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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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Tages geschehen war, und ich dieselbe durchlase, fing ein anderer, so mit in der Stube war, an zufragen: ob ich nicht von dem traurigen casu wüste, der zu N. mit dem Kindermord sich zu getragen hätte. Ich thate, als wenn mir nichts davon bewust wäre, machte auch dem referenten hier und da neue quaestiones und zum Theil dubia, bis der Actuarius loß brach und den Referenten defendirte, auch sich auf die auf den Tisch liegende Acten bezog, und mir eine gewisse passage darauf zu lesen selbige in die Hände gab. Ich machte neue Objectiones, und fragte dabey den Actuarium mit Bescheidenheit, ob Er mir meine Dubia zu heben, erlauben wolte die Acta fugitivo oculo zu durchlesen. Er verstattete mir solches und die Sache war in einer kleinen halben Stunde gethan, da ich dann bey Wiedergebnng der Acten selbst die Inquisiten pro maxime gravatis hielte, und dabey meldete, damit der Actuarius keinen Verdacht auf mich würffe, daß ich nicht glaubte, möglich zu seyn, daß ein Advocate mit Nachdruck die Inquisitinnen würde defendiren können, und schiede bald hernach davon.

Starcke Indicia wieder die Inquisitin nen.

§. IV. Und gewiß die Wahrheit zu sagen, so waren auch die Acta sehr bedencklich, und sagten noch zur Zeit wenig favorables für die Inquisitinnen aus. Ich will das Vornehmste drauß hieher setzen, wie ich selbige hernach suo tempore excerpiren lassen. FOL. 1. war des Amtmans zu Z. Verordnung an den Amtman zu P. von 8. Octobr. 1681. FOL. 2. Des Vice Cantzler Z. zu Z. Verordnung ad eundem sub eodem dato. FOL 3. war die Denuntiation des Priefters zu Pr. an den Amtmann zu Z. folgenden Innhalts:

P. P. Ingleichen berichte ich hiermit, daß jetzo umb 3. Uhr Nachmittage Herrn Hanß Heinrich N seine Köchin zu mir kommen und mir offenbahret, daß Sie nebenst den Hauß-Knecht ein Kindlein (ein Mägdlein, welches Herrn Hanß Heinrich N. Tochter gewesen seyn soll, die bißhero in Geschrey gewesen, daß Sie schwanger seyn soll,) in dem Würtz-Garten gefunden und ausgegraben. Das haben Sie in dem neuen Gebäude auf den Saal ins Ofen-Loch gelegt (Nota. Der Ofen hat eine Thür, daß nichts hineinkan) das Kind haben gesehen ein Tischer-Geselle von P. der Praeceptor, (der wird jetzo, oder morgen fortwandern,) die Käse-Mutter, die Zofe etc. Herr Hanß Heinrich und sein Weib aber wissen nicht, daß das Kind gefunden worden. Weilen nun periculum in mora, und damit das Kind nicht aus dem Wege geschafft werden möge, habe ich RATIONE OFFICII ET IUBENTE CONSCIENTIA es hiermit eilend berichten wollen. M. H. H. wird dißfalls Anordnung zu machen wissen. GOTT mit uns. D. 8. Oct. 1681.

FOL. 6. Registratur des Amtm. zu P. daß die Land-Gerichte hinaus geschickt worden, das todte Kind, welches Herr Hanß Heinrich N. älteste Toch-

Tages geschehen war, und ich dieselbe durchlase, fing ein anderer, so mit in der Stube war, an zufragen: ob ich nicht von dem traurigen casu wüste, der zu N. mit dem Kindermord sich zu getragen hätte. Ich thate, als wenn mir nichts davon bewust wäre, machte auch dem referenten hier und da neue quaestiones und zum Theil dubia, bis der Actuarius loß brach und den Referenten defendirte, auch sich auf die auf den Tisch liegende Acten bezog, und mir eine gewisse passage darauf zu lesen selbige in die Hände gab. Ich machte neue Objectiones, und fragte dabey den Actuarium mit Bescheidenheit, ob Er mir meine Dubia zu heben, erlauben wolte die Acta fugitivo oculo zu durchlesen. Er verstattete mir solches und die Sache war in einer kleinen halben Stunde gethan, da ich dann bey Wiedergebnng der Acten selbst die Inquisiten pro maxime gravatis hielte, und dabey meldete, damit der Actuarius keinen Verdacht auf mich würffe, daß ich nicht glaubte, möglich zu seyn, daß ein Advocate mit Nachdruck die Inquisitinnen würde defendiren können, und schiede bald hernach davon.

Starcke Indicia wieder die Inquisitin nen.

§. IV. Und gewiß die Wahrheit zu sagen, so waren auch die Acta sehr bedencklich, und sagten noch zur Zeit wenig favorables für die Inquisitinnen aus. Ich will das Vornehmste drauß hieher setzen, wie ich selbige hernach suo tempore excerpiren lassen. FOL. 1. war des Amtmans zu Z. Verordnung an den Amtman zu P. von 8. Octobr. 1681. FOL. 2. Des Vice Cantzler Z. zu Z. Verordnung ad eundem sub eodem dato. FOL 3. war die Denuntiation des Priefters zu Pr. an den Amtmann zu Z. folgenden Innhalts:

P. P. Ingleichen berichte ich hiermit, daß jetzo umb 3. Uhr Nachmittage Herrn Hanß Heinrich N seine Köchin zu mir kommen und mir offenbahret, daß Sie nebenst den Hauß-Knecht ein Kindlein (ein Mägdlein, welches Herrn Hanß Heinrich N. Tochter gewesen seyn soll, die bißhero in Geschrey gewesen, daß Sie schwanger seyn soll,) in dem Würtz-Garten gefunden und ausgegraben. Das haben Sie in dem neuen Gebäude auf den Saal ins Ofen-Loch gelegt (Nota. Der Ofen hat eine Thür, daß nichts hineinkan) das Kind haben gesehen ein Tischer-Geselle von P. der Praeceptor, (der wird jetzo, oder morgen fortwandern,) die Käse-Mutter, die Zofe etc. Herr Hanß Heinrich und sein Weib aber wissen nicht, daß das Kind gefunden worden. Weilen nun periculum in mora, und damit das Kind nicht aus dem Wege geschafft werden möge, habe ich RATIONE OFFICII ET IUBENTE CONSCIENTIA es hiermit eilend berichten wollen. M. H. H. wird dißfalls Anordnung zu machen wissen. GOTT mit uns. D. 8. Oct. 1681.

FOL. 6. Registratur des Amtm. zu P. daß die Land-Gerichte hinaus geschickt worden, das todte Kind, welches Herr Hanß Heinrich N. älteste Toch-
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[4/0020] Tages geschehen war, und ich dieselbe durchlase, fing ein anderer, so mit in der Stube war, an zufragen: ob ich nicht von dem traurigen casu wüste, der zu N. mit dem Kindermord sich zu getragen hätte. Ich thate, als wenn mir nichts davon bewust wäre, machte auch dem referenten hier und da neue quaestiones und zum Theil dubia, bis der Actuarius loß brach und den Referenten defendirte, auch sich auf die auf den Tisch liegende Acten bezog, und mir eine gewisse passage darauf zu lesen selbige in die Hände gab. Ich machte neue Objectiones, und fragte dabey den Actuarium mit Bescheidenheit, ob Er mir meine Dubia zu heben, erlauben wolte die Acta fugitivo oculo zu durchlesen. Er verstattete mir solches und die Sache war in einer kleinen halben Stunde gethan, da ich dann bey Wiedergebnng der Acten selbst die Inquisiten pro maxime gravatis hielte, und dabey meldete, damit der Actuarius keinen Verdacht auf mich würffe, daß ich nicht glaubte, möglich zu seyn, daß ein Advocate mit Nachdruck die Inquisitinnen würde defendiren können, und schiede bald hernach davon. §. IV. Und gewiß die Wahrheit zu sagen, so waren auch die Acta sehr bedencklich, und sagten noch zur Zeit wenig favorables für die Inquisitinnen aus. Ich will das Vornehmste drauß hieher setzen, wie ich selbige hernach suo tempore excerpiren lassen. FOL. 1. war des Amtmans zu Z. Verordnung an den Amtman zu P. von 8. Octobr. 1681. FOL. 2. Des Vice Cantzler Z. zu Z. Verordnung ad eundem sub eodem dato. FOL 3. war die Denuntiation des Priefters zu Pr. an den Amtmann zu Z. folgenden Innhalts: P. P. Ingleichen berichte ich hiermit, daß jetzo umb 3. Uhr Nachmittage Herrn Hanß Heinrich N seine Köchin zu mir kommen und mir offenbahret, daß Sie nebenst den Hauß-Knecht ein Kindlein (ein Mägdlein, welches Herrn Hanß Heinrich N. Tochter gewesen seyn soll, die bißhero in Geschrey gewesen, daß Sie schwanger seyn soll,) in dem Würtz-Garten gefunden und ausgegraben. Das haben Sie in dem neuen Gebäude auf den Saal ins Ofen-Loch gelegt (Nota. Der Ofen hat eine Thür, daß nichts hineinkan) das Kind haben gesehen ein Tischer-Geselle von P. der Praeceptor, (der wird jetzo, oder morgen fortwandern,) die Käse-Mutter, die Zofe etc. Herr Hanß Heinrich und sein Weib aber wissen nicht, daß das Kind gefunden worden. Weilen nun periculum in mora, und damit das Kind nicht aus dem Wege geschafft werden möge, habe ich RATIONE OFFICII ET IUBENTE CONSCIENTIA es hiermit eilend berichten wollen. M. H. H. wird dißfalls Anordnung zu machen wissen. GOTT mit uns. D. 8. Oct. 1681. FOL. 6. Registratur des Amtm. zu P. daß die Land-Gerichte hinaus geschickt worden, das todte Kind, welches Herr Hanß Heinrich N. älteste Toch-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/20>, abgerufen am 23.11.2024.