Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite

andere zu verstehen.
zu der interpretatione mystica sich übereile/
und von Sachen/ die man noch nicht be-
greifft/ die Fabeln auslegen wolle;
als wie
z. e. diejenigen thun/ die in dem sie den Lapi-
dem Philosophicum
suchen/ meinen/ sie ha-
ben ihn in allen Fabeln des Ovidii gefunden/
da doch die Lebens-Art des Ovidii ausweiset/
man könne gar wahrscheinlich für ihn schwe-
ren/ daß er kein guter Alchimist gewesen.
Und gemahnen mich diese Leute/ wie ein
Mensch/ der sonst etwas/ daß er noch nicht be-
sessen/ begierig sucht/ der sucht es an allen Or-
ten/ und meinet öffters/ er sehe die Sache/ und
habe sie beynahe gefunden/ da er sich doch meh-
rentheils sehr betriegt.

144. So must du dich auch die Liebe zum
sensu mystico nicht zu sehr einnehmen lassen/
einen zu suchen/ da keiner ist; Wie viel sind
Leute/ die in Satyrischen Schrifften wieder
die intention des autoris Historien machen/
und die in Gedichten sich bemühen gewisse
claves zu verfertigen/ damit man das Abse-
hen derselbigen desto genauer verstehen könne/
da doch gemeiniglich ein Dichter unter einer
Person wohl von zwantzig andern die Um-
stände zusammen sucht/ und mehr auff Gene-

ral-

andere zu verſtehen.
zu der interpretatione myſtica ſich uͤbereile/
und von Sachen/ die man noch nicht be-
greifft/ die Fabeln auslegen wolle;
als wie
z. e. diejenigen thun/ die in dem ſie den Lapi-
dem Philoſophicum
ſuchen/ meinen/ ſie ha-
ben ihn in allen Fabeln des Ovidii gefunden/
da doch die Lebens-Art des Ovidii ausweiſet/
man koͤnne gar wahrſcheinlich fuͤr ihn ſchwe-
ren/ daß er kein guter Alchimist geweſen.
Und gemahnen mich dieſe Leute/ wie ein
Menſch/ der ſonſt etwas/ daß er noch nicht be-
ſeſſen/ begierig ſucht/ der ſucht es an allen Or-
ten/ und meinet oͤffters/ er ſehe die Sache/ und
habe ſie beynahe gefunden/ da er ſich doch meh-
rentheils ſehr betriegt.

144. So muſt du dich auch die Liebe zum
ſenſu myſtico nicht zu ſehr einnehmen laſſen/
einen zu ſuchen/ da keiner iſt; Wie viel ſind
Leute/ die in Satyriſchen Schrifften wieder
die intention des autoris Hiſtorien machen/
und die in Gedichten ſich bemuͤhen gewiſſe
claves zu verfertigen/ damit man das Abſe-
hen derſelbigen deſto genauer verſtehen koͤnne/
da doch gemeiniglich ein Dichter unter einer
Perſon wohl von zwantzig andern die Um-
ſtaͤnde zuſammen ſucht/ und mehr auff Gene-

ral-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0249" n="223"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">andere zu ver&#x017F;tehen.</hi></fw><lb/>
zu der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">interpretatione my&#x017F;tica</hi></hi> &#x017F;ich u&#x0364;bereile/<lb/>
und <hi rendition="#fr">von Sachen/ die man noch nicht be-<lb/>
greifft/ die Fabeln auslegen wolle;</hi> als wie<lb/>
z. e. diejenigen thun/ die in dem &#x017F;ie den <hi rendition="#aq">Lapi-<lb/>
dem Philo&#x017F;ophicum</hi> &#x017F;uchen/ meinen/ &#x017F;ie ha-<lb/>
ben ihn in allen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Fabeln</hi></hi> des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ovidii</hi></hi> gefunden/<lb/>
da doch die Lebens-Art des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ovidii</hi></hi> auswei&#x017F;et/<lb/>
man ko&#x0364;nne gar wahr&#x017F;cheinlich fu&#x0364;r ihn &#x017F;chwe-<lb/>
ren/ daß er kein guter <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Alchimist</hi></hi> gewe&#x017F;en.<lb/>
Und gemahnen mich die&#x017F;e Leute/ wie ein<lb/>
Men&#x017F;ch/ der &#x017F;on&#x017F;t etwas/ daß er noch nicht be-<lb/>
&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en/ begierig &#x017F;ucht/ der &#x017F;ucht es an allen Or-<lb/>
ten/ und meinet o&#x0364;ffters/ er &#x017F;ehe die Sache/ und<lb/>
habe &#x017F;ie beynahe gefunden/ da er &#x017F;ich doch meh-<lb/>
rentheils &#x017F;ehr betriegt.</p><lb/>
        <p>144. So mu&#x017F;t du dich auch die Liebe zum<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">&#x017F;en&#x017F;u my&#x017F;tico</hi></hi> nicht zu &#x017F;ehr einnehmen la&#x017F;&#x017F;en/<lb/><hi rendition="#fr">einen zu &#x017F;uchen/ da keiner i&#x017F;t;</hi> Wie viel &#x017F;ind<lb/>
Leute/ die in <hi rendition="#aq">Satyri</hi><hi rendition="#fr">&#x017F;chen Schrifften</hi> wieder<lb/>
die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">intention</hi></hi> des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">autoris</hi></hi> Hi&#x017F;torien machen/<lb/>
und die in <hi rendition="#fr">Gedichten</hi> &#x017F;ich bemu&#x0364;hen gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">claves</hi></hi> zu verfertigen/ damit man das Ab&#x017F;e-<lb/>
hen der&#x017F;elbigen de&#x017F;to genauer ver&#x017F;tehen ko&#x0364;nne/<lb/>
da doch gemeiniglich ein Dichter unter einer<lb/>
Per&#x017F;on wohl von zwantzig andern die Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde zu&#x017F;ammen &#x017F;ucht/ und mehr auff Gene-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ral-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0249] andere zu verſtehen. zu der interpretatione myſtica ſich uͤbereile/ und von Sachen/ die man noch nicht be- greifft/ die Fabeln auslegen wolle; als wie z. e. diejenigen thun/ die in dem ſie den Lapi- dem Philoſophicum ſuchen/ meinen/ ſie ha- ben ihn in allen Fabeln des Ovidii gefunden/ da doch die Lebens-Art des Ovidii ausweiſet/ man koͤnne gar wahrſcheinlich fuͤr ihn ſchwe- ren/ daß er kein guter Alchimist geweſen. Und gemahnen mich dieſe Leute/ wie ein Menſch/ der ſonſt etwas/ daß er noch nicht be- ſeſſen/ begierig ſucht/ der ſucht es an allen Or- ten/ und meinet oͤffters/ er ſehe die Sache/ und habe ſie beynahe gefunden/ da er ſich doch meh- rentheils ſehr betriegt. 144. So muſt du dich auch die Liebe zum ſenſu myſtico nicht zu ſehr einnehmen laſſen/ einen zu ſuchen/ da keiner iſt; Wie viel ſind Leute/ die in Satyriſchen Schrifften wieder die intention des autoris Hiſtorien machen/ und die in Gedichten ſich bemuͤhen gewiſſe claves zu verfertigen/ damit man das Abſe- hen derſelbigen deſto genauer verſtehen koͤnne/ da doch gemeiniglich ein Dichter unter einer Perſon wohl von zwantzig andern die Um- ſtaͤnde zuſammen ſucht/ und mehr auff Gene- ral-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/249
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/249>, abgerufen am 06.05.2024.