Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.Vorrede. Scotus, Cartesius, Gassendus u. s. w. derProbierstein der Warheit wären. Denn wenn dieses ist/ so kan es wohl nicht fehlen/ man muß der Sprachen kündig seyn/ in welchen die- se gelehrte Leute geschrieben haben. Wenn man aber besorgt ist/ was Aristoteles und Cartesius hätten lehren sollen/ und nicht was sie gelehret/ oder ihre Meinung gewesen/ so hat man auch dieser ihrer Sprache nicht von nö- then: wiewohl ich dißfalß die Sprachen Wis- senschafft gantz nicht verwerffe/ sondern dieselbe vielmehr für eine grosse Zierrath eines weisen und gelehrten Mannes passiren lasse. 5. So weiß ich auch wohl/ daß von etlichen solche
Vorrede. Scotus, Carteſius, Gaſſendus u. ſ. w. derProbierſtein der Warheit waͤren. Denn wenn dieſes iſt/ ſo kan es wohl nicht fehlen/ man muß der Sprachen kuͤndig ſeyn/ in welchen die- ſe gelehrte Leute geſchrieben haben. Wenn man aber beſorgt iſt/ was Ariſtoteles und Carteſius haͤtten lehren ſollen/ und nicht was ſie gelehret/ oder ihre Meinung geweſen/ ſo hat man auch dieſer ihrer Sprache nicht von noͤ- then: wiewohl ich dißfalß die Sprachen Wiſ- ſenſchafft gantz nicht verwerffe/ ſondern dieſelbe vielmehr fuͤr eine groſſe Zierrath eines weiſen und gelehrten Mannes paſſiren laſſe. 5. So weiß ich auch wohl/ daß von etlichen ſolche
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Vorrede.
Scotus, Carteſius, Gaſſendus u. ſ. w. der
Probierſtein der Warheit waͤren. Denn
wenn dieſes iſt/ ſo kan es wohl nicht fehlen/ man
muß der Sprachen kuͤndig ſeyn/ in welchen die-
ſe gelehrte Leute geſchrieben haben. Wenn
man aber beſorgt iſt/ was Ariſtoteles und
Carteſius haͤtten lehren ſollen/ und nicht was
ſie gelehret/ oder ihre Meinung geweſen/ ſo hat
man auch dieſer ihrer Sprache nicht von noͤ-
then: wiewohl ich dißfalß die Sprachen Wiſ-
ſenſchafft gantz nicht verwerffe/ ſondern dieſelbe
vielmehr fuͤr eine groſſe Zierrath eines weiſen
und gelehrten Mannes paſſiren laſſe.
5. So weiß ich auch wohl/ daß von etlichen
wenigen/ die bißhero einerley Zweck mit mir
gehabt/ darinnen nicht wenig verſtoſſen wor-
den/ daß ſie die Kunſt-Woͤrter alle in die deut-
ſche Sprache uͤberſetzen wollen/ wodurch ſie
entweder ein Gelaͤchter oder eine Verdrieß-
lichkeit bey dem Leſer erwecket: Wenn aus-
laͤndiſche Sachen zu uns uͤberkommen/ ſo kom-
men auch bey denen meiſten auslaͤndiſche
Nahmen mit/ und naturaliſiren ſich gleich-
ſam in unſerer Sprache. Und wuͤrde man
dem jenigen ſehr ſpotten/ der dißfals bey ſei-
ner Sprache ſo aberglaͤubiſch halten/ und alle
ſolche
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