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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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ersten und unbeweißlichen Warh.
eintzige proposition berühret/ in übrigen aber
der patient den Gebrauch seines Verstandes
hat/ z. e. wenn sich einer eingebildet/ er sey von
Glase/ habe Frösche in Leibe/ habe ein groß
Gewächse an der Rase/ er sey ein mächtiger
Potentate u. s. w.

14. Aber was die Ungesundheit der euser-
lichen Gliedmassen anlanget/ so ist dieselbige
allezeit so beschaffen/ daß sie uns an Erkänt-
nüß der Warheit nur zum theil hindert z. e.
den Blinden an Erkäntnüß der Farben/ den
Tauben an Unterscheidung des Klangs u. s. w.
Denn wenn alle sinnliche und euserliche Glied-
massen verdorben wären/ ja wenn nur ein
Mensche von Natur blind und taub wäre/
würden wir uns gar keinen deutlichen con-
cept
von ihm machen können/ daß er ein
Mensche sey.

35. Aus diesen folget/ daß man einen
schlaffenden/ so lange als er schläfft/ die
Warheit nicht beybringen könne.

36. Auch einen rasenden nicht/ wenn der
gantz verruckt ist/ ehe das innerliche impe-
dimentum
durch Arzeney gehoben wird.

37. Aber wenn er sich durch eine wunder-
liche phantasie nur eine falsche proposition

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erſten und unbeweißlichen Warh.
eintzige propoſition beruͤhret/ in uͤbrigen aber
der patient den Gebrauch ſeines Verſtandes
hat/ z. e. wenn ſich einer eingebildet/ er ſey von
Glaſe/ habe Froͤſche in Leibe/ habe ein groß
Gewaͤchſe an der Raſe/ er ſey ein maͤchtiger
Potentate u. ſ. w.

14. Aber was die Ungeſundheit der euſer-
lichen Gliedmaſſen anlanget/ ſo iſt dieſelbige
allezeit ſo beſchaffen/ daß ſie uns an Erkaͤnt-
nuͤß der Warheit nur zum theil hindert z. e.
den Blinden an Erkaͤntnuͤß der Farben/ den
Tauben an Unterſcheidung des Klangs u. ſ. w.
Denn wenn alle ſinnliche und euſerliche Glied-
maſſen verdorben waͤren/ ja wenn nur ein
Menſche von Natur blind und taub waͤre/
wuͤrden wir uns gar keinen deutlichen con-
cept
von ihm machen koͤnnen/ daß er ein
Menſche ſey.

35. Aus dieſen folget/ daß man einen
ſchlaffenden/ ſo lange als er ſchlaͤfft/ die
Warheit nicht beybringen koͤnne.

36. Auch einen raſenden nicht/ wenn der
gantz verruckt iſt/ ehe das innerliche impe-
dimentum
durch Arzeney gehoben wird.

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liche phantaſie nur eine falſche propoſition

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[159/0177] erſten und unbeweißlichen Warh. eintzige propoſition beruͤhret/ in uͤbrigen aber der patient den Gebrauch ſeines Verſtandes hat/ z. e. wenn ſich einer eingebildet/ er ſey von Glaſe/ habe Froͤſche in Leibe/ habe ein groß Gewaͤchſe an der Raſe/ er ſey ein maͤchtiger Potentate u. ſ. w. 14. Aber was die Ungeſundheit der euſer- lichen Gliedmaſſen anlanget/ ſo iſt dieſelbige allezeit ſo beſchaffen/ daß ſie uns an Erkaͤnt- nuͤß der Warheit nur zum theil hindert z. e. den Blinden an Erkaͤntnuͤß der Farben/ den Tauben an Unterſcheidung des Klangs u. ſ. w. Denn wenn alle ſinnliche und euſerliche Glied- maſſen verdorben waͤren/ ja wenn nur ein Menſche von Natur blind und taub waͤre/ wuͤrden wir uns gar keinen deutlichen con- cept von ihm machen koͤnnen/ daß er ein Menſche ſey. 35. Aus dieſen folget/ daß man einen ſchlaffenden/ ſo lange als er ſchlaͤfft/ die Warheit nicht beybringen koͤnne. 36. Auch einen raſenden nicht/ wenn der gantz verruckt iſt/ ehe das innerliche impe- dimentum durch Arzeney gehoben wird. 37. Aber wenn er ſich durch eine wunder- liche phantaſie nur eine falſche propoſition impri-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/177>, abgerufen am 24.11.2024.