den Leib gefühlet, nicht das geringste empfunden, daß Sich in den Leibe gereget habe,

vid. deposit. ejus ad art. 11. & 12.

welches doch sonst nicht wohl möglich gewesen wäre, wenn das Kind in utero noch gelebet hätte, auch gar leicht geschehen können, daß durch diesen harten Fall das Kind erschlagen worden. (3) So setzet Inquisita zu Beweisung, daß Ihr Kind todt auff die Welt kommen, diesen Schluß: Pulmones infantis exacti in aqua sub mersi sunt, Ergo infans extra uterum nunquam vixit. Jenes ist facti, und wird durch Herr D. Schreyers Aussage erwiesen

Vol. 2. fol. 73. ubi ad art. 2. Der Barbierer hätte in seinen Beyseyn die Section verrichtet, und die Lunge in das Wasser geworffen & ad art. 3. ja (die Lunge sey untergesuncken,) und solches hätte der Herr Amtsverwalter und alle anwesende mit angesehen

dieses ist eine wohl gegründete Meinung und principium Dominorum Medicorum, welche nicht nur mit herrlichen rationibus, sondern auch mit guten unverwerflichen experimentis behauptet wird

Denn da hat nicht nur offterwehnter Herr D. Schreyer diese Meinung sufficienter deduciret,

in beykommender deduction sub A. auff welche er sich in der Aussage ad articulum 4. fol. 73. Vol. 2. beziehet, verbis: Was diesen Articul belangete, hätte er die Meinung vorlängst in einer langen deduction Herrn Hanß Heinrichen schrifftlich ausgestellet, worauff er Sich nochmabls beziehen thäte.
Farinac. qv. 54. n. 208. seq.

Nec obstat, daß Frau Maria bey diesen delicto selbst correa ist. Denn zu geschweigen, quod ad defensionem rei admittantur testes alias plane inhabiles

Idem Farinac. qv. 62. n. 90. seqq. & qv. 56. n. 73.

& de crimine accusati

Idem Farinacius d. qv. 56. n. 179. ubi notanter: si enim ille, qui vere apparet criminosus, admittitur, multo magis debet admitti ille, qui solum est de erimine accusatus & hoc non habet difficultatem.

so ist bey gegenwärtigen casu dieses wohl zu beobachten, daß wieder Frau Marien Vogtin gar kein beständig indicium verhanden, sondern Sie nothwendig vel simpliciter vel certe cum conditione absolviret werden muß. Wann nun dieses geschehen, so fällt alle suspicio von Ihr weg, und kan Sie alsdenn hernach, cum desierit esse inquisita, gar wohl dieses Puncts halber, als testis eydlich vernommen werden.

So mangelt es auch der Inquisitae an probationibus artificialibus nicht. Denn (1) weiset beykommender rotulus sub . daß Anna kurtz zuvor, ehe Sie das Kind bekommen, aus dem Backhause über die Schwelle gar harte auff den Leib gefallen, und darüber sehr erschrocken

vide deposit. test. 2. ad art. 2. 3. 4. 5. 6. & 7.

(2) daß in partu Catharina R. (die Käse-Mutter) die Ihr Annen auff den Leib gefühlet, nicht das geringste empfunden, daß Sich in den Leibe gereget habe,

vid. deposit. ejus ad art. 11. & 12.

welches doch sonst nicht wohl möglich gewesen wäre, wenn das Kind in utero noch gelebet hätte, auch gar leicht geschehen können, daß durch diesen harten Fall das Kind erschlagen worden. (3) So setzet Inquisita zu Beweisung, daß Ihr Kind todt auff die Welt kommen, diesen Schluß: Pulmones infantis exacti in aqua sub mersi sunt, Ergo infans extra uterum nunquam vixit. Jenes ist facti, und wird durch Herr D. Schreyers Aussage erwiesen

Vol. 2. fol. 73. ubi ad art. 2. Der Barbierer hätte in seinen Beyseyn die Section verrichtet, und die Lunge in das Wasser geworffen & ad art. 3. ja (die Lunge sey untergesuncken,) und solches hätte der Herr Amtsverwalter und alle anwesende mit angesehen

dieses ist eine wohl gegründete Meinung und principium Dominorum Medicorum, welche nicht nur mit herrlichen rationibus, sondern auch mit guten unverwerflichen experimentis behauptet wird

Denn da hat nicht nur offterwehnter Herr D. Schreyer diese Meinung sufficienter deduciret,

in beykommender deduction sub A. auff welche er sich in der Aussage ad articulum 4. fol. 73. Vol. 2. beziehet, verbis: Was diesen Articul belangete, hätte er die Meinung vorlängst in einer langen deduction Herrn Hanß Heinrichen schrifftlich ausgestellet, worauff er Sich nochmabls beziehen thäte.
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        <p>Nec obstat, daß Frau Maria bey diesen delicto selbst correa ist. Denn zu                      geschweigen, quod ad defensionem rei admittantur testes alias plane inhabiles</p>
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        <p>&amp; de crimine accusati</p>
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        <p>so ist bey gegenwärtigen casu dieses wohl zu beobachten, daß wieder Frau Marien                      Vogtin gar kein beständig indicium verhanden, sondern Sie nothwendig vel                      simpliciter vel certe cum conditione absolviret werden muß. Wann nun dieses                      geschehen, so fällt alle suspicio von Ihr weg, und kan Sie alsdenn hernach, cum                      desierit esse inquisita, gar wohl dieses Puncts halber, als testis eydlich                      vernommen werden.</p>
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        <p>welches doch sonst nicht wohl möglich gewesen wäre, wenn das Kind in utero noch                      gelebet hätte, auch gar leicht geschehen können, daß durch diesen harten Fall                      das Kind erschlagen worden. (3) So setzet Inquisita zu Beweisung, daß Ihr Kind                      todt auff die Welt kommen, diesen Schluß: Pulmones infantis exacti in aqua sub                      mersi sunt, Ergo infans extra uterum nunquam vixit. Jenes ist facti, und wird                      durch Herr D. Schreyers Aussage erwiesen</p>
        <l>Vol. 2. fol. 73. ubi ad art. 2. Der Barbierer hätte in seinen Beyseyn die Section                      verrichtet, und die Lunge in das Wasser geworffen &amp; ad art. 3. ja (die                      Lunge sey untergesuncken,) und solches hätte der Herr Amtsverwalter und alle                      anwesende mit angesehen</l>
        <p>dieses ist eine wohl gegründete Meinung und principium Dominorum Medicorum,                      welche nicht nur mit herrlichen rationibus, sondern auch mit guten                      unverwerflichen experimentis behauptet wird</p>
        <p>Denn da hat nicht nur offterwehnter Herr D. Schreyer diese Meinung sufficienter                      deduciret,</p>
        <l>in beykommender deduction sub A. auff welche er sich in der Aussage ad articulum                      4. fol. 73. Vol. 2. beziehet, verbis: Was diesen Articul belangete, hätte er die                      Meinung vorlängst in einer langen deduction Herrn Hanß Heinrichen schrifftlich                      ausgestellet, worauff er Sich nochmabls beziehen thäte.</l>
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[70/0086] Farinac. qv. 54. n. 208. seq. Nec obstat, daß Frau Maria bey diesen delicto selbst correa ist. Denn zu geschweigen, quod ad defensionem rei admittantur testes alias plane inhabiles Idem Farinac. qv. 62. n. 90. seqq. & qv. 56. n. 73. & de crimine accusati Idem Farinacius d. qv. 56. n. 179. ubi notanter: si enim ille, qui vere apparet criminosus, admittitur, multo magis debet admitti ille, qui solum est de erimine accusatus & hoc non habet difficultatem. so ist bey gegenwärtigen casu dieses wohl zu beobachten, daß wieder Frau Marien Vogtin gar kein beständig indicium verhanden, sondern Sie nothwendig vel simpliciter vel certe cum conditione absolviret werden muß. Wann nun dieses geschehen, so fällt alle suspicio von Ihr weg, und kan Sie alsdenn hernach, cum desierit esse inquisita, gar wohl dieses Puncts halber, als testis eydlich vernommen werden. So mangelt es auch der Inquisitae an probationibus artificialibus nicht. Denn (1) weiset beykommender rotulus sub . daß Anna kurtz zuvor, ehe Sie das Kind bekommen, aus dem Backhause über die Schwelle gar harte auff den Leib gefallen, und darüber sehr erschrocken vide deposit. test. 2. ad art. 2. 3. 4. 5. 6. & 7. (2) daß in partu Catharina R. (die Käse-Mutter) die Ihr Annen auff den Leib gefühlet, nicht das geringste empfunden, daß Sich in den Leibe gereget habe, vid. deposit. ejus ad art. 11. & 12. welches doch sonst nicht wohl möglich gewesen wäre, wenn das Kind in utero noch gelebet hätte, auch gar leicht geschehen können, daß durch diesen harten Fall das Kind erschlagen worden. (3) So setzet Inquisita zu Beweisung, daß Ihr Kind todt auff die Welt kommen, diesen Schluß: Pulmones infantis exacti in aqua sub mersi sunt, Ergo infans extra uterum nunquam vixit. Jenes ist facti, und wird durch Herr D. Schreyers Aussage erwiesen Vol. 2. fol. 73. ubi ad art. 2. Der Barbierer hätte in seinen Beyseyn die Section verrichtet, und die Lunge in das Wasser geworffen & ad art. 3. ja (die Lunge sey untergesuncken,) und solches hätte der Herr Amtsverwalter und alle anwesende mit angesehen dieses ist eine wohl gegründete Meinung und principium Dominorum Medicorum, welche nicht nur mit herrlichen rationibus, sondern auch mit guten unverwerflichen experimentis behauptet wird Denn da hat nicht nur offterwehnter Herr D. Schreyer diese Meinung sufficienter deduciret, in beykommender deduction sub A. auff welche er sich in der Aussage ad articulum 4. fol. 73. Vol. 2. beziehet, verbis: Was diesen Articul belangete, hätte er die Meinung vorlängst in einer langen deduction Herrn Hanß Heinrichen schrifftlich ausgestellet, worauff er Sich nochmabls beziehen thäte.

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/86>, abgerufen am 26.04.2024.