Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 15. H. von der Unzulängligkeit gehen? Oder muß er sich nicht befahren/ dafer-ne er ja dieselbigen gute Betrachtungen auch auf sich appliciren möchte/ daß dennoch solches nicht weiter geschehen werde/ als so ferne dieselbe nur seine geringeren Begierden/ nicht aber die herr- schenden angehen/ und daß sich diese allemahl unter den Deckmantel einer Schein-Tugend verkriechen werde? 9. Gesetzt aber/ daß auch dieses angehen Af- (s) cap. praeced. n. 20. 21.
Das 15. H. von der Unzulaͤngligkeit gehen? Oder muß er ſich nicht befahren/ dafer-ne er ja dieſelbigen gute Betrachtungen auch auf ſich appliciren moͤchte/ daß dennoch ſolches nicht weiter geſchehen werde/ als ſo ferne dieſelbe nur ſeine geringeren Begierden/ nicht aber die herr- ſchenden angehen/ und daß ſich dieſe allemahl unter den Deckmantel einer Schein-Tugend verkriechen werde? 9. Geſetzt aber/ daß auch dieſes angehen Af- (s) cap. præced. n. 20. 21.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0516" n="504"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 15. H. von der Unzulaͤngligkeit</hi></fw><lb/> gehen? Oder muß er ſich nicht befahren/ dafer-<lb/> ne er ja dieſelbigen gute Betrachtungen auch auf<lb/> ſich <hi rendition="#aq">applicir</hi>en moͤchte/ daß dennoch ſolches nicht<lb/> weiter geſchehen werde/ als ſo ferne dieſelbe nur<lb/> ſeine geringeren Begierden/ nicht aber die herr-<lb/> ſchenden angehen/ und daß ſich dieſe allemahl<lb/> unter den Deckmantel einer Schein-Tugend<lb/> verkriechen werde?</p><lb/> <p>9. Geſetzt aber/ daß auch dieſes angehen<lb/> moͤchte/ ſo iſt es doch nur alles noch eine Vorbe-<lb/> reitung der Beſtreitung des herrſchenden <hi rendition="#aq">Affects,</hi><lb/> und gehet auch noch dem Verſtand mehr als dem<lb/> Willen an. Wenn es zum Werck ſelbſt koͤmmt/<lb/> und wenn er nach Anleitung der obigen Lehr-<lb/> Saͤtze/ <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">cap. præced. n. 20. 21.</hi></hi></note> der herrſchenden Begierde <hi rendition="#fr">durch<lb/> Meidung boͤſer Geſellſchafft</hi> und <hi rendition="#fr">anderer<lb/> Gelegenheit die Nahrung entziehen/ und<lb/> durch Befleißigung gut</hi>e<hi rendition="#fr">r Geſellſchafft und<lb/> Ubung tugendhaffter Thaten die vernuͤnff-<lb/> tige Liebe erheben ſoll;</hi> Wie wil es da wer-<lb/> den? Wille muß durch Wille beſtritten werden/<lb/> und wenn wir tugendhafft werden wollen/ muß<lb/> ein guter Wille den boͤſen Willen beſtreiten. Wo<lb/> wil er aber den <hi rendition="#fr">guten Willen</hi> hernehmen/ in-<lb/> dem er noch in dem Stande iſt/ daß er den herr-<lb/> ſchenden boͤſen Willen fuͤr was Gutes haͤlt/ und<lb/> da <hi rendition="#fr">der gute Wille</hi> von dem boͤſen annoch ge-<lb/> feſſelt gehalten wird? Wie wil er boͤſe Geſell-<lb/> ſchafft und die Reitzungen ſeines herrſchenden<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Af-</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [504/0516]
Das 15. H. von der Unzulaͤngligkeit
gehen? Oder muß er ſich nicht befahren/ dafer-
ne er ja dieſelbigen gute Betrachtungen auch auf
ſich appliciren moͤchte/ daß dennoch ſolches nicht
weiter geſchehen werde/ als ſo ferne dieſelbe nur
ſeine geringeren Begierden/ nicht aber die herr-
ſchenden angehen/ und daß ſich dieſe allemahl
unter den Deckmantel einer Schein-Tugend
verkriechen werde?
9. Geſetzt aber/ daß auch dieſes angehen
moͤchte/ ſo iſt es doch nur alles noch eine Vorbe-
reitung der Beſtreitung des herrſchenden Affects,
und gehet auch noch dem Verſtand mehr als dem
Willen an. Wenn es zum Werck ſelbſt koͤmmt/
und wenn er nach Anleitung der obigen Lehr-
Saͤtze/ (s) der herrſchenden Begierde durch
Meidung boͤſer Geſellſchafft und anderer
Gelegenheit die Nahrung entziehen/ und
durch Befleißigung guter Geſellſchafft und
Ubung tugendhaffter Thaten die vernuͤnff-
tige Liebe erheben ſoll; Wie wil es da wer-
den? Wille muß durch Wille beſtritten werden/
und wenn wir tugendhafft werden wollen/ muß
ein guter Wille den boͤſen Willen beſtreiten. Wo
wil er aber den guten Willen hernehmen/ in-
dem er noch in dem Stande iſt/ daß er den herr-
ſchenden boͤſen Willen fuͤr was Gutes haͤlt/ und
da der gute Wille von dem boͤſen annoch ge-
feſſelt gehalten wird? Wie wil er boͤſe Geſell-
ſchafft und die Reitzungen ſeines herrſchenden
Af-
(s) cap. præced. n. 20. 21.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |