Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.des allgemeinen Unglücks. fet/ folgen viel hauffen weise nach/ und bildensich ein/ was sie für ein gut Buch haben; Wenn ein vornehmer oder reicher Mann/ oder ein vornehmer Theologus einen Menschen lobet/ o- der tadelt/ sehen die Clienten alsobald eine Men- ge Tugenden oder Laster an dem gelobeten/ oder getadelten Menschen/ die sie zu vor nicht gesehen hatten/ auch andere unpartheyische nicht sehen können. Wenn der Bürgermeister in einer Stadt einen Medicum brauchet/ oder eine vor- nehme Frau denselben/ oder seine Artzney für dem Wochen-Bette rühmet/ ist es schon bey den meisten Bürgern und andern Weibern ausge- macht/ es müsse ein guter Medicus, oder eine herr- liche Latwerge seyn. Wenn ein alter Mann verliebet ist/ wird Er seiner Liebste zugefallen ihre Lieberey wehlen/ wenn es gleich grün und geel seyn solte: Andere unzehlige Exempel zu ge- schweigen. 50. So bezeigen auch dieses allgemeine Elend 51. Wer ist aber nun Schuld an diesem E- be
des allgemeinen Ungluͤcks. fet/ folgen viel hauffen weiſe nach/ und bildenſich ein/ was ſie fuͤr ein gut Buch haben; Wenn ein vornehmer oder reicher Mann/ oder ein vornehmer Theologus einen Menſchen lobet/ o- der tadelt/ ſehen die Clienten alſobald eine Men- ge Tugenden oder Laſter an dem gelobeten/ oder getadelten Menſchen/ die ſie zu vor nicht geſehen hatten/ auch andere unpartheyiſche nicht ſehen koͤnnen. Wenn der Buͤrgermeiſter in einer Stadt einen Medicum brauchet/ oder eine vor- nehme Frau denſelben/ oder ſeine Artzney fuͤr dem Wochen-Bette ruͤhmet/ iſt es ſchon bey den meiſten Buͤrgern und andern Weibern ausge- macht/ es muͤſſe ein guter Medicus, oder eine herr- liche Latwerge ſeyn. Wenn ein alter Mann verliebet iſt/ wird Er ſeiner Liebſte zugefallen ihre Lieberey wehlen/ wenn es gleich gruͤn und geel ſeyn ſolte: Andere unzehlige Exempel zu ge- ſchweigen. 50. So bezeigen auch dieſes allgemeine Elend 51. Wer iſt aber nun Schuld an dieſem E- be
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des allgemeinen Ungluͤcks.
fet/ folgen viel hauffen weiſe nach/ und bilden
ſich ein/ was ſie fuͤr ein gut Buch haben; Wenn
ein vornehmer oder reicher Mann/ oder ein
vornehmer Theologus einen Menſchen lobet/ o-
der tadelt/ ſehen die Clienten alſobald eine Men-
ge Tugenden oder Laſter an dem gelobeten/ oder
getadelten Menſchen/ die ſie zu vor nicht geſehen
hatten/ auch andere unpartheyiſche nicht ſehen
koͤnnen. Wenn der Buͤrgermeiſter in einer
Stadt einen Medicum brauchet/ oder eine vor-
nehme Frau denſelben/ oder ſeine Artzney fuͤr
dem Wochen-Bette ruͤhmet/ iſt es ſchon bey den
meiſten Buͤrgern und andern Weibern ausge-
macht/ es muͤſſe ein guter Medicus, oder eine herr-
liche Latwerge ſeyn. Wenn ein alter Mann
verliebet iſt/ wird Er ſeiner Liebſte zugefallen ihre
Lieberey wehlen/ wenn es gleich gruͤn und geel
ſeyn ſolte: Andere unzehlige Exempel zu ge-
ſchweigen.
50. So bezeigen auch dieſes allgemeine Elend
unterſchiedene allgemeine Redens-Arten: Wie
der Koͤnig iſt/ ſo ſind die Unterthanen. Boͤ-
ſe Exempel verderben gute Sitten/ u. ſ. w.
51. Wer iſt aber nun Schuld an dieſem E-
lende/ an dieſer unvernuͤnfftigen Liebe/ und an
dieſen Vorurtheilen des menſchlichen Willens?
Wir haben ſchon oben geſagt: Daß GOtt
nicht Urſache ſeyn koͤnne/ weil das dritte
Hauptſtuͤck des Erſten Theils klaͤrlich weiſet/
daß GOtt nichts als Gutes dem Menſchen ge-
be
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/41>, abgerufen am 16.02.2025. |