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Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].

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sehen sey; Er setzet auch die Ursache seiner Meynung darzu/ daß
nemlich ein schöner Geist sich gantz und gar nicht mit dem groben
temperament und massiv-Leibern derer Nori-Völcker com-
porti
ren könne. Diese offenhertzige Gedancken des Bouhours
solten uns nun eine gnungsame Materie geben/ eine Satyre zu
schreiben/ wenn es unser Vorhaben wäre; in Ansehen sich der gu-
te Vater mit seinem bel esprit ziemlich bloß gegeben/ indem er
zwar die modestie/ als ein nöthiges Stück davon/ wie oben er-
wehnet/ erfordert/ aber in Warheit sich nicht allein hierinnen sehr
immodest bezeuget/ sondern auch seine Pralerey (wenn wir uns
teutscher Redens-Arten/ oder nach seiner Art zu schertzen/ massiv-
Worte gegen ihm gebrauchen wollen) darinnen mercklich spühren
läst/ daß er in eben demselben Gespräch/ wo er d' un bel esprit
handelt/ den einen von denen sich unterredenden Personen also
einführet. Il ne se peut rien voir de plus beau
que l' idee que vous avez du bel esprit. J' ay
pense dire, qu'il ne se peut rien voir de plus
beau que votre portrait; car on diroit que
vous estes peint vous meme dans le tableau,
que vous venez de faire, tant il vous ressemble.

Aber wir wollen den Ehrwürdigen Herrn anietzo passiren
lassen/ weil ihm ohne dem einer von seinen eigenen Landes-Leuten
unter dem verdeckten Namen des Cleante, wie bekant/ den Kopff
mit allzu scharffer Lauge gezwaget/ welcher auch absonderlich ihm
dieses fürwirfft und für übel hält/ daß er gantze Nationen und die
Helffte der Welt angetastet/ auch von denen Teutschen fürnehm-
lich gefraget/ ob sie könten unter les beaux esprits gerechnet
werden? Zum wenigsten finden wir unter seinen eigenen Model/
so er uns oben d'un bel esprit gegeben/ nirgends/ daß dergleichen

Durch-

ſehen ſey; Er ſetzet auch die Urſache ſeiner Meynung darzu/ daß
nemlich ein ſchoͤner Geiſt ſich gantz und gar nicht mit dem groben
temperament und maſſiv-Leibern derer Nori-Voͤlcker com-
porti
ren koͤnne. Dieſe offenhertzige Gedancken des Bouhours
ſolten uns nun eine gnungſame Materie geben/ eine Satyre zu
ſchreiben/ wenn es unſer Vorhaben waͤre; in Anſehen ſich der gu-
te Vater mit ſeinem bel eſprit ziemlich bloß gegeben/ indem er
zwar die modeſtie/ als ein noͤthiges Stuͤck davon/ wie oben er-
wehnet/ erfordert/ aber in Warheit ſich nicht allein hierinnen ſehr
immodeſt bezeuget/ ſondern auch ſeine Pralerey (wenn wir uns
teutſcher Redens-Arten/ oder nach ſeiner Art zu ſchertzen/ maſſiv-
Worte gegen ihm gebrauchen wollen) darinnen mercklich ſpuͤhren
laͤſt/ daß er in eben demſelben Geſpraͤch/ wo er d’ un bel eſprit
handelt/ den einen von denen ſich unterredenden Perſonen alſo
einfuͤhret. Il ne ſe peut rien voir de plus beau
que l’ idee que vous avez du bel esprit. J’ ay
penſé dire, qu’il ne ſe peut rien voir de plus
beau que vótre portrait; car on diroit que
vous eſtes peint vous même dans le tableau,
que vous venez de faire, tant il vous reſſemble.

Aber wir wollen den Ehrwuͤrdigen Herrn anietzo paſſiren
laſſen/ weil ihm ohne dem einer von ſeinen eigenen Landes-Leuten
unter dem verdeckten Namen des Cleante, wie bekant/ den Kopff
mit allzu ſcharffer Lauge gezwaget/ welcher auch abſonderlich ihm
dieſes fuͤrwirfft und fuͤr uͤbel haͤlt/ daß er gantze Nationen und die
Helffte der Welt angetaſtet/ auch von denen Teutſchen fuͤrnehm-
lich gefraget/ ob ſie koͤnten unter les beaux esprits gerechnet
werden? Zum wenigſten finden wir unter ſeinen eigenen Model/
ſo er uns oben d’un bel esprit gegeben/ nirgends/ daß dergleichen

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[30/0032] ſehen ſey; Er ſetzet auch die Urſache ſeiner Meynung darzu/ daß nemlich ein ſchoͤner Geiſt ſich gantz und gar nicht mit dem groben temperament und maſſiv-Leibern derer Nori-Voͤlcker com- portiren koͤnne. Dieſe offenhertzige Gedancken des Bouhours ſolten uns nun eine gnungſame Materie geben/ eine Satyre zu ſchreiben/ wenn es unſer Vorhaben waͤre; in Anſehen ſich der gu- te Vater mit ſeinem bel eſprit ziemlich bloß gegeben/ indem er zwar die modeſtie/ als ein noͤthiges Stuͤck davon/ wie oben er- wehnet/ erfordert/ aber in Warheit ſich nicht allein hierinnen ſehr immodeſt bezeuget/ ſondern auch ſeine Pralerey (wenn wir uns teutſcher Redens-Arten/ oder nach ſeiner Art zu ſchertzen/ maſſiv- Worte gegen ihm gebrauchen wollen) darinnen mercklich ſpuͤhren laͤſt/ daß er in eben demſelben Geſpraͤch/ wo er d’ un bel eſprit handelt/ den einen von denen ſich unterredenden Perſonen alſo einfuͤhret. Il ne ſe peut rien voir de plus beau que l’ idee que vous avez du bel esprit. J’ ay penſé dire, qu’il ne ſe peut rien voir de plus beau que vótre portrait; car on diroit que vous eſtes peint vous même dans le tableau, que vous venez de faire, tant il vous reſſemble. Aber wir wollen den Ehrwuͤrdigen Herrn anietzo paſſiren laſſen/ weil ihm ohne dem einer von ſeinen eigenen Landes-Leuten unter dem verdeckten Namen des Cleante, wie bekant/ den Kopff mit allzu ſcharffer Lauge gezwaget/ welcher auch abſonderlich ihm dieſes fuͤrwirfft und fuͤr uͤbel haͤlt/ daß er gantze Nationen und die Helffte der Welt angetaſtet/ auch von denen Teutſchen fuͤrnehm- lich gefraget/ ob ſie koͤnten unter les beaux esprits gerechnet werden? Zum wenigſten finden wir unter ſeinen eigenen Model/ ſo er uns oben d’un bel esprit gegeben/ nirgends/ daß dergleichen Durch-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690], S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_discours_1690/32>, abgerufen am 24.11.2024.