Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

die Liebhaber des Tobacks sich einbilden. Brandtewein macht truncken, und wenn er übermäßig gebraucht wird, und eine Gewohnheit dazu kömmt, sind solche Leute fast gar nicht nüchtern, und sind also in stetswährender Gefahr, ohne Bereuung Ihrer Sünden in der Trunckenheit hingerissen zu werden, oder Ihre Ehre, Amt und Nahrung zu verlieren, wie es dem Priester in gegenwärtigen casu gangen, auch besorglich andern, die nicht Priester seyn, gegangen ist, und noch gehen kan, wenn Ihre lectiones, responsa, Schrifften, Carmina, u. s. w. nach Brandtewein oder Toback (oder auch nach Wein, Duckstein, Merseburger, Löbejüner u. s. w.) riechen, denn du must nicht meinen, daß ich den Brandtewein und Toback alleine für so gefährlich halte. Es ist zwar wahr, der Schnup-Toback und Rauch-Toback (wenn dieser bey warmen Wasser, und keinen trunckend machenden Geträncke gebraucht wird) verleitet auch die excedentes nicht, daß Sie in Seelen-Gefahr lauffen, oder den Verlust Ihrer einmahl erlangten Ehre zu besorgen hätten; Aber es verhindert doch dieser unmäßige Gebrauch unstreitig junge und der Beförderung noch dürfftige Leute, daß Sie schwerlich dazu gelangen können, die aber schon dazu gelanget sind, hindert es öffters, daß Sie nicht ferner befördert werden.

§. V. Wie ist aber nun diesem Ubel zu helffen: Principiis obsta, seroVornehmstes und fast eintziges Mittel wieder diesen Mißbrauch. medicina paratur: Gib achten auff dich: Merckestu, daß du des dir sonst nöthigen und gesunden Brandteweins, Tobacks, Weins, Biers etc. zuviel thust, und immer noch mehr thun wilst, oder es warnen dich andre, setze dir eine gewisse dosin, die du nicht überschreitest, oder wenn du Sie bey einer ausserordentlichen Gelegenheit in etwas, auch ohne Völlerey überschritten hast, continuire nicht ferner, vielweniger avancire noch weiter, sondern laß je eher je lieber wieder ab. Denn wenn die Gewohnheit allzusehr überhand genommen, so stehet es hernach in deinem Vermögen nicht, wie die vielen Exempel vieler honneten Leute beweisen, die Ihre Tobacks-Dosen wegschencken, und sich dadurch von dem vielen Gebrauch des Schnup-Tobacks befreyen wollen, aber alles vergebens. Ich habe einen jungen Menschen gekant, der seine studia fast absolviret hatte, und sonst von bescheidenen moribus war, aber das Toback Rauchen sich so angewöhnet hatte, daß von frühe morgens biß Abends das Licht deßhalb auf seinem Tische stund, dergestalt, daß er auch alle lectiones, bloß deßwegen darüber versäumete, weil er Zeit derselben seine Tobacks-Pfeiffe nicht anstecken durfte. Indessen hielte er keine Gefellschafft sonderlich, sondern studirte bey der Tobacks-Pfeiffe in Juristischen, Historischen, Politischen Büchern. Ich riethe ihm, da ich es zwar vor unmöglich hielte, daß er rebus sic stanti-

die Liebhaber des Tobacks sich einbilden. Brandtewein macht truncken, und wenn er übermäßig gebraucht wird, und eine Gewohnheit dazu kömmt, sind solche Leute fast gar nicht nüchtern, und sind also in stetswährender Gefahr, ohne Bereuung Ihrer Sünden in der Trunckenheit hingerissen zu werden, oder Ihre Ehre, Amt und Nahrung zu verlieren, wie es dem Priester in gegenwärtigen casu gangen, auch besorglich andern, die nicht Priester seyn, gegangen ist, und noch gehen kan, wenn Ihre lectiones, responsa, Schrifften, Carmina, u. s. w. nach Brandtewein oder Toback (oder auch nach Wein, Duckstein, Merseburger, Löbejüner u. s. w.) riechen, denn du must nicht meinen, daß ich den Brandtewein und Toback alleine für so gefährlich halte. Es ist zwar wahr, der Schnup-Toback und Rauch-Toback (wenn dieser bey warmen Wasser, und keinen trunckend machenden Geträncke gebraucht wird) verleitet auch die excedentes nicht, daß Sie in Seelen-Gefahr lauffen, oder den Verlust Ihrer einmahl erlangten Ehre zu besorgen hätten; Aber es verhindert doch dieser unmäßige Gebrauch unstreitig junge und der Beförderung noch dürfftige Leute, daß Sie schwerlich dazu gelangen können, die aber schon dazu gelanget sind, hindert es öffters, daß Sie nicht ferner befördert werden.

§. V. Wie ist aber nun diesem Ubel zu helffen: Principiis obsta, seroVornehmstes und fast eintziges Mittel wieder diesen Mißbrauch. medicina paratur: Gib achten auff dich: Merckestu, daß du des dir sonst nöthigen und gesunden Brandteweins, Tobacks, Weins, Biers etc. zuviel thust, und immer noch mehr thun wilst, oder es warnen dich andre, setze dir eine gewisse dosin, die du nicht überschreitest, oder wenn du Sie bey einer ausserordentlichen Gelegenheit in etwas, auch ohne Völlerey überschritten hast, continuire nicht ferner, vielweniger avancire noch weiter, sondern laß je eher je lieber wieder ab. Denn wenn die Gewohnheit allzusehr überhand genommen, so stehet es hernach in deinem Vermögen nicht, wie die vielen Exempel vieler honneten Leute beweisen, die Ihre Tobacks-Dosen wegschencken, und sich dadurch von dem vielen Gebrauch des Schnup-Tobacks befreyen wollen, aber alles vergebens. Ich habe einen jungen Menschen gekant, der seine studia fast absolviret hatte, und sonst von bescheidenen moribus war, aber das Toback Rauchen sich so angewöhnet hatte, daß von frühe morgens biß Abends das Licht deßhalb auf seinem Tische stund, dergestalt, daß er auch alle lectiones, bloß deßwegen darüber versäumete, weil er Zeit derselben seine Tobacks-Pfeiffe nicht anstecken durfte. Indessen hielte er keine Gefellschafft sonderlich, sondern studirte bey der Tobacks-Pfeiffe in Juristischen, Historischen, Politischen Büchern. Ich riethe ihm, da ich es zwar vor unmöglich hielte, daß er rebus sic stanti-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0237" n="221"/>
die Liebhaber des Tobacks sich                      einbilden. Brandtewein macht truncken, und wenn er übermäßig gebraucht wird, und                      eine Gewohnheit dazu kömmt, sind solche Leute fast gar nicht nüchtern, und sind                      also in stetswährender Gefahr, ohne Bereuung Ihrer Sünden in der Trunckenheit                      hingerissen zu werden, oder Ihre Ehre, Amt und Nahrung zu verlieren, wie es dem                      Priester in gegenwärtigen casu gangen, auch besorglich andern, die nicht                      Priester seyn, gegangen ist, und noch gehen kan, wenn Ihre lectiones, responsa,                      Schrifften, Carmina, u. s. w. nach Brandtewein oder Toback (oder auch nach Wein,                      Duckstein, Merseburger, Löbejüner u. s. w.) riechen, denn du must nicht meinen,                      daß ich den Brandtewein und Toback alleine für so gefährlich halte. Es ist zwar                      wahr, der Schnup-Toback und Rauch-Toback (wenn dieser bey warmen Wasser, und                      keinen trunckend machenden Geträncke gebraucht wird) verleitet auch die                      excedentes nicht, daß Sie in Seelen-Gefahr lauffen, oder den Verlust Ihrer                      einmahl erlangten Ehre zu besorgen hätten; Aber es verhindert doch dieser                      unmäßige Gebrauch unstreitig junge und der Beförderung noch dürfftige Leute, daß                      Sie schwerlich dazu gelangen können, die aber schon dazu gelanget sind, hindert                      es öffters, daß Sie nicht ferner befördert werden.</p>
        <p>§. V. Wie ist aber nun diesem Ubel zu helffen: Principiis obsta, sero<note place="right">Vornehmstes und fast eintziges Mittel wieder diesen                          Mißbrauch.</note> medicina paratur: Gib achten auff dich: Merckestu, daß du                      des dir sonst nöthigen und gesunden Brandteweins, Tobacks, Weins, Biers etc.                      zuviel thust, und immer noch mehr thun wilst, oder es warnen dich andre, setze                      dir eine gewisse dosin, die du nicht überschreitest, oder wenn du Sie bey einer                      ausserordentlichen Gelegenheit in etwas, auch ohne Völlerey überschritten hast,                      continuire nicht ferner, vielweniger avancire noch weiter, sondern laß je eher                      je lieber wieder ab. Denn wenn die Gewohnheit allzusehr überhand genommen, so                      stehet es hernach in deinem Vermögen nicht, wie die vielen Exempel vieler                      honneten Leute beweisen, die Ihre Tobacks-Dosen wegschencken, und sich dadurch                      von dem vielen Gebrauch des Schnup-Tobacks befreyen wollen, aber alles                      vergebens. Ich habe einen jungen Menschen gekant, der seine studia fast                      absolviret hatte, und sonst von bescheidenen moribus war, aber das Toback                      Rauchen sich so angewöhnet hatte, daß von frühe morgens biß Abends das Licht                      deßhalb auf seinem Tische stund, dergestalt, daß er auch alle lectiones, bloß                      deßwegen darüber versäumete, weil er Zeit derselben seine Tobacks-Pfeiffe nicht                      anstecken durfte. Indessen hielte er keine Gefellschafft sonderlich, sondern                      studirte bey der Tobacks-Pfeiffe in Juristischen, Historischen, Politischen                      Büchern. Ich riethe ihm, da ich es zwar vor unmöglich hielte, daß er rebus sic                              stanti-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0237] die Liebhaber des Tobacks sich einbilden. Brandtewein macht truncken, und wenn er übermäßig gebraucht wird, und eine Gewohnheit dazu kömmt, sind solche Leute fast gar nicht nüchtern, und sind also in stetswährender Gefahr, ohne Bereuung Ihrer Sünden in der Trunckenheit hingerissen zu werden, oder Ihre Ehre, Amt und Nahrung zu verlieren, wie es dem Priester in gegenwärtigen casu gangen, auch besorglich andern, die nicht Priester seyn, gegangen ist, und noch gehen kan, wenn Ihre lectiones, responsa, Schrifften, Carmina, u. s. w. nach Brandtewein oder Toback (oder auch nach Wein, Duckstein, Merseburger, Löbejüner u. s. w.) riechen, denn du must nicht meinen, daß ich den Brandtewein und Toback alleine für so gefährlich halte. Es ist zwar wahr, der Schnup-Toback und Rauch-Toback (wenn dieser bey warmen Wasser, und keinen trunckend machenden Geträncke gebraucht wird) verleitet auch die excedentes nicht, daß Sie in Seelen-Gefahr lauffen, oder den Verlust Ihrer einmahl erlangten Ehre zu besorgen hätten; Aber es verhindert doch dieser unmäßige Gebrauch unstreitig junge und der Beförderung noch dürfftige Leute, daß Sie schwerlich dazu gelangen können, die aber schon dazu gelanget sind, hindert es öffters, daß Sie nicht ferner befördert werden. §. V. Wie ist aber nun diesem Ubel zu helffen: Principiis obsta, sero medicina paratur: Gib achten auff dich: Merckestu, daß du des dir sonst nöthigen und gesunden Brandteweins, Tobacks, Weins, Biers etc. zuviel thust, und immer noch mehr thun wilst, oder es warnen dich andre, setze dir eine gewisse dosin, die du nicht überschreitest, oder wenn du Sie bey einer ausserordentlichen Gelegenheit in etwas, auch ohne Völlerey überschritten hast, continuire nicht ferner, vielweniger avancire noch weiter, sondern laß je eher je lieber wieder ab. Denn wenn die Gewohnheit allzusehr überhand genommen, so stehet es hernach in deinem Vermögen nicht, wie die vielen Exempel vieler honneten Leute beweisen, die Ihre Tobacks-Dosen wegschencken, und sich dadurch von dem vielen Gebrauch des Schnup-Tobacks befreyen wollen, aber alles vergebens. Ich habe einen jungen Menschen gekant, der seine studia fast absolviret hatte, und sonst von bescheidenen moribus war, aber das Toback Rauchen sich so angewöhnet hatte, daß von frühe morgens biß Abends das Licht deßhalb auf seinem Tische stund, dergestalt, daß er auch alle lectiones, bloß deßwegen darüber versäumete, weil er Zeit derselben seine Tobacks-Pfeiffe nicht anstecken durfte. Indessen hielte er keine Gefellschafft sonderlich, sondern studirte bey der Tobacks-Pfeiffe in Juristischen, Historischen, Politischen Büchern. Ich riethe ihm, da ich es zwar vor unmöglich hielte, daß er rebus sic stanti- Vornehmstes und fast eintziges Mittel wieder diesen Mißbrauch.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/237
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/237>, abgerufen am 24.04.2024.