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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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welches alles auf solche Art nicht würde zugegangen seyn, wenn sie Frau Maria mit der Tochter de malo facinore perpetrando sich beredet gehabt, und mit Ihr colludiret hätte. Hier ist nun leicht zu erachten, wie der guten Frau Marien zu Muthe gewesen, und Sie müsse erschrocken seyn, als Sie, welches Sie bißher nicht geglaubet, befunden, daß Ihre Tochter schwanger und Ihre Geburts-Stunde so nahe sey, ja als gar das Kind, ehe Sie Frau Maria sich vollend ausziehen, und Ihr der Tochter zu helffen sich praepariren können, alsbald in continenti da gewesen.

vid. respons. Fr. Marien Vogtin ad art. 12. & 16. Vol. 2. fol. 63.

jedoch ist auch bey der Geburth des Kindes nichts vorgangen, wordurch das Kind hätte verwarloset werden können. Denn Anna hat das Kind also liegend in Bette bekommen

Ita respond. Fr. Maria ad art. 15. Vol. 2. fol. 63. b. & Anna ad artic. 17. fol. 67. b.

da es also an nichts hartes angestossen, wodurch es etwa verletzet worden, die Frau Maria aber hätte die Nabel-Schnure an den Kinde gerne verbinden wollen, wenn es lebendig gewesen wäre, und geblutet hätte

ad art. 25. fol 64. b.

aber so ist das Kind alsbald todt auff die Welt kommen, und hat gantz grünlicht als verweset ausgesehen

Fr. Maria ad art 18. & 24. fol. 63. b. & 64 a. Anna ad art. 15. & 25. fol. 67. b. & 68. b.

Verhoffentlich ist per hactenus allata sufficienter ausgeführet, daß das Indicium, welches ex art. 131. Constitutionis Carolinae in causis infanticidii fürnemlich attendiret wird, auf Annen nicht appliciret werden könte. Solte aber über verhoffen denen Herrn Urtheilsfassern noch einig dubium residiren, so wird doch selbiges durch folgende probationes, daß das Kind todt auf die Welt gekommen, gäntzlich gehoben werden, und Inquisitae Unschuld hervor blicken.

Der Beweiß und Bescheinigung einer Sache bestehet entweder ex argumentis artificialibus aut inartificialibus, scilicet testibus & Instrumentis.

Durch Instrumenta kan zwar Inculpata nicht erweisen, daß das Kind todt auff die Welt kommen sey, so scheinet es auch, daß durch testes dißfalls nichts erwiesen werden könne, weil niemand bey dem partu ausser die Frau Mutter gewesen; Alleine warum Frauen Marien Ihre itzt referirte Aussage

ad art. 18. & 24. fol. 63, b. & 64. a.

bey dreser Sache gantz und gar nicht attendiret werden solle, kan man nicht absehen. Denn ob Sie gleich testis unica, correa adeo suspecta, & non jurata ist; So ist doch bekant, quod testis unicus etiam ad rei defensionem & probandam eius innocentiam sufficiat

Farrinac. de test. quaest. 63. n. 42.

etiam si sit ex parentibus rei

welches alles auf solche Art nicht würde zugegangen seyn, wenn sie Frau Maria mit der Tochter de malo facinore perpetrando sich beredet gehabt, und mit Ihr colludiret hätte. Hier ist nun leicht zu erachten, wie der guten Frau Marien zu Muthe gewesen, und Sie müsse erschrocken seyn, als Sie, welches Sie bißher nicht geglaubet, befunden, daß Ihre Tochter schwanger und Ihre Geburts-Stunde so nahe sey, ja als gar das Kind, ehe Sie Frau Maria sich vollend ausziehen, und Ihr der Tochter zu helffen sich praepariren können, alsbald in continenti da gewesen.

vid. respons. Fr. Marien Vogtin ad art. 12. & 16. Vol. 2. fol. 63.

jedoch ist auch bey der Geburth des Kindes nichts vorgangen, wordurch das Kind hätte verwarloset werden können. Denn Anna hat das Kind also liegend in Bette bekommen

Ita respond. Fr. Maria ad art. 15. Vol. 2. fol. 63. b. & Anna ad artic. 17. fol. 67. b.

da es also an nichts hartes angestossen, wodurch es etwa verletzet worden, die Frau Maria aber hätte die Nabel-Schnure an den Kinde gerne verbinden wollen, wenn es lebendig gewesen wäre, und geblutet hätte

ad art. 25. fol 64. b.

aber so ist das Kind alsbald todt auff die Welt kommen, und hat gantz grünlicht als verweset ausgesehen

Fr. Maria ad art 18. & 24. fol. 63. b. & 64 a. Anna ad art. 15. & 25. fol. 67. b. & 68. b.

Verhoffentlich ist per hactenus allata sufficienter ausgeführet, daß das Indicium, welches ex art. 131. Constitutionis Carolinae in causis infanticidii fürnemlich attendiret wird, auf Annen nicht appliciret werden könte. Solte aber über verhoffen denen Herrn Urtheilsfassern noch einig dubium residiren, so wird doch selbiges durch folgende probationes, daß das Kind todt auf die Welt gekommen, gäntzlich gehoben werden, und Inquisitae Unschuld hervor blicken.

Der Beweiß und Bescheinigung einer Sache bestehet entweder ex argumentis artificialibus aut inartificialibus, scilicet testibus & Instrumentis.

Durch Instrumenta kan zwar Inculpata nicht erweisen, daß das Kind todt auff die Welt kommen sey, so scheinet es auch, daß durch testes dißfalls nichts erwiesen werden könne, weil niemand bey dem partu ausser die Frau Mutter gewesen; Alleine warum Frauen Marien Ihre itzt referirte Aussage

ad art. 18. & 24. fol. 63, b. & 64. a.

bey dreser Sache gantz und gar nicht attendiret werden solle, kan man nicht absehen. Denn ob Sie gleich testis unica, correa adeo suspecta, & non jurata ist; So ist doch bekant, quod testis unicus etiam ad rei defensionem & probandam eius innocentiam sufficiat

Farrinac. de test. quaest. 63. n. 42.

etiam si sit ex parentibus rei

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        <p>Verhoffentlich ist per hactenus allata sufficienter ausgeführet, daß das                      Indicium, welches ex art. 131. Constitutionis Carolinae in causis infanticidii                      fürnemlich attendiret wird, auf Annen nicht appliciret werden könte. Solte aber                      über verhoffen denen Herrn Urtheilsfassern noch einig dubium residiren, so wird                      doch selbiges durch folgende probationes, daß das Kind todt auf die Welt                      gekommen, gäntzlich gehoben werden, und Inquisitae Unschuld hervor blicken.</p>
        <p>Der Beweiß und Bescheinigung einer Sache bestehet entweder ex argumentis                      artificialibus aut inartificialibus, scilicet testibus &amp; Instrumentis.</p>
        <p>Durch Instrumenta kan zwar Inculpata nicht erweisen, daß das Kind todt auff die                      Welt kommen sey, so scheinet es auch, daß durch testes dißfalls nichts erwiesen                      werden könne, weil niemand bey dem partu ausser die Frau Mutter gewesen; Alleine                      warum Frauen Marien Ihre itzt referirte Aussage</p>
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[69/0085] welches alles auf solche Art nicht würde zugegangen seyn, wenn sie Frau Maria mit der Tochter de malo facinore perpetrando sich beredet gehabt, und mit Ihr colludiret hätte. Hier ist nun leicht zu erachten, wie der guten Frau Marien zu Muthe gewesen, und Sie müsse erschrocken seyn, als Sie, welches Sie bißher nicht geglaubet, befunden, daß Ihre Tochter schwanger und Ihre Geburts-Stunde so nahe sey, ja als gar das Kind, ehe Sie Frau Maria sich vollend ausziehen, und Ihr der Tochter zu helffen sich praepariren können, alsbald in continenti da gewesen. vid. respons. Fr. Marien Vogtin ad art. 12. & 16. Vol. 2. fol. 63. jedoch ist auch bey der Geburth des Kindes nichts vorgangen, wordurch das Kind hätte verwarloset werden können. Denn Anna hat das Kind also liegend in Bette bekommen Ita respond. Fr. Maria ad art. 15. Vol. 2. fol. 63. b. & Anna ad artic. 17. fol. 67. b. da es also an nichts hartes angestossen, wodurch es etwa verletzet worden, die Frau Maria aber hätte die Nabel-Schnure an den Kinde gerne verbinden wollen, wenn es lebendig gewesen wäre, und geblutet hätte ad art. 25. fol 64. b. aber so ist das Kind alsbald todt auff die Welt kommen, und hat gantz grünlicht als verweset ausgesehen Fr. Maria ad art 18. & 24. fol. 63. b. & 64 a. Anna ad art. 15. & 25. fol. 67. b. & 68. b. Verhoffentlich ist per hactenus allata sufficienter ausgeführet, daß das Indicium, welches ex art. 131. Constitutionis Carolinae in causis infanticidii fürnemlich attendiret wird, auf Annen nicht appliciret werden könte. Solte aber über verhoffen denen Herrn Urtheilsfassern noch einig dubium residiren, so wird doch selbiges durch folgende probationes, daß das Kind todt auf die Welt gekommen, gäntzlich gehoben werden, und Inquisitae Unschuld hervor blicken. Der Beweiß und Bescheinigung einer Sache bestehet entweder ex argumentis artificialibus aut inartificialibus, scilicet testibus & Instrumentis. Durch Instrumenta kan zwar Inculpata nicht erweisen, daß das Kind todt auff die Welt kommen sey, so scheinet es auch, daß durch testes dißfalls nichts erwiesen werden könne, weil niemand bey dem partu ausser die Frau Mutter gewesen; Alleine warum Frauen Marien Ihre itzt referirte Aussage ad art. 18. & 24. fol. 63, b. & 64. a. bey dreser Sache gantz und gar nicht attendiret werden solle, kan man nicht absehen. Denn ob Sie gleich testis unica, correa adeo suspecta, & non jurata ist; So ist doch bekant, quod testis unicus etiam ad rei defensionem & probandam eius innocentiam sufficiat Farrinac. de test. quaest. 63. n. 42. etiam si sit ex parentibus rei

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/85>, abgerufen am 26.04.2024.