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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 13. H. vom Neid und desselben
buhler kriegt; So geschiehet es gar offte/ daß
sich die zwey Rivalen/ wenn sie beyde Ehrgeitzig/
vergleichen/ daß ein jeder sein Bestes thun soll/
ohne Verunglimpffung des andern/ durch Be-
zeigung der stärcksten Liebe/ das Hertze der Per-
son/ so sie lieben/ zu gewinnen. Ob nun wohl
zwischen Mitbuhlern nie eine Freundschafft ist/
so ist doch auch nicht allemahl eine Feindschafft
zwischen ihnen/ ja es kan auch der Zustand
Ehr-geitziger Mitbuhler nicht gar zu wohl
Eyfersucht genennet werden/
indem die bis-
herigen Umstände weisen/ daß sie keine Pein die-
serwegen empfinden/ daß die geliebte Person von
einem andern geliebet wird/ oder denselben lie-
bet; Sondern wenn noch keiner von ihnen bey-
den geliebet wird/ ist mehr eine AEmulation, als
Eyfersucht unter ihnen. Wenn aber ein Ehr-
Geitziger schon das Hertze gewonnen hat/ und
hernach einen Mitbuhler kriegt/ entstehet die
Pein/ die er deswegen empfindet/ nicht so wohl
aus der Liebe/ die man gegen die Person trägt/
die er liebet/ oder die diese Person gegen einen
andern trägt/ als aus der Einbildung/ daß sei-
ne Ehre dadurch verletzet werde/ oder daß man
sich aus seiner Botmäßigkeit loß reissen wolle.

55. Derowegen bleibt nunmehr für die Ey-
fersucht eigentlich nichts übrig/ als der Geld-
Geitz und Neid.
Wir haben oben gesagt: Daß
der Geld-Geitz warhafftig gar niemand liebe/ und
hingegen alles eigen haben wolle/ auch das Ei-

gen-

Das 13. H. vom Neid und deſſelben
buhler kriegt; So geſchiehet es gar offte/ daß
ſich die zwey Rivalen/ wenn ſie beyde Ehrgeitzig/
vergleichen/ daß ein jeder ſein Beſtes thun ſoll/
ohne Verunglimpffung des andern/ durch Be-
zeigung der ſtaͤrckſten Liebe/ das Hertze der Per-
ſon/ ſo ſie lieben/ zu gewinnen. Ob nun wohl
zwiſchen Mitbuhlern nie eine Freundſchafft iſt/
ſo iſt doch auch nicht allemahl eine Feindſchafft
zwiſchen ihnen/ ja es kan auch der Zuſtand
Ehr-geitziger Mitbuhler nicht gar zu wohl
Eyferſucht genennet werden/
indem die bis-
herigen Umſtaͤnde weiſen/ daß ſie keine Pein die-
ſerwegen empfinden/ daß die geliebte Perſon von
einem andern geliebet wird/ oder denſelben lie-
bet; Sondern wenn noch keiner von ihnen bey-
den geliebet wird/ iſt mehr eine Æmulation, als
Eyferſucht unter ihnen. Wenn aber ein Ehr-
Geitziger ſchon das Hertze gewonnen hat/ und
hernach einen Mitbuhler kriegt/ entſtehet die
Pein/ die er deswegen empfindet/ nicht ſo wohl
aus der Liebe/ die man gegen die Perſon traͤgt/
die er liebet/ oder die dieſe Perſon gegen einen
andern traͤgt/ als aus der Einbildung/ daß ſei-
ne Ehre dadurch verletzet werde/ oder daß man
ſich aus ſeiner Botmaͤßigkeit loß reiſſen wolle.

55. Derowegen bleibt nunmehr fuͤr die Ey-
ferſucht eigentlich nichts uͤbrig/ als der Geld-
Geitz und Neid.
Wir haben oben geſagt: Daß
der Geld-Geitz warhafftig gar niemand liebe/ und
hingegen alles eigen haben wolle/ auch das Ei-

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[452/0464] Das 13. H. vom Neid und deſſelben buhler kriegt; So geſchiehet es gar offte/ daß ſich die zwey Rivalen/ wenn ſie beyde Ehrgeitzig/ vergleichen/ daß ein jeder ſein Beſtes thun ſoll/ ohne Verunglimpffung des andern/ durch Be- zeigung der ſtaͤrckſten Liebe/ das Hertze der Per- ſon/ ſo ſie lieben/ zu gewinnen. Ob nun wohl zwiſchen Mitbuhlern nie eine Freundſchafft iſt/ ſo iſt doch auch nicht allemahl eine Feindſchafft zwiſchen ihnen/ ja es kan auch der Zuſtand Ehr-geitziger Mitbuhler nicht gar zu wohl Eyferſucht genennet werden/ indem die bis- herigen Umſtaͤnde weiſen/ daß ſie keine Pein die- ſerwegen empfinden/ daß die geliebte Perſon von einem andern geliebet wird/ oder denſelben lie- bet; Sondern wenn noch keiner von ihnen bey- den geliebet wird/ iſt mehr eine Æmulation, als Eyferſucht unter ihnen. Wenn aber ein Ehr- Geitziger ſchon das Hertze gewonnen hat/ und hernach einen Mitbuhler kriegt/ entſtehet die Pein/ die er deswegen empfindet/ nicht ſo wohl aus der Liebe/ die man gegen die Perſon traͤgt/ die er liebet/ oder die dieſe Perſon gegen einen andern traͤgt/ als aus der Einbildung/ daß ſei- ne Ehre dadurch verletzet werde/ oder daß man ſich aus ſeiner Botmaͤßigkeit loß reiſſen wolle. 55. Derowegen bleibt nunmehr fuͤr die Ey- ferſucht eigentlich nichts uͤbrig/ als der Geld- Geitz und Neid. Wir haben oben geſagt: Daß der Geld-Geitz warhafftig gar niemand liebe/ und hingegen alles eigen haben wolle/ auch das Ei- gen-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/464>, abgerufen am 30.11.2024.