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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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zumahlen etliche Tage nach der Geburt in Wasser untersinckt, daraus abzunehmen, daß das Kind bereits in Mutter-Leibe und noch vor der Geburt todt gewesen, oder ob solches auch aus andern Ursachen, ungeachtet das Kind lebendig zur Welt kommen, sich mit der Lunge gleichfalls zutragen könne. Als geben wir hierauff zur dienlichen Antwort, daß, ob wohl nicht alleine die damahls angeführten rationes auch allerdings auf diesen Fall sich extendiren, wir dennoch zu mehrerer Versicherung dessen, unterschiedene Experimenta angestellet, und die Lunge von einem Kalbe, so lebendig gebohren worden, so lange in die Erde vergraben, eine andere ins Wasser geleget, eine andere in die Lufft gehenckt, biß sie insgesamt ziemlich zu faulen und zu stincken angefangen, es ist aber eine sowohl als die andere gantz und stückweise in Wasser oben geschwommen, eben wie zuvor, da sie noch frisch gewesen; wenn denn unstreitig ist, daß Lungen, so einmahl Lufft geschöpffet, weder durch Faulung oder andere Art und Weise können darzu gebracht werden, daß sie untersincken: als bleibet auch jederzeit auff festen Grunde stehen, daß, wenn die Lungen eines todten Kindes, oder ein Stück davon, auch etliche Tage nach der Geburt untersincken, dieses aus keiner andern Ursache als daher rühren könne, daß das Kind noch vor der Geburt in Mutter-Leibe todt gewesen. Solches haben wir auff Begehren hiermit bey unsern guten Gewissen attestiren wollen. Geschehen Leipzig d. 19. Julii 1684.

(L. S.) D. Aug. Quir. Rivinus.

(L. S.) D. Christian Joh. Lange.

Responsum der Medicinischen Facultät zu Wittenberg.

§. XXXIIX. Hierauff wurden die Acten von dem Herrn Commissario an die löbliche Medicinische Facultät nach Wittenberg geschickt, und ertheilte dieselbe sub dato 30. Augusti 1684. (Actorum fol. 178. seq.) folgendes Responsum.

P. P. über folgende Frage gebeten; Ob, wenn ein Stücke von der Lunge eines todten Kindes, zumahlen etliche Tage nach der Geburt, in Wasser untersincket, daraus abzunehmen, daß das Kind bereits in Mutter-Leibe und noch vor der Geburt todt gewesen, oder ob solches auch aus andern Ursachen, ungeachtet das Kind lebendig zur Welt kommen, sich mit der Lunge gleichfalls zutragen könne; Als haben wir die Acta Collegialiter fleißig durchlesen, alles genau erwogen, und geben Ihme zur verlangten Antwort dieses, daß wir zwar die, von denen Herrn Medicis angeführten Experimenta in Zweiffel zu ziehen nicht Ursach haben, indem wir theils selbst vor vielen Jahren experimentiret, daß die Lunge eines abortus von 4. Monat, eines von 6. Monat, und eines Kindes, so in der Geburt gestorben, in Wasser alsobald untergesuncken, welches gleichfalls in denen brutis wir vielfältig hernach observiret; so lassen wir auch die angeführten rationes in ihren Würden, und könte vielleicht die gravitas pulmonum in utero auch daher deduciret werden, weil

zumahlen etliche Tage nach der Geburt in Wasser untersinckt, daraus abzunehmen, daß das Kind bereits in Mutter-Leibe und noch vor der Geburt todt gewesen, oder ob solches auch aus andern Ursachen, ungeachtet das Kind lebendig zur Welt kommen, sich mit der Lunge gleichfalls zutragen könne. Als geben wir hierauff zur dienlichen Antwort, daß, ob wohl nicht alleine die damahls angeführten rationes auch allerdings auf diesen Fall sich extendiren, wir dennoch zu mehrerer Versicherung dessen, unterschiedene Experimenta angestellet, und die Lunge von einem Kalbe, so lebendig gebohren worden, so lange in die Erde vergraben, eine andere ins Wasser geleget, eine andere in die Lufft gehenckt, biß sie insgesamt ziemlich zu faulen und zu stincken angefangen, es ist aber eine sowohl als die andere gantz und stückweise in Wasser oben geschwommen, eben wie zuvor, da sie noch frisch gewesen; wenn denn unstreitig ist, daß Lungen, so einmahl Lufft geschöpffet, weder durch Faulung oder andere Art und Weise können darzu gebracht werden, daß sie untersincken: als bleibet auch jederzeit auff festen Grunde stehen, daß, wenn die Lungen eines todten Kindes, oder ein Stück davon, auch etliche Tage nach der Geburt untersincken, dieses aus keiner andern Ursache als daher rühren könne, daß das Kind noch vor der Geburt in Mutter-Leibe todt gewesen. Solches haben wir auff Begehren hiermit bey unsern guten Gewissen attestiren wollen. Geschehen Leipzig d. 19. Julii 1684.

(L. S.) D. Aug. Quir. Rivinus.

(L. S.) D. Christian Joh. Lange.

Responsum der Medicinischen Facultät zu Wittenberg.

§. XXXIIX. Hierauff wurden die Acten von dem Herrn Commissario an die löbliche Medicinische Facultät nach Wittenberg geschickt, und ertheilte dieselbe sub dato 30. Augusti 1684. (Actorum fol. 178. seq.) folgendes Responsum.

P. P. über folgende Frage gebeten; Ob, wenn ein Stücke von der Lunge eines todten Kindes, zumahlen etliche Tage nach der Geburt, in Wasser untersincket, daraus abzunehmen, daß das Kind bereits in Mutter-Leibe und noch vor der Geburt todt gewesen, oder ob solches auch aus andern Ursachen, ungeachtet das Kind lebendig zur Welt kommen, sich mit der Lunge gleichfalls zutragen könne; Als haben wir die Acta Collegialiter fleißig durchlesen, alles genau erwogen, und geben Ihme zur verlangten Antwort dieses, daß wir zwar die, von denen Herrn Medicis angeführten Experimenta in Zweiffel zu ziehen nicht Ursach haben, indem wir theils selbst vor vielen Jahren experimentiret, daß die Lunge eines abortus von 4. Monat, eines von 6. Monat, und eines Kindes, so in der Geburt gestorben, in Wasser alsobald untergesuncken, welches gleichfalls in denen brutis wir vielfältig hernach observiret; so lassen wir auch die angeführten rationes in ihren Würden, und könte vielleicht die gravitas pulmonum in utero auch daher deduciret werden, weil

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[90/0106] zumahlen etliche Tage nach der Geburt in Wasser untersinckt, daraus abzunehmen, daß das Kind bereits in Mutter-Leibe und noch vor der Geburt todt gewesen, oder ob solches auch aus andern Ursachen, ungeachtet das Kind lebendig zur Welt kommen, sich mit der Lunge gleichfalls zutragen könne. Als geben wir hierauff zur dienlichen Antwort, daß, ob wohl nicht alleine die damahls angeführten rationes auch allerdings auf diesen Fall sich extendiren, wir dennoch zu mehrerer Versicherung dessen, unterschiedene Experimenta angestellet, und die Lunge von einem Kalbe, so lebendig gebohren worden, so lange in die Erde vergraben, eine andere ins Wasser geleget, eine andere in die Lufft gehenckt, biß sie insgesamt ziemlich zu faulen und zu stincken angefangen, es ist aber eine sowohl als die andere gantz und stückweise in Wasser oben geschwommen, eben wie zuvor, da sie noch frisch gewesen; wenn denn unstreitig ist, daß Lungen, so einmahl Lufft geschöpffet, weder durch Faulung oder andere Art und Weise können darzu gebracht werden, daß sie untersincken: als bleibet auch jederzeit auff festen Grunde stehen, daß, wenn die Lungen eines todten Kindes, oder ein Stück davon, auch etliche Tage nach der Geburt untersincken, dieses aus keiner andern Ursache als daher rühren könne, daß das Kind noch vor der Geburt in Mutter-Leibe todt gewesen. Solches haben wir auff Begehren hiermit bey unsern guten Gewissen attestiren wollen. Geschehen Leipzig d. 19. Julii 1684. (L. S.) D. Aug. Quir. Rivinus. (L. S.) D. Christian Joh. Lange. §. XXXIIX. Hierauff wurden die Acten von dem Herrn Commissario an die löbliche Medicinische Facultät nach Wittenberg geschickt, und ertheilte dieselbe sub dato 30. Augusti 1684. (Actorum fol. 178. seq.) folgendes Responsum. P. P. über folgende Frage gebeten; Ob, wenn ein Stücke von der Lunge eines todten Kindes, zumahlen etliche Tage nach der Geburt, in Wasser untersincket, daraus abzunehmen, daß das Kind bereits in Mutter-Leibe und noch vor der Geburt todt gewesen, oder ob solches auch aus andern Ursachen, ungeachtet das Kind lebendig zur Welt kommen, sich mit der Lunge gleichfalls zutragen könne; Als haben wir die Acta Collegialiter fleißig durchlesen, alles genau erwogen, und geben Ihme zur verlangten Antwort dieses, daß wir zwar die, von denen Herrn Medicis angeführten Experimenta in Zweiffel zu ziehen nicht Ursach haben, indem wir theils selbst vor vielen Jahren experimentiret, daß die Lunge eines abortus von 4. Monat, eines von 6. Monat, und eines Kindes, so in der Geburt gestorben, in Wasser alsobald untergesuncken, welches gleichfalls in denen brutis wir vielfältig hernach observiret; so lassen wir auch die angeführten rationes in ihren Würden, und könte vielleicht die gravitas pulmonum in utero auch daher deduciret werden, weil

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/106>, abgerufen am 19.04.2024.