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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 13. Hauptstück von denen
trachtung derer Umstände bey denen vorfal-
lenden Sinnligkeiten/ so wohl auch die genaue
Untersuchung/ wie man die rechten ideas
von denen conceptibus verosimilibus ent-
scheiden solle/ nicht zu.

32. Dannenhero findet man durchgehends
bey denen Kindern eine merckliche Uberei-
lung
in ihren eigenen experienzen und rai-
sonir
ungen/ welches aus nichts anders her-
rühret/ als aus einer ihre Begierde unbekant-
te Warheiten zu erforschen begleitenden Un-
gedult. Denn gleich wie jene sie zwar insti-
gir
et/ zu diesen guten endzweck zu gelangen/ also
hindert sie doch diese/ daß sie derer hier zu dien-
lichen Mittel sich fast durchgehends nicht bedie-
nen/ und also auch fast nimmer besagten sco-
pum
erhalten.

33. Denn diese Ungedult verursachet/ daß
sie bey denen vorfallenden Sinnligkeiten von
einer Sache eher urtheilen/ eher dieselbige zu
gehöriger distanz gebracht worden/ daß sie
die Bildungen/ die sich in unsern Gehirne ein-
drücken/ oder den Schein der Sache/ mit der
Sache selbst oder deren Ursache vermischen/
daß sie von Sachen urtheilen/ darvon sie nur
durch einen Sinn einige Bildungen erhalten/

ehe

Das 13. Hauptſtuͤck von denen
trachtung derer Umſtaͤnde bey denen vorfal-
lenden Sinnligkeiten/ ſo wohl auch die genaue
Unterſuchung/ wie man die rechten ideas
von denen conceptibus veroſimilibus ent-
ſcheiden ſolle/ nicht zu.

32. Dannenhero findet man durchgehends
bey denen Kindern eine merckliche Uberei-
lung
in ihren eigenen experienzen und rai-
ſonir
ungen/ welches aus nichts anders her-
ruͤhret/ als aus einer ihre Begierde unbekant-
te Warheiten zu erforſchen begleitenden Un-
gedult. Denn gleich wie jene ſie zwar inſti-
gir
et/ zu dieſen guten endzweck zu gelangen/ alſo
hindert ſie doch dieſe/ daß ſie derer hier zu dien-
lichen Mittel ſich faſt durchgehends nicht bedie-
nen/ und alſo auch faſt nimmer beſagten ſco-
pum
erhalten.

33. Denn dieſe Ungedult verurſachet/ daß
ſie bey denen vorfallenden Sinnligkeiten von
einer Sache eher urtheilen/ eher dieſelbige zu
gehoͤriger diſtanz gebracht worden/ daß ſie
die Bildungen/ die ſich in unſern Gehirne ein-
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[302/0320] Das 13. Hauptſtuͤck von denen trachtung derer Umſtaͤnde bey denen vorfal- lenden Sinnligkeiten/ ſo wohl auch die genaue Unterſuchung/ wie man die rechten ideas von denen conceptibus veroſimilibus ent- ſcheiden ſolle/ nicht zu. 32. Dannenhero findet man durchgehends bey denen Kindern eine merckliche Uberei- lung in ihren eigenen experienzen und rai- ſonirungen/ welches aus nichts anders her- ruͤhret/ als aus einer ihre Begierde unbekant- te Warheiten zu erforſchen begleitenden Un- gedult. Denn gleich wie jene ſie zwar inſti- giret/ zu dieſen guten endzweck zu gelangen/ alſo hindert ſie doch dieſe/ daß ſie derer hier zu dien- lichen Mittel ſich faſt durchgehends nicht bedie- nen/ und alſo auch faſt nimmer beſagten ſco- pum erhalten. 33. Denn dieſe Ungedult verurſachet/ daß ſie bey denen vorfallenden Sinnligkeiten von einer Sache eher urtheilen/ eher dieſelbige zu gehoͤriger diſtanz gebracht worden/ daß ſie die Bildungen/ die ſich in unſern Gehirne ein- druͤcken/ oder den Schein der Sache/ mit der Sache ſelbſt oder deren Urſache vermiſchen/ daß ſie von Sachen urtheilen/ darvon ſie nur durch einen Sinn einige Bildungen erhalten/ ehe

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/320>, abgerufen am 23.11.2024.