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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Jrrthümern und deren Ursprung.
ehe und bevor sie mit denen andern Sinnen
auch das Wesen derselben geprüfet/ das sie bey
denen Sinnligkeiten/ die nicht allen Men-
schen gemein sind/ oder da sich die sensoria.
eines einigen Menschen offte zu ändern pfle-
gen/ gar zu absolut von einer Sache urthei-
len u. s. w.

34. Sie verursachet ferner/ daß sie öffters
conceptus rerum accidentales, die bey vielen
(oder auch wohl die bey wenigen) individuis
zu finden sind/ für rechte ideas annehmen.

35. Sie verursachet/ daß in Herleitung oder
Erkentniß derer Warhriten/ so von denen pri-
mis principiis
etwas entfernet sind/ sie eine
proposition mit der andern vermischen/
für gleichgültig annehmen/ die dergleichen
nicht sind/ oder dieselben umbkehren/ die
nicht convertiret werden können; oder die
Ursachen/ so ihnen am ersten beyfallen/ ohne
Untersuchung ob sie was taugen oder nicht/ an-
nehmen/ und nicht betrachten/ ob sie mit un-
streitigen Warheiten verknüpfft werden kön-
nen.

36. Zu geschweigen/ daß eben diese unge-
dultige Begierde in Erforschung neuer War-
heiten/
öffters die Menschen von Jugend

auff

Jrrthuͤmern und deren Urſprung.
ehe und bevor ſie mit denen andern Sinnen
auch das Weſen derſelben gepruͤfet/ das ſie bey
denen Sinnligkeiten/ die nicht allen Men-
ſchen gemein ſind/ oder da ſich die ſenſoria.
eines einigen Menſchen offte zu aͤndern pfle-
gen/ gar zu abſolut von einer Sache urthei-
len u. ſ. w.

34. Sie verurſachet ferner/ daß ſie oͤffters
conceptus rerum accidentales, die bey vielen
(oder auch wohl die bey wenigen) individuis
zu finden ſind/ fuͤr rechte ideas annehmen.

35. Sie verurſachet/ daß in Herleitung oder
Erkentniß derer Warhriten/ ſo von denen pri-
mis principiis
etwas entfernet ſind/ ſie eine
propoſition mit der andern vermiſchen/
fuͤr gleichguͤltig annehmen/ die dergleichen
nicht ſind/ oder dieſelben umbkehren/ die
nicht convertiret werden koͤnnen; oder die
Urſachen/ ſo ihnen am erſten beyfallen/ ohne
Unterſuchung ob ſie was taugen oder nicht/ an-
nehmen/ und nicht betrachten/ ob ſie mit un-
ſtreitigen Warheiten verknuͤpfft werden koͤn-
nen.

36. Zu geſchweigen/ daß eben dieſe unge-
dultige Begierde in Erforſchung neuer War-
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[303/0321] Jrrthuͤmern und deren Urſprung. ehe und bevor ſie mit denen andern Sinnen auch das Weſen derſelben gepruͤfet/ das ſie bey denen Sinnligkeiten/ die nicht allen Men- ſchen gemein ſind/ oder da ſich die ſenſoria. eines einigen Menſchen offte zu aͤndern pfle- gen/ gar zu abſolut von einer Sache urthei- len u. ſ. w. 34. Sie verurſachet ferner/ daß ſie oͤffters conceptus rerum accidentales, die bey vielen (oder auch wohl die bey wenigen) individuis zu finden ſind/ fuͤr rechte ideas annehmen. 35. Sie verurſachet/ daß in Herleitung oder Erkentniß derer Warhriten/ ſo von denen pri- mis principiis etwas entfernet ſind/ ſie eine propoſition mit der andern vermiſchen/ fuͤr gleichguͤltig annehmen/ die dergleichen nicht ſind/ oder dieſelben umbkehren/ die nicht convertiret werden koͤnnen; oder die Urſachen/ ſo ihnen am erſten beyfallen/ ohne Unterſuchung ob ſie was taugen oder nicht/ an- nehmen/ und nicht betrachten/ ob ſie mit un- ſtreitigen Warheiten verknuͤpfft werden koͤn- nen. 36. Zu geſchweigen/ daß eben dieſe unge- dultige Begierde in Erforſchung neuer War- heiten/ oͤffters die Menſchen von Jugend auff

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/321>, abgerufen am 23.11.2024.