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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 3. H. Von der Geschickligkeit
Sache die Annehmligkeit oder Verdrießligkeit
überwege/ und dieselbe darnach benennen/ so
ist doch offenbahr/ daß man diese Uberwegung
ohne die obigen Regeln nicht erkennen kön-
ne. Wenn man aber die extension oder restri-
ction
nach Anleitung der obigen Regeln
macht/ was braucht man denn dieser Regel/
die nur in blossen Worten bestehet.

119. Jch weiß wohl/ daß die Juristen oh-
ne Betrachtung der obigen Regeln gewisse
Exempel
von annehmlichen und verdrießli-
chen Dingen geben/ und daraus neue Regeln
oder vielmehr neue conclusiones aus der vo-
rigen Regel machen. Aber ich weiß auch/ daß
alle diese Regeln falsch seyn/ und gar nichts
heissen.

120. Denn sie sagen: Die Gutthaten
eines Fürsten gehören unstreitig zu an-
genehmen Dingen/
und machen dannenhe-
ro diese Regel: Beneficia Principis sunt
extendenda vel late accipienda.
Aber
zu geschweigen/ daß man viel Exempel an-
führen kan/ sie auch dieselben selbst anführen/
darinnen diese Regel trieger/ so solte es mich
gut düncken/ wenn ich nur noch ein einig Exem-
pel hätte sehen können/ das sich auff dieselbige
schickte.

121. Wie-

Das 3. H. Von der Geſchickligkeit
Sache die Annehmligkeit oder Verdrießligkeit
uͤberwege/ und dieſelbe darnach benennen/ ſo
iſt doch offenbahr/ daß man dieſe Uberwegung
ohne die obigen Regeln nicht erkennen koͤn-
ne. Wenn man aber die extenſion oder reſtri-
ction
nach Anleitung der obigen Regeln
macht/ was braucht man denn dieſer Regel/
die nur in bloſſen Worten beſtehet.

119. Jch weiß wohl/ daß die Juriſten oh-
ne Betrachtung der obigen Regeln gewiſſe
Exempel
von annehmlichen und verdrießli-
chen Dingen geben/ und daraus neue Regeln
oder vielmehr neue concluſiones aus der vo-
rigen Regel machen. Aber ich weiß auch/ daß
alle dieſe Regeln falſch ſeyn/ und gar nichts
heiſſen.

120. Denn ſie ſagen: Die Gutthaten
eines Fuͤrſten gehoͤren unſtreitig zu an-
genehmen Dingen/
und machen dannenhe-
ro dieſe Regel: Beneficia Principis ſunt
extendenda vel latè accipienda.
Aber
zu geſchweigen/ daß man viel Exempel an-
fuͤhren kan/ ſie auch dieſelben ſelbſt anfuͤhren/
darinnen dieſe Regel trieger/ ſo ſolte es mich
gut duͤncken/ wenn ich nur noch ein einig Exem-
pel haͤtte ſehen koͤnnen/ das ſich auff dieſelbige
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121. Wie-
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[212/0238] Das 3. H. Von der Geſchickligkeit Sache die Annehmligkeit oder Verdrießligkeit uͤberwege/ und dieſelbe darnach benennen/ ſo iſt doch offenbahr/ daß man dieſe Uberwegung ohne die obigen Regeln nicht erkennen koͤn- ne. Wenn man aber die extenſion oder reſtri- ction nach Anleitung der obigen Regeln macht/ was braucht man denn dieſer Regel/ die nur in bloſſen Worten beſtehet. 119. Jch weiß wohl/ daß die Juriſten oh- ne Betrachtung der obigen Regeln gewiſſe Exempel von annehmlichen und verdrießli- chen Dingen geben/ und daraus neue Regeln oder vielmehr neue concluſiones aus der vo- rigen Regel machen. Aber ich weiß auch/ daß alle dieſe Regeln falſch ſeyn/ und gar nichts heiſſen. 120. Denn ſie ſagen: Die Gutthaten eines Fuͤrſten gehoͤren unſtreitig zu an- genehmen Dingen/ und machen dannenhe- ro dieſe Regel: Beneficia Principis ſunt extendenda vel latè accipienda. Aber zu geſchweigen/ daß man viel Exempel an- fuͤhren kan/ ſie auch dieſelben ſelbſt anfuͤhren/ darinnen dieſe Regel trieger/ ſo ſolte es mich gut duͤncken/ wenn ich nur noch ein einig Exem- pel haͤtte ſehen koͤnnen/ das ſich auff dieſelbige ſchickte. 121. Wie-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/238>, abgerufen am 07.05.2024.