Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.böse Affecten zu dämpffen. fangen zu versuchen/ ob er in der Dämpffungzugenommen habe oder nicht/ und wie weit er geschickt sey/ sich wider die Reitzung bö- ser Exempel und anderer Dinge/ die mit sei- ner Gemüths Neigung eine Gleichförmig- keit haben/ zu vertheydigen: Wiewohl er auch hier zuförderst erst sein innerstes wohl zu prüfen hat/ damit er sich nicht durch allzuzeitige Ausmachung und Wagnüs in Gefahr begebe. Wie etwan ein Patiente sich prüfet/ ob ihm in- nerlich so wohl sey/ daß er sich getraue aus dem Bette zu machen/ und ein Scholar, der fechten lernt/ thöricht seyn würde/ wenn er nach etwan achttägigem Gebrauch der lectionen contra fech- ten/ und mit stärcksten auf dem Boden anbinden wolte. Also muß auch ein Mensch/ der sich bes- sern wil/ wohl sich prüfen/ ob ihm die Meidung böser Gesellschafft und derer sonst angenehmen Dinge noch sauer werde/ oder ob er derer Man- gel leicht ertrage; Ob ihm die Ausübung derer Dinge/ die seiner herrschenden Gemüths-Nei- gung zu wider sind/ verdrießlich/ und die Gesell- schafft tugendhaffter Leute Eckelhafft sey; Oder ob er bey sich anhebe eine Zuneigung darzu zu empfinden. 25. Hat er nun Gelegenheit gehabt/ seine mit
boͤſe Affecten zu daͤmpffen. fangen zu verſuchen/ ob er in der Daͤmpffungzugenommen habe oder nicht/ und wie weit er geſchickt ſey/ ſich wider die Reitzung boͤ- ſer Exempel und anderer Dinge/ die mit ſei- ner Gemuͤths Neigung eine Gleichfoͤrmig- keit haben/ zu vertheydigen: Wiewohl er auch hier zufoͤrderſt erſt ſein innerſtes wohl zu pruͤfen hat/ damit er ſich nicht durch allzuzeitige Ausmachung und Wagnuͤs in Gefahr begebe. Wie etwan ein Patiente ſich pruͤfet/ ob ihm in- nerlich ſo wohl ſey/ daß er ſich getraue aus dem Bette zu machen/ und ein Scholar, der fechten lernt/ thoͤricht ſeyn wuͤrde/ wenn er nach etwan achttaͤgigem Gebrauch der lectionen contra fech- ten/ und mit ſtaͤrckſten auf dem Boden anbinden wolte. Alſo muß auch ein Menſch/ der ſich beſ- ſern wil/ wohl ſich pruͤfen/ ob ihm die Meidung boͤſer Geſellſchafft und derer ſonſt angenehmen Dinge noch ſauer werde/ oder ob er derer Man- gel leicht ertrage; Ob ihm die Ausuͤbung derer Dinge/ die ſeiner herrſchenden Gemuͤths-Nei- gung zu wider ſind/ verdrießlich/ und die Geſell- ſchafft tugendhaffter Leute Eckelhafft ſey; Oder ob er bey ſich anhebe eine Zuneigung darzu zu empfinden. 25. Hat er nun Gelegenheit gehabt/ ſeine mit
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boͤſe Affecten zu daͤmpffen.
fangen zu verſuchen/ ob er in der Daͤmpffung
zugenommen habe oder nicht/ und wie weit
er geſchickt ſey/ ſich wider die Reitzung boͤ-
ſer Exempel und anderer Dinge/ die mit ſei-
ner Gemuͤths Neigung eine Gleichfoͤrmig-
keit haben/ zu vertheydigen: Wiewohl er
auch hier zufoͤrderſt erſt ſein innerſtes wohl zu
pruͤfen hat/ damit er ſich nicht durch allzuzeitige
Ausmachung und Wagnuͤs in Gefahr begebe.
Wie etwan ein Patiente ſich pruͤfet/ ob ihm in-
nerlich ſo wohl ſey/ daß er ſich getraue aus dem
Bette zu machen/ und ein Scholar, der fechten
lernt/ thoͤricht ſeyn wuͤrde/ wenn er nach etwan
achttaͤgigem Gebrauch der lectionen contra fech-
ten/ und mit ſtaͤrckſten auf dem Boden anbinden
wolte. Alſo muß auch ein Menſch/ der ſich beſ-
ſern wil/ wohl ſich pruͤfen/ ob ihm die Meidung
boͤſer Geſellſchafft und derer ſonſt angenehmen
Dinge noch ſauer werde/ oder ob er derer Man-
gel leicht ertrage; Ob ihm die Ausuͤbung derer
Dinge/ die ſeiner herrſchenden Gemuͤths-Nei-
gung zu wider ſind/ verdrießlich/ und die Geſell-
ſchafft tugendhaffter Leute Eckelhafft ſey; Oder
ob er bey ſich anhebe eine Zuneigung darzu zu
empfinden.
25. Hat er nun Gelegenheit gehabt/ ſeine
Kraͤffte zu pruͤfen/ wie weit er im Boͤſen ab/ und
im Guten zugenommen habe/ muß er nach voll-
brachtem Thun und nach quittirung der Geſell-
ſchafft ſich wohl und genau examiniren/ wie es
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