Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.Vorrede. Capacität hierzu allerdings gehabt/ und wenndieses geschehen wäre/ so würde er aus grosser Begierde ein oder das andere Vorurtheil zu meiden/ mit in ein anders unvermerckt gefal- len seyn. Es ist nicht genung/ daß ich etliche Praejudicia nur Exempelsweise erkenne/ son- dern ich muß zu förderst mir einen genauen und deutlichen Concept von denen Vorur- theilen überhaupt machen/ weil eines so wohl als das andere mich von der Warheit ableitet. Also ist mein Vorhaben/ nach dem ich bißher in Beschreibung der Vorurtheile mich einige Zeit aufzuhalten habe/ und bey dieser gar deut- lich gewiesen/ warum Carthesius, da er bey diesen Concept so zu sagen nur eine Haarbreit gefehlet/ dennoch seiner Philosophie dadurch/ (ich wil nicht sagen in der Physic) als welcher eben nicht viel dadurch zum Praejudiz gesche- hen) sondern in ponendo primo veritatis criterno, und in der Grundlage zu der Mo- rale hauptsächlich sich geschadet: Daß ich künf- tig die Hauptquelle aller Vorurtheile su- chen/ und aus derselben hernach die unterschie- dene herfliessende Bächlein/ die uns in Erfor- schung der Warheit in allen Disciplinen und Wissenschafften hindern/ leiten wolle. Wann dieses B 5
Vorrede. Capacitaͤt hierzu allerdings gehabt/ und wenndieſes geſchehen waͤre/ ſo wuͤrde er aus groſſer Begierde ein oder das andere Vorurtheil zu meiden/ mit in ein anders unvermerckt gefal- len ſeyn. Es iſt nicht genung/ daß ich etliche Præjudicia nur Exempelsweiſe erkenne/ ſon- dern ich muß zu foͤrderſt mir einen genauen und deutlichen Concept von denen Vorur- theilen uͤberhaupt machen/ weil eines ſo wohl als das andere mich von der Warheit ableitet. Alſo iſt mein Vorhaben/ nach dem ich bißher in Beſchreibung der Vorurtheile mich einige Zeit aufzuhalten habe/ und bey dieſer gar deut- lich gewieſen/ warum Cartheſius, da er bey dieſen Concept ſo zu ſagen nur eine Haarbreit gefehlet/ dennoch ſeiner Philoſophie dadurch/ (ich wil nicht ſagen in der Phyſic) als welcher eben nicht viel dadurch zum Præjudiz geſche- hen) ſondern in ponendo primo veritatis criterno, und in der Grundlage zu der Mo- rale hauptſaͤchlich ſich geſchadet: Daß ich kuͤnf- tig die Hauptquelle aller Vorurtheile ſu- chen/ und aus derſelben hernach die unterſchie- dene herflieſſende Baͤchlein/ die uns in Erfor- ſchung der Warheit in allen Diſciplinen und Wiſſenſchafften hindern/ leiten wolle. Wann dieſes B 5
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Vorrede.
Capacitaͤt hierzu allerdings gehabt/ und wenn
dieſes geſchehen waͤre/ ſo wuͤrde er aus groſſer
Begierde ein oder das andere Vorurtheil zu
meiden/ mit in ein anders unvermerckt gefal-
len ſeyn. Es iſt nicht genung/ daß ich etliche
Præjudicia nur Exempelsweiſe erkenne/ ſon-
dern ich muß zu foͤrderſt mir einen genauen
und deutlichen Concept von denen Vorur-
theilen uͤberhaupt machen/ weil eines ſo wohl
als das andere mich von der Warheit ableitet.
Alſo iſt mein Vorhaben/ nach dem ich bißher in
Beſchreibung der Vorurtheile mich einige
Zeit aufzuhalten habe/ und bey dieſer gar deut-
lich gewieſen/ warum Cartheſius, da er bey
dieſen Concept ſo zu ſagen nur eine Haarbreit
gefehlet/ dennoch ſeiner Philoſophie dadurch/
(ich wil nicht ſagen in der Phyſic) als welcher
eben nicht viel dadurch zum Præjudiz geſche-
hen) ſondern in ponendo primo veritatis
criterno, und in der Grundlage zu der Mo-
rale hauptſaͤchlich ſich geſchadet: Daß ich kuͤnf-
tig die Hauptquelle aller Vorurtheile ſu-
chen/ und aus derſelben hernach die unterſchie-
dene herflieſſende Baͤchlein/ die uns in Erfor-
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/43>, abgerufen am 16.07.2024. |