Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.Allerhand auserlesene Juristische Händel. I. Handel. Defension einer Frauens-Person, die wegen Kindermords verdächtig war. §. I. ANno 1681. mense Octobr. kömmt ein LeipzigerSummarisches Geschrey wegen des Kinder-Mords. Advocate nebst einen frembden, den er seinen Schwager nennete, zu mir, und spricht mich in Nahmen desselben an, Ihm in einer verdrießlichen affaire bedienet zu seyn, die in folgenden Umbständen bestünde. Gegenwärtiger Herr Hanß Heinrich hätte etl. Meilen von Leipzig etliche Schrifftsäßige Güter, allwo er sich bißhero mit seiner Ehfrauen und Töchtern auffgehalten; die älteste Tochter Anna habe sich leider von einem Knecht schwängern lassen, sie hätte aber ihre Schwangerschafft für ihm den Vater dergestalt geheim gehalten, daß er bewogen worden, diejenigen zu bedrohen, die diese seine Tochter dergl. beschuldigten. Indessen wäre die Geburts-Zeit dieser Tochter angekommen, als seine Ehfrau Marie nebst der jüngsten Tochter Marien Sophien in der Nachbarschafft auf einer Kindtauffe gewesen wäre, welches auch die Tochter Anna nicht eben geheim gehalten hätte. Es hätte sich aber verzogen, bis die Mutter des Abends nach Hause kommen, da habe die Tochter ein todtes Kind gebohren, welches seine Frau in der Stille in ein Gärtgen heimlich vergraben. Das Gesinde aber habe aus Boßheit das Kind wieder ausgegraben, wodurch die Sache bey der Regierung zu Z. angebracht, und von dar dem Amtmann zu P. anbefohlen worden, das Kind auffzuheben und zu inquiriren. Weilen nun verlauten wollen, als wenn der Amtmann zugleich Befehl bekommen, sich seiner Tochter und seiner Ehefrauen zu versichern; als hätten dieselben Allerhand auserlesene Juristische Händel. I. Handel. Defension einer Frauens-Person, die wegen Kindermords verdächtig war. §. I. ANno 1681. mense Octobr. kömmt ein LeipzigerSummarisches Geschrey wegen des Kinder-Mords. Advocate nebst einen frembden, den er seinen Schwager nennete, zu mir, und spricht mich in Nahmen desselben an, Ihm in einer verdrießlichen affaire bedienet zu seyn, die in folgenden Umbständen bestünde. Gegenwärtiger Herr Hanß Heinrich hätte etl. Meilen von Leipzig etliche Schrifftsäßige Güter, allwo er sich bißhero mit seiner Ehfrauen und Töchtern auffgehalten; die älteste Tochter Anna habe sich leider von einem Knecht schwängern lassen, sie hätte aber ihre Schwangerschafft für ihm den Vater dergestalt geheim gehalten, daß er bewogen worden, diejenigen zu bedrohen, die diese seine Tochter dergl. beschuldigten. Indessen wäre die Geburts-Zeit dieser Tochter angekommen, als seine Ehfrau Marie nebst der jüngsten Tochter Marien Sophien in der Nachbarschafft auf einer Kindtauffe gewesen wäre, welches auch die Tochter Anna nicht eben geheim gehalten hätte. Es hätte sich aber verzogen, bis die Mutter des Abends nach Hause kommen, da habe die Tochter ein todtes Kind gebohren, welches seine Frau in der Stille in ein Gärtgen heimlich vergraben. Das Gesinde aber habe aus Boßheit das Kind wieder ausgegraben, wodurch die Sache bey der Regierung zu Z. angebracht, und von dar dem Amtmann zu P. anbefohlen worden, das Kind auffzuheben und zu inquiriren. Weilen nun verlauten wollen, als wenn der Amtmann zugleich Befehl bekommen, sich seiner Tochter und seiner Ehefrauen zu versichern; als hätten dieselben <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0017"/> <p> </p> </div> <div> <head>Allerhand auserlesene Juristische Händel. I. Handel. Defension einer Frauens-Person, die wegen Kindermords verdächtig war.</head><lb/> </div> <div> <head>§. I.</head><lb/> <p>ANno 1681. mense Octobr. kömmt ein Leipziger<note place="right">Summarisches Geschrey wegen des Kinder-Mords.</note> Advocate nebst einen frembden, den er seinen Schwager nennete, zu mir, und spricht mich in Nahmen desselben an, Ihm in einer verdrießlichen affaire bedienet zu seyn, die in folgenden Umbständen bestünde. Gegenwärtiger Herr Hanß Heinrich hätte etl. Meilen von Leipzig etliche Schrifftsäßige Güter, allwo er sich bißhero mit seiner Ehfrauen und Töchtern auffgehalten; die älteste Tochter Anna habe sich leider von einem Knecht schwängern lassen, sie hätte aber ihre Schwangerschafft für ihm den Vater dergestalt geheim gehalten, daß er bewogen worden, diejenigen zu bedrohen, die diese seine Tochter dergl. beschuldigten. Indessen wäre die Geburts-Zeit dieser Tochter angekommen, als seine Ehfrau Marie nebst der jüngsten Tochter Marien Sophien in der Nachbarschafft auf einer Kindtauffe gewesen wäre, welches auch die Tochter Anna nicht eben geheim gehalten hätte. Es hätte sich aber verzogen, bis die Mutter des Abends nach Hause kommen, da habe die Tochter ein todtes Kind gebohren, welches seine Frau in der Stille in ein Gärtgen heimlich vergraben. Das Gesinde aber habe aus Boßheit das Kind wieder ausgegraben, wodurch die Sache bey der Regierung zu Z. angebracht, und von dar dem Amtmann zu P. anbefohlen worden, das Kind auffzuheben und zu inquiriren. Weilen nun verlauten wollen, als wenn der Amtmann zugleich Befehl bekommen, sich seiner Tochter und seiner Ehefrauen zu versichern; als hätten dieselben </p> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
Allerhand auserlesene Juristische Händel. I. Handel. Defension einer Frauens-Person, die wegen Kindermords verdächtig war.
§. I.
ANno 1681. mense Octobr. kömmt ein Leipziger Advocate nebst einen frembden, den er seinen Schwager nennete, zu mir, und spricht mich in Nahmen desselben an, Ihm in einer verdrießlichen affaire bedienet zu seyn, die in folgenden Umbständen bestünde. Gegenwärtiger Herr Hanß Heinrich hätte etl. Meilen von Leipzig etliche Schrifftsäßige Güter, allwo er sich bißhero mit seiner Ehfrauen und Töchtern auffgehalten; die älteste Tochter Anna habe sich leider von einem Knecht schwängern lassen, sie hätte aber ihre Schwangerschafft für ihm den Vater dergestalt geheim gehalten, daß er bewogen worden, diejenigen zu bedrohen, die diese seine Tochter dergl. beschuldigten. Indessen wäre die Geburts-Zeit dieser Tochter angekommen, als seine Ehfrau Marie nebst der jüngsten Tochter Marien Sophien in der Nachbarschafft auf einer Kindtauffe gewesen wäre, welches auch die Tochter Anna nicht eben geheim gehalten hätte. Es hätte sich aber verzogen, bis die Mutter des Abends nach Hause kommen, da habe die Tochter ein todtes Kind gebohren, welches seine Frau in der Stille in ein Gärtgen heimlich vergraben. Das Gesinde aber habe aus Boßheit das Kind wieder ausgegraben, wodurch die Sache bey der Regierung zu Z. angebracht, und von dar dem Amtmann zu P. anbefohlen worden, das Kind auffzuheben und zu inquiriren. Weilen nun verlauten wollen, als wenn der Amtmann zugleich Befehl bekommen, sich seiner Tochter und seiner Ehefrauen zu versichern; als hätten dieselben
Summarisches Geschrey wegen des Kinder-Mords.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/17>, abgerufen am 04.07.2024. |