Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.
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Was hat dir traumt? zeig mir das an. Micillus erschrack ob dem Han, Und sprach du Teuffelisch Gespenst, Ich beschwer dich, daß du dich nenst, Wer du seyst? bist kein rechter Hahn Der Hahn antwort: wiß lieber Mann Platonis Seel die ist in mich Jetzund gefahren warhafftiglich, Des weisen Manns ich dir anzeug, Deines frölichen Traums nur stillschweig Wenn du erkenst deines Gfattern neben, Sein elend armuthseliges Leben, So wünschest du dir nit sein Gut, Samt sein armuthseligen Mut; Wolauf und geh eilend mit mir, Sein gut Leben will ich zeigen dir. Der Hahn führet Micillum aus, Hin num in seines G'fattren Hauß, Alle Schloß gingen gegen ihm auff So kamen sie die Steigen nauf Hinzu des reichen Manns Schreibstuben Da sahens sitzen den geitzigen Buben, Bey einem finstren Kertzen Licht Mit gantz traurigem Angesicht, Er wund sein Hand schwer mütigleich, Und war erblichen wie ein Leich, Seine Schuldbücher um ihn lagen Drein sah er, und was traurig sagen: Weh mir ob meinem Hertzeleyd, Mein Böden liegen voll Getreyd, Daran da leit mir Geldes viel, Und doch kein Theurung kommen will, Daß es mir trug zwifachen G'win, Und geht die Zeit ohn Nutzung hin, Denn es hat auch vor den acht Tagen Das Korn wieder abgeschlagen Mich hat auch noch nicht zahlet der, Die Frist doch lang verschienen wer, [Spaltenumbruch]
Dem ich auf Pfand geliehen hab, Auch schlägt das Gold jetzt wieder ab, Und dazu auch die grobe Müntz, Ich gewin an hundert kaum ein Untz, Auch fällt mir ein vor vierzehn Tagen Hat mir einer sechs Pfund entragen, Auch geht mir groß Lohn auf mein Knecht Ich fürcht, sie dienen mir nicht recht, Mich dünckt, wie sie mir in den Tagen Haben etliche Schermüle abgetragen, Dergleich die Mägd fressen und naschen, Und abtragen, was sie erhaschen. Eins theils G'sind ich urlauben will, Im Hauß so geht mir auff so viel, Ich muß mein Zehrung machen linder, Mein Frau trägt mir auch so viel Kinder, Deß muß ich erst kargen und spahren, Mein Handel trägt nit wie vor Jahren, Ich gwin jetzt kaum den halben Theil, Mir ist verschwunden Glück und Heil. Ey, Ey, Ey, Ey, wo soll ich naus? Ach ich muß lauffen gar von Hauß, Und kratzt sich hefftig in dem Kopf, Der alte karge geitzig Tropf, Sprach ich bin gantz und gar verdorben, Mir wär nichts besser denn gestorben, In einem Brunnen oder Strang Mir ist von gantzem Hertzen bang, Mein Hertz das schreuet Zetter Waffen Ich mag nicht essen, ruhn, noch schlaffen, Weil ich mein Schatz nit mehren kan, Wie ich vor Jahren hab gethan, Bin ich je arm und sehr elend, Und neiget sein Kopf in die Händ. Zu Micillo, so sprach der Hahn: Wie gefällt dir der reiche Mann Samt seinem armuthseligen Leben, Sag ihm, wollstu ihm dafür geben
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Was hat dir traumt? zeig mir das an. Micillus erschrack ob dem Han, Und sprach du Teuffelisch Gespenst, Ich beschwer dich, daß du dich nenst, Wer du seyst? bist kein rechter Hahn Der Hahn antwort: wiß lieber Mann Platonis Seel die ist in mich Jetzund gefahren warhafftiglich, Des weisen Manns ich dir anzeug, Deines frölichen Traums nur stillschweig Wenn du erkenst deines Gfattern neben, Sein elend armuthseliges Leben, So wünschest du dir nit sein Gut, Samt sein armuthseligen Mut; Wolauf und geh eilend mit mir, Sein gut Leben will ich zeigen dir. Der Hahn führet Micillum aus, Hin num in seines G’fattren Hauß, Alle Schloß gingen gegen ihm auff So kamen sie die Steigen nauf Hinzu des reichen Manns Schreibstuben Da sahens sitzen den geitzigen Buben, Bey einem finstren Kertzen Licht Mit gantz traurigem Angesicht, Er wund sein Hand schwer mütigleich, Und war erblichen wie ein Leich, Seine Schuldbücher um ihn lagen Drein sah er, und was traurig sagen: Weh mir ob meinem Hertzeleyd, Mein Böden liegen voll Getreyd, Daran da leit mir Geldes viel, Und doch kein Theurung kommen will, Daß es mir trug zwifachen G’win, Und geht die Zeit ohn Nutzung hin, Denn es hat auch vor den acht Tagen Das Korn wieder abgeschlagen Mich hat auch noch nicht zahlet der, Die Frist doch lang verschienen wer, [Spaltenumbruch]
Dem ich auf Pfand geliehen hab, Auch schlägt das Gold jetzt wieder ab, Und dazu auch die grobe Müntz, Ich gewin an hundert kaum ein Untz, Auch fällt mir ein vor vierzehn Tagen Hat mir einer sechs Pfund entragen, Auch geht mir groß Lohn auf mein Knecht Ich fürcht, sie dienen mir nicht recht, Mich dünckt, wie sie mir in den Tagen Haben etliche Schermüle abgetragen, Dergleich die Mägd fressen und naschen, Und abtragen, was sie erhaschen. Eins theils G’sind ich urlauben will, Im Hauß so geht mir auff so viel, Ich muß mein Zehrung machen linder, Mein Frau trägt mir auch so viel Kinder, Deß muß ich erst kargen und spahren, Mein Handel trägt nit wie vor Jahren, Ich gwin jetzt kaum den halben Theil, Mir ist verschwunden Glück und Heil. Ey, Ey, Ey, Ey, wo soll ich naus? Ach ich muß lauffen gar von Hauß, Und kratzt sich hefftig in dem Kopf, Der alte karge geitzig Tropf, Sprach ich bin gantz und gar verdorben, Mir wär nichts besser denn gestorben, In einem Brunnen oder Strang Mir ist von gantzem Hertzen bang, Mein Hertz das schreuet Zetter Waffen Ich mag nicht essen, ruhn, noch schlaffen, Weil ich mein Schatz nit mehren kan, Wie ich vor Jahren hab gethan, Bin ich je arm und sehr elend, Und neiget sein Kopf in die Händ. Zu Micillo, so sprach der Hahn: Wie gefällt dir der reiche Mann Samt seinem armuthseligen Leben, Sag ihm, wollstu ihm dafür geben
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Was hat dir traumt? zeig mir das an. Micillus erschrack ob dem Han, Und sprach du Teuffelisch Gespenst, Ich beschwer dich, daß du dich nenst, Wer du seyst? bist kein rechter Hahn Der Hahn antwort: wiß lieber Mann Platonis Seel die ist in mich Jetzund gefahren warhafftiglich, Des weisen Manns ich dir anzeug, Deines frölichen Traums nur stillschweig Wenn du erkenst deines Gfattern neben, Sein elend armuthseliges Leben, So wünschest du dir nit sein Gut, Samt sein armuthseligen Mut; Wolauf und geh eilend mit mir, Sein gut Leben will ich zeigen dir. Der Hahn führet Micillum aus, Hin num in seines G’fattren Hauß, Alle Schloß gingen gegen ihm auff So kamen sie die Steigen nauf Hinzu des reichen Manns Schreibstuben Da sahens sitzen den geitzigen Buben, Bey einem finstren Kertzen Licht Mit gantz traurigem Angesicht, Er wund sein Hand schwer mütigleich, Und war erblichen wie ein Leich, Seine Schuldbücher um ihn lagen Drein sah er, und was traurig sagen: Weh mir ob meinem Hertzeleyd, Mein Böden liegen voll Getreyd, Daran da leit mir Geldes viel, Und doch kein Theurung kommen will, Daß es mir trug zwifachen G’win, Und geht die Zeit ohn Nutzung hin, Denn es hat auch vor den acht Tagen Das Korn wieder abgeschlagen Mich hat auch noch nicht zahlet der, Die Frist doch lang verschienen wer,
Dem ich auf Pfand geliehen hab, Auch schlägt das Gold jetzt wieder ab, Und dazu auch die grobe Müntz, Ich gewin an hundert kaum ein Untz, Auch fällt mir ein vor vierzehn Tagen Hat mir einer sechs Pfund entragen, Auch geht mir groß Lohn auf mein Knecht Ich fürcht, sie dienen mir nicht recht, Mich dünckt, wie sie mir in den Tagen Haben etliche Schermüle abgetragen, Dergleich die Mägd fressen und naschen, Und abtragen, was sie erhaschen. Eins theils G’sind ich urlauben will, Im Hauß so geht mir auff so viel, Ich muß mein Zehrung machen linder, Mein Frau trägt mir auch so viel Kinder, Deß muß ich erst kargen und spahren, Mein Handel trägt nit wie vor Jahren, Ich gwin jetzt kaum den halben Theil, Mir ist verschwunden Glück und Heil. Ey, Ey, Ey, Ey, wo soll ich naus? Ach ich muß lauffen gar von Hauß, Und kratzt sich hefftig in dem Kopf, Der alte karge geitzig Tropf, Sprach ich bin gantz und gar verdorben, Mir wär nichts besser denn gestorben, In einem Brunnen oder Strang Mir ist von gantzem Hertzen bang, Mein Hertz das schreuet Zetter Waffen Ich mag nicht essen, ruhn, noch schlaffen, Weil ich mein Schatz nit mehren kan, Wie ich vor Jahren hab gethan, Bin ich je arm und sehr elend, Und neiget sein Kopf in die Händ. Zu Micillo, so sprach der Hahn: Wie gefällt dir der reiche Mann Samt seinem armuthseligen Leben, Sag ihm, wollstu ihm dafür geben
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