Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.Lebenslang zu conserviren, und bey vorfallenden Gelegenheiten, durch desinteressirte und willige Dienste zu beweisen: daß un honnet Homme & un veritable Chretien ich bin, Euer Hoch-Edlen Meiner Hochgeehrtesten Herren Friedland d. 20. Octbr. 1717. gehorsamst ergebenster Diener Titius. §. XV. Was dünckt nun dem geehrten Leser bey dieser Gegenschrifft,General Mangel dieser Gegenschrifft, daß selbige keinen vernünfftigen Zweck haben könne. und wem giebt er recht, unserm Herrn Quaerenten, oder unsern Responso? Er kan mir seine Gedancken bey guter Gelegenheit melden, ich will ihm die Meinigen auffrichtig sagen. Ich erzürnete mich gantz nicht über den Herrn Quaerenten, wegen der hämischen Anzügligkeiten, die er in dieser Gegenschrifft so wohl wieder unsere Facultät, als absonderlich wieder mich sich darinnen gebrauchet, sondern ich hatte ein hertzliches Mitleiden mit ihn, weil ich darinnen von Anfang biß zu Ende, auf das glimpfflichste zu reden ne micam quidem judicii antraffe. Dieses auff das kürtzeste, als es möglich ist vorzustellen, so möchte ich wohl anfangs und überhaupt gerne wissen, zu was Ende er diese Gegenschrifft an uns abgehen lassen? Meinete er etwan, daß wir uns mit ihm einlassen, und wieder eine Gegenschrifft oder Replic ihm wieder zuschicken solten? die Collegia Juridica müsten viel zu thun haben, wenn sie ihre Responsa oder Urtheil, die denen sie fragenden oder unter sich streitenden Partheyen nicht anstehen, wieder dieser ihr Gebelle vertheydigen solten, zumahlen wenn sie ihre rationes ausführlich beygefügt, und selbige von denen disgoustirten, wie hier geschehen, nicht mit den geringsten Gegengründen beantwortet worden. Kluge Leute pflegen vielmehr, wenn ihnen dergleichen Responsa oder Urtheile nicht anstehen, sich zu bemühen, daß sie von andern Collegiis Juridicis Responsa oder Urtheile erhalten, die die rationes decidendi der ihnen nicht anstehenden Responsorum refutiren, und sie folgends diese zuletzt erhaltene Responsa für sich produciren, die ersten aber an sich behalten und selbige cachiren. Warum thate nun der Herr Quaerent dieses nicht auch? getrauete er sich von andern Collegiis keines zubekommen? ey warum hoffete er denn, daß unsere Facultät die einige seyn solte, die seine armseelige Atheisterey entschuldigen oder vertheidigen solte? Ja warum erzürnete er sich denn über dieselbe, da er gewahr wurde, daß sie auff eben dem Schlag ihm antwortete, wie er sich von andern Collegiis Juridicis befürchtet hatte? Noch grösser aber blick- Lebenslang zu conserviren, und bey vorfallenden Gelegenheiten, durch desinteressirte und willige Dienste zu beweisen: daß un honnêt Homme & un veritable Chretien ich bin, Euer Hoch-Edlen Meiner Hochgeehrtesten Herren Friedland d. 20. Octbr. 1717. gehorsamst ergebenster Diener Titius. §. XV. Was dünckt nun dem geehrten Leser bey dieser Gegenschrifft,General Mangel dieser Gegenschrifft, daß selbige keinen vernünfftigen Zweck haben könne. und wem giebt er recht, unserm Herrn Quaerenten, oder unsern Responso? Er kan mir seine Gedancken bey guter Gelegenheit melden, ich will ihm die Meinigen auffrichtig sagen. Ich erzürnete mich gantz nicht über den Herrn Quaerenten, wegen der hämischen Anzügligkeiten, die er in dieser Gegenschrifft so wohl wieder unsere Facultät, als absonderlich wieder mich sich darinnen gebrauchet, sondern ich hatte ein hertzliches Mitleiden mit ihn, weil ich darinnen von Anfang biß zu Ende, auf das glimpfflichste zu reden ne micam quidem judicii antraffe. Dieses auff das kürtzeste, als es möglich ist vorzustellen, so möchte ich wohl anfangs und überhaupt gerne wissen, zu was Ende er diese Gegenschrifft an uns abgehen lassen? Meinete er etwan, daß wir uns mit ihm einlassen, und wieder eine Gegenschrifft oder Replic ihm wieder zuschicken solten? die Collegia Juridica müsten viel zu thun haben, wenn sie ihre Responsa oder Urtheil, die denen sie fragenden oder unter sich streitenden Partheyen nicht anstehen, wieder dieser ihr Gebelle vertheydigen solten, zumahlen wenn sie ihre rationes ausführlich beygefügt, und selbige von denen disgoustirten, wie hier geschehen, nicht mit den geringsten Gegengründen beantwortet worden. Kluge Leute pflegen vielmehr, wenn ihnen dergleichen Responsa oder Urtheile nicht anstehen, sich zu bemühen, daß sie von andern Collegiis Juridicis Responsa oder Urtheile erhalten, die die rationes decidendi der ihnen nicht anstehenden Responsorum refutiren, und sie folgends diese zuletzt erhaltene Responsa für sich produciren, die ersten aber an sich behalten und selbige cachiren. Warum thate nun der Herr Quaerent dieses nicht auch? getrauete er sich von andern Collegiis keines zubekommen? ey warum hoffete er denn, daß unsere Facultät die einige seyn solte, die seine armseelige Atheisterey entschuldigen oder vertheidigen solte? Ja warum erzürnete er sich denn über dieselbe, da er gewahr wurde, daß sie auff eben dem Schlag ihm antwortete, wie er sich von andern Collegiis Juridicis befürchtet hatte? Noch grösser aber blick- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0309" n="293"/> Lebenslang zu conserviren, und bey vorfallenden Gelegenheiten, durch desinteressirte und willige Dienste zu beweisen: daß un honnêt Homme & un veritable Chretien ich bin,</p> <p>Euer Hoch-Edlen</p> <p>Meiner Hochgeehrtesten Herren</p> <p>Friedland d. 20. Octbr. 1717.</p> <p>gehorsamst ergebenster Diener Titius.</p> <p>§. XV. Was dünckt nun dem geehrten Leser bey dieser Gegenschrifft,<note place="right">General Mangel dieser Gegenschrifft, daß selbige keinen vernünfftigen Zweck haben könne.</note> und wem giebt er recht, unserm Herrn Quaerenten, oder unsern Responso? Er kan mir seine Gedancken bey guter Gelegenheit melden, ich will ihm die Meinigen auffrichtig sagen. Ich erzürnete mich gantz nicht über den Herrn Quaerenten, wegen der hämischen Anzügligkeiten, die er in dieser Gegenschrifft so wohl wieder unsere Facultät, als absonderlich wieder mich sich darinnen gebrauchet, sondern ich hatte ein hertzliches Mitleiden mit ihn, weil ich darinnen von Anfang biß zu Ende, auf das glimpfflichste zu reden ne micam quidem judicii antraffe. Dieses auff das kürtzeste, als es möglich ist vorzustellen, so möchte ich wohl anfangs und überhaupt gerne wissen, zu was Ende er diese Gegenschrifft an uns abgehen lassen? Meinete er etwan, daß wir uns mit ihm einlassen, und wieder eine Gegenschrifft oder Replic ihm wieder zuschicken solten? die Collegia Juridica müsten viel zu thun haben, wenn sie ihre Responsa oder Urtheil, die denen sie fragenden oder unter sich streitenden Partheyen nicht anstehen, wieder dieser ihr Gebelle vertheydigen solten, zumahlen wenn sie ihre rationes ausführlich beygefügt, und selbige von denen disgoustirten, wie hier geschehen, nicht mit den geringsten Gegengründen beantwortet worden. Kluge Leute pflegen vielmehr, wenn ihnen dergleichen Responsa oder Urtheile nicht anstehen, sich zu bemühen, daß sie von andern Collegiis Juridicis Responsa oder Urtheile erhalten, die die rationes decidendi der ihnen nicht anstehenden Responsorum refutiren, und sie folgends diese zuletzt erhaltene Responsa für sich produciren, die ersten aber an sich behalten und selbige cachiren. Warum thate nun der Herr Quaerent dieses nicht auch? getrauete er sich von andern Collegiis keines zubekommen? ey warum hoffete er denn, daß unsere Facultät die einige seyn solte, die seine armseelige Atheisterey entschuldigen oder vertheidigen solte? Ja warum erzürnete er sich denn über dieselbe, da er gewahr wurde, daß sie auff eben dem Schlag ihm antwortete, wie er sich von andern Collegiis Juridicis befürchtet hatte? Noch grösser aber blick- </p> </div> </body> </text> </TEI> [293/0309]
Lebenslang zu conserviren, und bey vorfallenden Gelegenheiten, durch desinteressirte und willige Dienste zu beweisen: daß un honnêt Homme & un veritable Chretien ich bin,
Euer Hoch-Edlen
Meiner Hochgeehrtesten Herren
Friedland d. 20. Octbr. 1717.
gehorsamst ergebenster Diener Titius.
§. XV. Was dünckt nun dem geehrten Leser bey dieser Gegenschrifft, und wem giebt er recht, unserm Herrn Quaerenten, oder unsern Responso? Er kan mir seine Gedancken bey guter Gelegenheit melden, ich will ihm die Meinigen auffrichtig sagen. Ich erzürnete mich gantz nicht über den Herrn Quaerenten, wegen der hämischen Anzügligkeiten, die er in dieser Gegenschrifft so wohl wieder unsere Facultät, als absonderlich wieder mich sich darinnen gebrauchet, sondern ich hatte ein hertzliches Mitleiden mit ihn, weil ich darinnen von Anfang biß zu Ende, auf das glimpfflichste zu reden ne micam quidem judicii antraffe. Dieses auff das kürtzeste, als es möglich ist vorzustellen, so möchte ich wohl anfangs und überhaupt gerne wissen, zu was Ende er diese Gegenschrifft an uns abgehen lassen? Meinete er etwan, daß wir uns mit ihm einlassen, und wieder eine Gegenschrifft oder Replic ihm wieder zuschicken solten? die Collegia Juridica müsten viel zu thun haben, wenn sie ihre Responsa oder Urtheil, die denen sie fragenden oder unter sich streitenden Partheyen nicht anstehen, wieder dieser ihr Gebelle vertheydigen solten, zumahlen wenn sie ihre rationes ausführlich beygefügt, und selbige von denen disgoustirten, wie hier geschehen, nicht mit den geringsten Gegengründen beantwortet worden. Kluge Leute pflegen vielmehr, wenn ihnen dergleichen Responsa oder Urtheile nicht anstehen, sich zu bemühen, daß sie von andern Collegiis Juridicis Responsa oder Urtheile erhalten, die die rationes decidendi der ihnen nicht anstehenden Responsorum refutiren, und sie folgends diese zuletzt erhaltene Responsa für sich produciren, die ersten aber an sich behalten und selbige cachiren. Warum thate nun der Herr Quaerent dieses nicht auch? getrauete er sich von andern Collegiis keines zubekommen? ey warum hoffete er denn, daß unsere Facultät die einige seyn solte, die seine armseelige Atheisterey entschuldigen oder vertheidigen solte? Ja warum erzürnete er sich denn über dieselbe, da er gewahr wurde, daß sie auff eben dem Schlag ihm antwortete, wie er sich von andern Collegiis Juridicis befürchtet hatte? Noch grösser aber blick-
General Mangel dieser Gegenschrifft, daß selbige keinen vernünfftigen Zweck haben könne.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/309>, abgerufen am 24.07.2024. |