Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

lich auff diejenigen, so von der Schwangerschafft geredet, böse und ungehalten gewesen: Aber sie habe Ihrer Tochter nicht den Einschlag gegeben, daß Sie Ihre Schwängerung heimlich halten solte. Da nun Ihre Tochter Anna den Tag, als Sie nebst der andern Tochter auff den Kindtauffen gewesen, zur Kindes-Noth kranck worden, hätte Sie nicht eher als biß Sie nach Hause kommen, davon Nachrichterhalten; habe auch zu diesem Ende, daß Sie bey Ihrer Tochter Geburt-Zeit seyn möchte, sich nicht nach Hause begeben: Sey auch erst umb 1. Uhr, da schon alles zu Bette gewesen, nach Hause kommen. Sie habe auch mit der Tochter keine Abrede genommen, daß wenn die Geburts-Zeit herbey käme, man Sie die Mutter darzu hohlen lassen solte; indem die Tochter die Schwängerung niemahls gestanden. Inzwischen habe Ihre Tochter bald nach Ihrer Ankunfft ein Kind zur Welt gebohren weibliches Geschlechts, das aber nicht lebendig gewesen, sondern todt auff die Welt kommen, und wäre kein bißgen Leben an Ihm zu verspüren gewesen, die Tochter habe in Bette gelegen, und sey das Kind also liegend von Ihr kommen. Sie die Mutter hätte der Tochter dabey keine hülffliche Hand geleistet, sondern als Sie zu der Tochter kommen und sich ausgezogen, wäre das Kind gleich von Ihr der Tochter kommen. Sie habe das Kind in ein weiß Tüchlein eingebunden und in eine Lade gelegt. Sie habe das Kind nicht umbgebracht, und hätten weder Sie noch die Tochter Hand an das Kind geleget, viel weniger hätte Sie Ihre Tochter dazu verleitet, das Kind zu ermorden; noch die Tochter Sie die Mutter gebeten, das Kind nicht umbzubringen, sondern es Ihr zu lassen. Sie habe Ihr lebetage daran nicht gedacht, weniger sey davon zwischen Ihnen geredet worden; obwohl das letzte eine fliegende Rede unter dem Bauer-Volcke gewesen. Die Nabelschnur hätte Sie dem Kinde nicht verbunden, indem das Kind schon todt gewesen, und gantz grünlicht wie verweset, ausgesehen. Mit Fleiß und zu dem Ende wäre solches nicht geschehen, daß sich das Kind verbluten sollen. Wenn es lebendig gewesen, und geblutet hätte, hätte Sie es wohl verbinden wollen; so aber hätte Sie kein bißgen Blut gesehen, gantz und gar nicht. Sie wisse nicht, wer dem Kinde die daran befundenen Stiche zugefüget; Da solle Sie GOtt für behüten, daß Sie solches solte gethan haben. Was hätte Sie einem todten Kinde abstechen sollen. Daß Kind habe Sie in ein weiß Tüchlein eingewickelt, und in das Gärtgen begraben: Es habe Ihr hierzu niemand hülffliche Hand geleistet: das Löchelgen, worein Sie es gelegt, wäre schon vorher gewesen, indem Merrettich alda ausgegraben worden: Sie habe gemeinet, die Erde wäre alle des Herrn; Was hätte Sie mit dem todten Kinde machen sollen. Negat: daß Sie der Köchin, die das Kind ausgegraben, zuentbieten lassen, Sie solte sagen, daß Sie das kleine Vogelspießgen bey dem ausgraben gebraucht: ingleichen: daß Sie Ihr ein Stück Geldes bieten lassen, damit sie sich weg machen solte: Sie habe nichts davon gewust, wie Sie das Kind ausgegraben hätten.

lich auff diejenigen, so von der Schwangerschafft geredet, böse und ungehalten gewesen: Aber sie habe Ihrer Tochter nicht den Einschlag gegeben, daß Sie Ihre Schwängerung heimlich halten solte. Da nun Ihre Tochter Anna den Tag, als Sie nebst der andern Tochter auff den Kindtauffen gewesen, zur Kindes-Noth kranck worden, hätte Sie nicht eher als biß Sie nach Hause kommen, davon Nachrichterhalten; habe auch zu diesem Ende, daß Sie bey Ihrer Tochter Geburt-Zeit seyn möchte, sich nicht nach Hause begeben: Sey auch erst umb 1. Uhr, da schon alles zu Bette gewesen, nach Hause kommen. Sie habe auch mit der Tochter keine Abrede genommen, daß wenn die Geburts-Zeit herbey käme, man Sie die Mutter darzu hohlen lassen solte; indem die Tochter die Schwängerung niemahls gestanden. Inzwischen habe Ihre Tochter bald nach Ihrer Ankunfft ein Kind zur Welt gebohren weibliches Geschlechts, das aber nicht lebendig gewesen, sondern todt auff die Welt kommen, und wäre kein bißgen Leben an Ihm zu verspüren gewesen, die Tochter habe in Bette gelegen, und sey das Kind also liegend von Ihr kommen. Sie die Mutter hätte der Tochter dabey keine hülffliche Hand geleistet, sondern als Sie zu der Tochter kommen und sich ausgezogen, wäre das Kind gleich von Ihr der Tochter kommen. Sie habe das Kind in ein weiß Tüchlein eingebunden und in eine Lade gelegt. Sie habe das Kind nicht umbgebracht, und hätten weder Sie noch die Tochter Hand an das Kind geleget, viel weniger hätte Sie Ihre Tochter dazu verleitet, das Kind zu ermorden; noch die Tochter Sie die Mutter gebeten, das Kind nicht umbzubringen, sondern es Ihr zu lassen. Sie habe Ihr lebetage daran nicht gedacht, weniger sey davon zwischen Ihnen geredet worden; obwohl das letzte eine fliegende Rede unter dem Bauer-Volcke gewesen. Die Nabelschnur hätte Sie dem Kinde nicht verbunden, indem das Kind schon todt gewesen, und gantz grünlicht wie verweset, ausgesehen. Mit Fleiß und zu dem Ende wäre solches nicht geschehen, daß sich das Kind verbluten sollen. Wenn es lebendig gewesen, und geblutet hätte, hätte Sie es wohl verbinden wollen; so aber hätte Sie kein bißgen Blut gesehen, gantz und gar nicht. Sie wisse nicht, wer dem Kinde die daran befundenen Stiche zugefüget; Da solle Sie GOtt für behüten, daß Sie solches solte gethan haben. Was hätte Sie einem todten Kinde abstechen sollen. Daß Kind habe Sie in ein weiß Tüchlein eingewickelt, und in das Gärtgen begraben: Es habe Ihr hierzu niemand hülffliche Hand geleistet: das Löchelgen, worein Sie es gelegt, wäre schon vorher gewesen, indem Merrettich alda ausgegraben worden: Sie habe gemeinet, die Erde wäre alle des Herrn; Was hätte Sie mit dem todten Kinde machen sollen. Negat: daß Sie der Köchin, die das Kind ausgegraben, zuentbieten lassen, Sie solte sagen, daß Sie das kleine Vogelspießgen bey dem ausgraben gebraucht: ingleichen: daß Sie Ihr ein Stück Geldes bieten lassen, damit sie sich weg machen solte: Sie habe nichts davon gewust, wie Sie das Kind ausgegraben hätten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0055" n="39"/>
lich auff diejenigen, so von der                      Schwangerschafft geredet, böse und ungehalten gewesen: Aber sie habe Ihrer                      Tochter nicht den Einschlag gegeben, daß Sie Ihre Schwängerung heimlich halten                      solte. Da nun Ihre Tochter Anna den Tag, als Sie nebst der andern Tochter auff                      den Kindtauffen gewesen, zur Kindes-Noth kranck worden, hätte Sie nicht eher als                      biß Sie nach Hause kommen, davon Nachrichterhalten; habe auch zu diesem Ende,                      daß Sie bey Ihrer Tochter Geburt-Zeit seyn möchte, sich nicht nach Hause                      begeben: Sey auch erst umb 1. Uhr, da schon alles zu Bette gewesen, nach Hause                      kommen. Sie habe auch mit der Tochter keine Abrede genommen, daß wenn die                      Geburts-Zeit herbey käme, man Sie die Mutter darzu hohlen lassen solte; indem                      die Tochter die Schwängerung niemahls gestanden. Inzwischen habe Ihre Tochter                      bald nach Ihrer Ankunfft ein Kind zur Welt gebohren weibliches Geschlechts, das                      aber nicht lebendig gewesen, sondern todt auff die Welt kommen, und wäre kein                      bißgen Leben an Ihm zu verspüren gewesen, die Tochter habe in Bette gelegen, und                      sey das Kind also liegend von Ihr kommen. Sie die Mutter hätte der Tochter dabey                      keine hülffliche Hand geleistet, sondern als Sie zu der Tochter kommen und sich                      ausgezogen, wäre das Kind gleich von Ihr der Tochter kommen. Sie habe das Kind                      in ein weiß Tüchlein eingebunden und in eine Lade gelegt. Sie habe das Kind                      nicht umbgebracht, und hätten weder Sie noch die Tochter Hand an das Kind                      geleget, viel weniger hätte Sie Ihre Tochter dazu verleitet, das Kind zu                      ermorden; noch die Tochter Sie die Mutter gebeten, das Kind nicht umbzubringen,                      sondern es Ihr zu lassen. Sie habe Ihr lebetage daran nicht gedacht, weniger sey                      davon zwischen Ihnen geredet worden; obwohl das letzte eine fliegende Rede unter                      dem Bauer-Volcke gewesen. Die Nabelschnur hätte Sie dem Kinde nicht verbunden,                      indem das Kind schon todt gewesen, und gantz grünlicht wie verweset, ausgesehen.                      Mit Fleiß und zu dem Ende wäre solches nicht geschehen, daß sich das Kind                      verbluten sollen. Wenn es lebendig gewesen, und geblutet hätte, hätte Sie es                      wohl verbinden wollen; so aber hätte Sie kein bißgen Blut gesehen, gantz und gar                      nicht. Sie wisse nicht, wer dem Kinde die daran befundenen Stiche zugefüget; Da                      solle Sie GOtt für behüten, daß Sie solches solte gethan haben. Was hätte Sie                      einem todten Kinde abstechen sollen. Daß Kind habe Sie in ein weiß Tüchlein                      eingewickelt, und in das Gärtgen begraben: Es habe Ihr hierzu niemand hülffliche                      Hand geleistet: das Löchelgen, worein Sie es gelegt, wäre schon vorher gewesen,                      indem Merrettich alda ausgegraben worden: Sie habe gemeinet, die Erde wäre alle                      des Herrn; Was hätte Sie mit dem todten Kinde machen sollen. Negat: daß Sie der                      Köchin, die das Kind ausgegraben, zuentbieten lassen, Sie solte sagen, daß Sie                      das kleine Vogelspießgen bey dem ausgraben gebraucht: ingleichen: daß Sie Ihr                      ein Stück Geldes bieten lassen, damit sie sich weg machen solte: Sie habe nichts                      davon gewust, wie Sie das Kind ausgegraben hätten.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0055] lich auff diejenigen, so von der Schwangerschafft geredet, böse und ungehalten gewesen: Aber sie habe Ihrer Tochter nicht den Einschlag gegeben, daß Sie Ihre Schwängerung heimlich halten solte. Da nun Ihre Tochter Anna den Tag, als Sie nebst der andern Tochter auff den Kindtauffen gewesen, zur Kindes-Noth kranck worden, hätte Sie nicht eher als biß Sie nach Hause kommen, davon Nachrichterhalten; habe auch zu diesem Ende, daß Sie bey Ihrer Tochter Geburt-Zeit seyn möchte, sich nicht nach Hause begeben: Sey auch erst umb 1. Uhr, da schon alles zu Bette gewesen, nach Hause kommen. Sie habe auch mit der Tochter keine Abrede genommen, daß wenn die Geburts-Zeit herbey käme, man Sie die Mutter darzu hohlen lassen solte; indem die Tochter die Schwängerung niemahls gestanden. Inzwischen habe Ihre Tochter bald nach Ihrer Ankunfft ein Kind zur Welt gebohren weibliches Geschlechts, das aber nicht lebendig gewesen, sondern todt auff die Welt kommen, und wäre kein bißgen Leben an Ihm zu verspüren gewesen, die Tochter habe in Bette gelegen, und sey das Kind also liegend von Ihr kommen. Sie die Mutter hätte der Tochter dabey keine hülffliche Hand geleistet, sondern als Sie zu der Tochter kommen und sich ausgezogen, wäre das Kind gleich von Ihr der Tochter kommen. Sie habe das Kind in ein weiß Tüchlein eingebunden und in eine Lade gelegt. Sie habe das Kind nicht umbgebracht, und hätten weder Sie noch die Tochter Hand an das Kind geleget, viel weniger hätte Sie Ihre Tochter dazu verleitet, das Kind zu ermorden; noch die Tochter Sie die Mutter gebeten, das Kind nicht umbzubringen, sondern es Ihr zu lassen. Sie habe Ihr lebetage daran nicht gedacht, weniger sey davon zwischen Ihnen geredet worden; obwohl das letzte eine fliegende Rede unter dem Bauer-Volcke gewesen. Die Nabelschnur hätte Sie dem Kinde nicht verbunden, indem das Kind schon todt gewesen, und gantz grünlicht wie verweset, ausgesehen. Mit Fleiß und zu dem Ende wäre solches nicht geschehen, daß sich das Kind verbluten sollen. Wenn es lebendig gewesen, und geblutet hätte, hätte Sie es wohl verbinden wollen; so aber hätte Sie kein bißgen Blut gesehen, gantz und gar nicht. Sie wisse nicht, wer dem Kinde die daran befundenen Stiche zugefüget; Da solle Sie GOtt für behüten, daß Sie solches solte gethan haben. Was hätte Sie einem todten Kinde abstechen sollen. Daß Kind habe Sie in ein weiß Tüchlein eingewickelt, und in das Gärtgen begraben: Es habe Ihr hierzu niemand hülffliche Hand geleistet: das Löchelgen, worein Sie es gelegt, wäre schon vorher gewesen, indem Merrettich alda ausgegraben worden: Sie habe gemeinet, die Erde wäre alle des Herrn; Was hätte Sie mit dem todten Kinde machen sollen. Negat: daß Sie der Köchin, die das Kind ausgegraben, zuentbieten lassen, Sie solte sagen, daß Sie das kleine Vogelspießgen bey dem ausgraben gebraucht: ingleichen: daß Sie Ihr ein Stück Geldes bieten lassen, damit sie sich weg machen solte: Sie habe nichts davon gewust, wie Sie das Kind ausgegraben hätten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/55
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/55>, abgerufen am 19.04.2024.