Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 13. H. Von dem Zorn des Menschen dung eines Ubels heißt Schmertz. Die Be-gierde das Ubel von Halse loß zu werden/ heisset nach Gelegenheit der Umbstände/ Furcht/ Angst/ u. s. w. Was soll mich nun bewegen/ daß ich die Angst auch Zorn soll heissen? zumahl da mich niemand verstehet/ was ich haben will. Wer wolte mich verstehen/ oder zum wenigsten nicht spüren/ daß ich unförmlich geredet hätte: Wenn ich spräche: Gestern kriegte ein Kind et- was in die unrechte Kähle/ und wäre bald er- stickt. Es wurde Kirschbraun und so zornig/ daß es für Zorn mit Händen und Füssen strampelte. Wenn ich aber an statt des Zorns Angst sage/ verstehet mich iederman. 37. Woher ist nun aber dieses Gewirre nun (e) cap. 2. n. 9.
Das 13. H. Von dem Zorn des Menſchen dung eines Ubels heißt Schmertz. Die Be-gierde das Ubel von Halſe loß zu werden/ heiſſet nach Gelegenheit der Umbſtaͤnde/ Furcht/ Angſt/ u. ſ. w. Was ſoll mich nun bewegen/ daß ich die Angſt auch Zorn ſoll heiſſen? zumahl da mich niemand verſtehet/ was ich haben will. Wer wolte mich verſtehen/ oder zum wenigſten nicht ſpuͤren/ daß ich unfoͤrmlich geredet haͤtte: Wenn ich ſpraͤche: Geſtern kriegte ein Kind et- was in die unrechte Kaͤhle/ und waͤre bald er- ſtickt. Es wurde Kirſchbraun und ſo zornig/ daß es fuͤr Zorn mit Haͤnden und Fuͤſſen ſtrampelte. Wenn ich aber an ſtatt des Zorns Angſt ſage/ verſtehet mich iederman. 37. Woher iſt nun aber dieſes Gewirre nun (e) cap. 2. n. 9.
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Das 13. H. Von dem Zorn des Menſchen
dung eines Ubels heißt Schmertz. Die Be-
gierde das Ubel von Halſe loß zu werden/
heiſſet nach Gelegenheit der Umbſtaͤnde/ Furcht/
Angſt/ u. ſ. w. Was ſoll mich nun bewegen/ daß
ich die Angſt auch Zorn ſoll heiſſen? zumahl da
mich niemand verſtehet/ was ich haben will.
Wer wolte mich verſtehen/ oder zum wenigſten
nicht ſpuͤren/ daß ich unfoͤrmlich geredet haͤtte:
Wenn ich ſpraͤche: Geſtern kriegte ein Kind et-
was in die unrechte Kaͤhle/ und waͤre bald er-
ſtickt. Es wurde Kirſchbraun und ſo zornig/ daß
es fuͤr Zorn mit Haͤnden und Fuͤſſen ſtrampelte.
Wenn ich aber an ſtatt des Zorns Angſt ſage/
verſtehet mich iederman.
37. Woher iſt nun aber dieſes Gewirre
entſtanden/ daß man die Begierde das Boͤſe loß
zu werden/ oder die Angſt/ hat mit dem Zorn ver-
miſcht? Gewiß nirgend anders her als aus der
Ariſtoteliſchen Philoſophie. Nach ſelbiger lehret
man/ daß der ſinnliche Appetit zweyerley Kraͤff-
te habe/ eine begierige und eine zornige (concupi-
ſcibilem & iraſcibilem) und daß die zornige ent-
weder mit dem Boͤſen/ oder Hinderung des Gu-
ten/ oder das Boͤſe loß zu werden (welches alſo auf
eines hinaus koͤmmt: Denn die Hinderung des
Guten oder das Boͤſe loß zu werden/ iſt doch
was boͤſes) zu thun habe. (e) Dieſer Redens-Art
nun
(e) cap. 2. n. 9.
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