Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite

Das 2. H. von der Geschickligkeit
25. Jahr zubringen/ ehe er weise wird/ so wird
er seine besten Jahre/ in den er dem gemeinen
Wesen am besten dienen könte/ in Erlernung
der Weißheit zubringen müssen/ und hernach
im 50sten Jahr unvermögend seyn/ seinem Va-
terlande einige ersprießliche Dienste zu leisten/
zumahl da es noch ungewiß ist/ ob er einmahl
so alt werden werde/ daß er das Studium der
Weißheit absolviren könne. Derowegen ist
4 Die Verzweiffelung/ daß man zu alt sey
die Weißheit zu begreiffen
offte Ursache
dran/ die bey jungen Leuten die Liebe zum stu-
dieren
hindert.

96. Man muß auch diese Ursache nicht
gantz verächtlich halten/ ob sie gleich eher zu
heben und lange nicht so schädlich ist als die vo-
rigen. Denn das ist natürlich/ daß ich ein Gut/
an dessen Erhaltung ich verzweiffele/
wenn
ich anders nicht gar rasend werden will/ anfan-
gen muß zu hassen/ oder doch dasselbe für ver-
ächtlich
zum wenigsten zu halten.

97. Endlich wenn auch ein junger Mensch
gleich ein sehnlich Verlangen trägt/ aus seinen
elenden Stande sich heraus zu reissen/ und sich
noch wohl getrauet durchzukommen; so man-
gelt es ihm doch öffters an guten Wegweisern.

Er

Das 2. H. von der Geſchickligkeit
25. Jahr zubringen/ ehe er weiſe wird/ ſo wird
er ſeine beſten Jahre/ in den er dem gemeinen
Weſen am beſten dienen koͤnte/ in Erlernung
der Weißheit zubringen muͤſſen/ und hernach
im 50ſten Jahr unvermoͤgend ſeyn/ ſeinem Va-
terlande einige erſprießliche Dienſte zu leiſten/
zumahl da es noch ungewiß iſt/ ob er einmahl
ſo alt werden werde/ daß er das Studium der
Weißheit abſolviren koͤnne. Derowegen iſt
4 Die Verzweiffelung/ daß man zu alt ſey
die Weißheit zu begreiffen
offte Urſache
dran/ die bey jungen Leuten die Liebe zum ſtu-
dieren
hindert.

96. Man muß auch dieſe Urſache nicht
gantz veraͤchtlich halten/ ob ſie gleich eher zu
heben und lange nicht ſo ſchaͤdlich iſt als die vo-
rigen. Denn das iſt natuͤrlich/ daß ich ein Gut/
an deſſen Erhaltung ich verzweiffele/
wenn
ich anders nicht gar raſend werden will/ anfan-
gen muß zu haſſen/ oder doch daſſelbe fuͤr ver-
aͤchtlich
zum wenigſten zu halten.

97. Endlich wenn auch ein junger Menſch
gleich ein ſehnlich Verlangen traͤgt/ aus ſeinen
elenden Stande ſich heraus zu reiſſen/ und ſich
noch wohl getrauet durchzukommen; ſo man-
gelt es ihm doch oͤffters an guten Wegweiſern.

Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0144" n="118"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 2. H. von der Ge&#x017F;chickligkeit</hi></fw><lb/>
25. Jahr zubringen/ ehe er wei&#x017F;e wird/ &#x017F;o wird<lb/>
er &#x017F;eine be&#x017F;ten Jahre/ in den er dem gemeinen<lb/>
We&#x017F;en am be&#x017F;ten dienen ko&#x0364;nte/ in Erlernung<lb/>
der Weißheit zubringen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ und hernach<lb/>
im 50&#x017F;ten Jahr unvermo&#x0364;gend &#x017F;eyn/ &#x017F;einem Va-<lb/>
terlande einige er&#x017F;prießliche Dien&#x017F;te zu lei&#x017F;ten/<lb/>
zumahl da es noch ungewiß i&#x017F;t/ ob er einmahl<lb/>
&#x017F;o alt werden werde/ daß er das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Studium</hi></hi> der<lb/>
Weißheit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ab&#x017F;olviren</hi></hi> ko&#x0364;nne. Derowegen i&#x017F;t<lb/>
4 Die <hi rendition="#fr">Verzweiffelung/ daß man zu alt &#x017F;ey<lb/>
die Weißheit zu begreiffen</hi> offte Ur&#x017F;ache<lb/>
dran/ die bey jungen Leuten die Liebe zum <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">&#x017F;tu-<lb/>
dieren</hi></hi> hindert.</p><lb/>
        <p>96. Man muß auch die&#x017F;e Ur&#x017F;ache nicht<lb/>
gantz vera&#x0364;chtlich halten/ ob &#x017F;ie gleich eher zu<lb/>
heben und lange nicht &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;dlich i&#x017F;t als die vo-<lb/>
rigen. Denn das i&#x017F;t natu&#x0364;rlich/ daß ich ein <hi rendition="#fr">Gut/<lb/>
an de&#x017F;&#x017F;en Erhaltung ich verzweiffele/</hi> wenn<lb/>
ich anders nicht gar ra&#x017F;end werden will/ anfan-<lb/>
gen muß <hi rendition="#fr">zu ha&#x017F;&#x017F;en/</hi> oder doch da&#x017F;&#x017F;elbe fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">ver-<lb/>
a&#x0364;chtlich</hi> zum wenig&#x017F;ten zu halten.</p><lb/>
        <p>97. Endlich wenn auch ein junger Men&#x017F;ch<lb/>
gleich ein &#x017F;ehnlich Verlangen tra&#x0364;gt/ aus &#x017F;einen<lb/>
elenden Stande &#x017F;ich heraus zu rei&#x017F;&#x017F;en/ und &#x017F;ich<lb/>
noch wohl getrauet durchzukommen; &#x017F;o man-<lb/>
gelt es ihm doch o&#x0364;ffters an guten Wegwei&#x017F;ern.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0144] Das 2. H. von der Geſchickligkeit 25. Jahr zubringen/ ehe er weiſe wird/ ſo wird er ſeine beſten Jahre/ in den er dem gemeinen Weſen am beſten dienen koͤnte/ in Erlernung der Weißheit zubringen muͤſſen/ und hernach im 50ſten Jahr unvermoͤgend ſeyn/ ſeinem Va- terlande einige erſprießliche Dienſte zu leiſten/ zumahl da es noch ungewiß iſt/ ob er einmahl ſo alt werden werde/ daß er das Studium der Weißheit abſolviren koͤnne. Derowegen iſt 4 Die Verzweiffelung/ daß man zu alt ſey die Weißheit zu begreiffen offte Urſache dran/ die bey jungen Leuten die Liebe zum ſtu- dieren hindert. 96. Man muß auch dieſe Urſache nicht gantz veraͤchtlich halten/ ob ſie gleich eher zu heben und lange nicht ſo ſchaͤdlich iſt als die vo- rigen. Denn das iſt natuͤrlich/ daß ich ein Gut/ an deſſen Erhaltung ich verzweiffele/ wenn ich anders nicht gar raſend werden will/ anfan- gen muß zu haſſen/ oder doch daſſelbe fuͤr ver- aͤchtlich zum wenigſten zu halten. 97. Endlich wenn auch ein junger Menſch gleich ein ſehnlich Verlangen traͤgt/ aus ſeinen elenden Stande ſich heraus zu reiſſen/ und ſich noch wohl getrauet durchzukommen; ſo man- gelt es ihm doch oͤffters an guten Wegweiſern. Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/144
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/144>, abgerufen am 25.11.2024.