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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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nechst des zuversichtlichen Vertrauens, daß wenn die acta in die löbliche Juristen Facultät nach Wittenberg gesendet werden solten; ohne weitere Umstände ein näheres Definitiv zu erhalten seyn würde; Gelanget also an Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit mein ferneres unterthänigstes bitten und flehen, in Fall specificirter massen derer Herren Schöppen eingesendetes Urtheil interloquiren solte, dem Herrn Amtmann gnädigst anzubefehlen, daß er die Acta nach Wittenberg zu rechtlichen Verspruch sende, und daselbst, ob nicht, und auf was masse ohne fernere Verschickung in eine andere Medicinische Facultät auff die allbereit übergebene Defension zu erkennen sey, ein Urtheil auff meine Unkosten einhole. Solche hohe Churfl. Gnade etc.

§. XXXVII. Nun erlangte ich zwar mein petitum nicht völlig,Herrn D. Rivini und D. Langii anderes Responsum, und was die Gelegenheit darzu gewesen. sondern es wurde dem Commissario (ni fallor) von Dreßden anbefohlen, daß er die Acta zwar noch an eine Medicinische Facultät, aber nach Wittenberg senden solte, und wenn das Responsum von dar eingelauffen wäre; alsdenn die Acta wieder in Scabinatum Lipsiensem solte verschicken. Ich ware auch endlich mit dieser Resolution wohl zufrieden, um zusehen, was doch die Herren Medici Wittebergenses (zu denen ich zwar bißhero kein grosses Vertrauen gehabt, sondern der Meinung gewesen war, daß Sie es in diesem Stück mit denen Herren Medicis Lipsiensibus hielten) in hoc casu sprechen würden. Dieweil ich aber vernommen hatte, daß entweder einer von denen Herren Scabinis, oder von denen Herren Medicis Lipsiensibus sich hatte verlauten lassen, daß, wenn gleich die Untersinckung der Lunge sonst ein richtiges Mittel wäre, zu bescheinigen, daß ein Kind todt auff die Welt kommen sey, so könte doch dieses auff gegenwärtigen casum um des Willen nicht appliciret werden, weil das Kind viele Tage allbereit begraben, und also die Lunge tempore sectionis schon verfaulet gewesen, mithin aber die Untersinckung dieser Faulung zu geschrieben werden müste; als war ich nicht unbillig besorgt, auch dieses dubium noch für der Verschickung, denen Herrn Medicis Wittebergensibus zu benehmen, und nahme meine Zuflucht hinwiederumb zu Ehren gedachten Herrn Doctoribus, Rivino, und Langio, von welchen ich auch mense Julio 1684. folgendes responsum (Actorum fol. 175. seq.) erhielte.

P. P. Nachdem derselbe unlängst auff die vorgelegte Frage: Ob dieses vor ein gewisses Anzeigen zu achten sey, daß ein Kind todt auff die Welt kommen, wenn dessen Lungen in Wasser untersincken? von uns zur Antwort bekommen, daß man allerdings Krafft gegebener Rationen und Experimenten gewiß seyn könne, es sey ein Kind nicht lebendig gebohren, sondern in Mutter-Leibe gestorben; und er ferner von Uns zu wissen begehret: Ob, wenn ein Stück von der Lunge eines todten Kindes,

nechst des zuversichtlichen Vertrauens, daß wenn die acta in die löbliche Juristen Facultät nach Wittenberg gesendet werden solten; ohne weitere Umstände ein näheres Definitiv zu erhalten seyn würde; Gelanget also an Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit mein ferneres unterthänigstes bitten und flehen, in Fall specificirter massen derer Herren Schöppen eingesendetes Urtheil interloquiren solte, dem Herrn Amtmann gnädigst anzubefehlen, daß er die Acta nach Wittenberg zu rechtlichen Verspruch sende, und daselbst, ob nicht, und auf was masse ohne fernere Verschickung in eine andere Medicinische Facultät auff die allbereit übergebene Defension zu erkennen sey, ein Urtheil auff meine Unkosten einhole. Solche hohe Churfl. Gnade etc.

§. XXXVII. Nun erlangte ich zwar mein petitum nicht völlig,Herrn D. Rivini und D. Langii anderes Responsum, und was die Gelegenheit darzu gewesen. sondern es wurde dem Commissario (ni fallor) von Dreßden anbefohlen, daß er die Acta zwar noch an eine Medicinische Facultät, aber nach Wittenberg senden solte, und wenn das Responsum von dar eingelauffen wäre; alsdenn die Acta wieder in Scabinatum Lipsiensem solte verschicken. Ich ware auch endlich mit dieser Resolution wohl zufrieden, um zusehen, was doch die Herren Medici Wittebergenses (zu denen ich zwar bißhero kein grosses Vertrauen gehabt, sondern der Meinung gewesen war, daß Sie es in diesem Stück mit denen Herren Medicis Lipsiensibus hielten) in hoc casu sprechen würden. Dieweil ich aber vernommen hatte, daß entweder einer von denen Herren Scabinis, oder von denen Herren Medicis Lipsiensibus sich hatte verlauten lassen, daß, wenn gleich die Untersinckung der Lunge sonst ein richtiges Mittel wäre, zu bescheinigen, daß ein Kind todt auff die Welt kommen sey, so könte doch dieses auff gegenwärtigen casum um des Willen nicht appliciret werden, weil das Kind viele Tage allbereit begraben, und also die Lunge tempore sectionis schon verfaulet gewesen, mithin aber die Untersinckung dieser Faulung zu geschrieben werden müste; als war ich nicht unbillig besorgt, auch dieses dubium noch für der Verschickung, denen Herrn Medicis Wittebergensibus zu benehmen, und nahme meine Zuflucht hinwiederumb zu Ehren gedachten Herrn Doctoribus, Rivino, und Langio, von welchen ich auch mense Julio 1684. folgendes responsum (Actorum fol. 175. seq.) erhielte.

P. P. Nachdem derselbe unlängst auff die vorgelegte Frage: Ob dieses vor ein gewisses Anzeigen zu achten sey, daß ein Kind todt auff die Welt kommen, wenn dessen Lungen in Wasser untersincken? von uns zur Antwort bekommen, daß man allerdings Krafft gegebener Rationen und Experimenten gewiß seyn könne, es sey ein Kind nicht lebendig gebohren, sondern in Mutter-Leibe gestorben; und er ferner von Uns zu wissen begehret: Ob, wenn ein Stück von der Lunge eines todten Kindes,

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[89/0105] nechst des zuversichtlichen Vertrauens, daß wenn die acta in die löbliche Juristen Facultät nach Wittenberg gesendet werden solten; ohne weitere Umstände ein näheres Definitiv zu erhalten seyn würde; Gelanget also an Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit mein ferneres unterthänigstes bitten und flehen, in Fall specificirter massen derer Herren Schöppen eingesendetes Urtheil interloquiren solte, dem Herrn Amtmann gnädigst anzubefehlen, daß er die Acta nach Wittenberg zu rechtlichen Verspruch sende, und daselbst, ob nicht, und auf was masse ohne fernere Verschickung in eine andere Medicinische Facultät auff die allbereit übergebene Defension zu erkennen sey, ein Urtheil auff meine Unkosten einhole. Solche hohe Churfl. Gnade etc. §. XXXVII. Nun erlangte ich zwar mein petitum nicht völlig, sondern es wurde dem Commissario (ni fallor) von Dreßden anbefohlen, daß er die Acta zwar noch an eine Medicinische Facultät, aber nach Wittenberg senden solte, und wenn das Responsum von dar eingelauffen wäre; alsdenn die Acta wieder in Scabinatum Lipsiensem solte verschicken. Ich ware auch endlich mit dieser Resolution wohl zufrieden, um zusehen, was doch die Herren Medici Wittebergenses (zu denen ich zwar bißhero kein grosses Vertrauen gehabt, sondern der Meinung gewesen war, daß Sie es in diesem Stück mit denen Herren Medicis Lipsiensibus hielten) in hoc casu sprechen würden. Dieweil ich aber vernommen hatte, daß entweder einer von denen Herren Scabinis, oder von denen Herren Medicis Lipsiensibus sich hatte verlauten lassen, daß, wenn gleich die Untersinckung der Lunge sonst ein richtiges Mittel wäre, zu bescheinigen, daß ein Kind todt auff die Welt kommen sey, so könte doch dieses auff gegenwärtigen casum um des Willen nicht appliciret werden, weil das Kind viele Tage allbereit begraben, und also die Lunge tempore sectionis schon verfaulet gewesen, mithin aber die Untersinckung dieser Faulung zu geschrieben werden müste; als war ich nicht unbillig besorgt, auch dieses dubium noch für der Verschickung, denen Herrn Medicis Wittebergensibus zu benehmen, und nahme meine Zuflucht hinwiederumb zu Ehren gedachten Herrn Doctoribus, Rivino, und Langio, von welchen ich auch mense Julio 1684. folgendes responsum (Actorum fol. 175. seq.) erhielte. Herrn D. Rivini und D. Langii anderes Responsum, und was die Gelegenheit darzu gewesen. P. P. Nachdem derselbe unlängst auff die vorgelegte Frage: Ob dieses vor ein gewisses Anzeigen zu achten sey, daß ein Kind todt auff die Welt kommen, wenn dessen Lungen in Wasser untersincken? von uns zur Antwort bekommen, daß man allerdings Krafft gegebener Rationen und Experimenten gewiß seyn könne, es sey ein Kind nicht lebendig gebohren, sondern in Mutter-Leibe gestorben; und er ferner von Uns zu wissen begehret: Ob, wenn ein Stück von der Lunge eines todten Kindes,

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/105>, abgerufen am 18.04.2024.