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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Davids.
wünschte ein Gemälde zu besitzen. Damals war
dieser Prinz der größte Verehrer des schönen
Geschlechts am Hofe. Man kann dies schon
aus den Gegenständen schließen, deren Ausfüh-
rung er den Malern übertrug. Vincent mußte
für ihn den "Rinaldo und die Armide"
malen, und David erhielt den Auftrag zu einem
Gemälde, "die Liebe des Paris und der
Helena
" vorstellend. Dieser bemühte sich, das
Gemälde eines Prinzen würdig zu machen, der
in Frankreich für den Stern der Ritterschaft
galt, und es gelang. Kein Maler vor ihm hatte
die Liebe in solcher Erhabenheit dargestellt.
Beim Anblick dieser lieblichen Umrisse, dieser be-
zaubernden Formen und dieses lebhaften und in-
nigen Ausdrucks fühlt sich jeder Zuschauer un-
willkührlich hingerissen. Das Costüm und die
Verzierung ist einfach und geschmackvoll. Der
schöne Paris mit seiner phrygischen Kopfbedek-
kung und der Laute in einer Hand, die andere
auf Helenens Arm, ruhend, erinnert an die
Schilderung, welche Homer von ihm macht.
Man sagt indeß, daß der Meister selbst auf dies
Stück, ungeachtet seiner Vortrefflichkeit, keinen
großen Werth gelegt habe.

David. 3

Davids.
wuͤnſchte ein Gemaͤlde zu beſitzen. Damals war
dieſer Prinz der groͤßte Verehrer des ſchoͤnen
Geſchlechts am Hofe. Man kann dies ſchon
aus den Gegenſtaͤnden ſchließen, deren Ausfuͤh-
rung er den Malern uͤbertrug. Vincent mußte
fuͤr ihn den „Rinaldo und die Armide
malen, und David erhielt den Auftrag zu einem
Gemaͤlde, „die Liebe des Paris und der
Helena
“ vorſtellend. Dieſer bemuͤhte ſich, das
Gemaͤlde eines Prinzen wuͤrdig zu machen, der
in Frankreich fuͤr den Stern der Ritterſchaft
galt, und es gelang. Kein Maler vor ihm hatte
die Liebe in ſolcher Erhabenheit dargeſtellt.
Beim Anblick dieſer lieblichen Umriſſe, dieſer be-
zaubernden Formen und dieſes lebhaften und in-
nigen Ausdrucks fuͤhlt ſich jeder Zuſchauer un-
willkuͤhrlich hingeriſſen. Das Coſtuͤm und die
Verzierung iſt einfach und geſchmackvoll. Der
ſchoͤne Paris mit ſeiner phrygiſchen Kopfbedek-
kung und der Laute in einer Hand, die andere
auf Helenens Arm, ruhend, erinnert an die
Schilderung, welche Homer von ihm macht.
Man ſagt indeß, daß der Meiſter ſelbſt auf dies
Stuͤck, ungeachtet ſeiner Vortrefflichkeit, keinen
großen Werth gelegt habe.

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[33/0047] Davids. wuͤnſchte ein Gemaͤlde zu beſitzen. Damals war dieſer Prinz der groͤßte Verehrer des ſchoͤnen Geſchlechts am Hofe. Man kann dies ſchon aus den Gegenſtaͤnden ſchließen, deren Ausfuͤh- rung er den Malern uͤbertrug. Vincent mußte fuͤr ihn den „Rinaldo und die Armide“ malen, und David erhielt den Auftrag zu einem Gemaͤlde, „die Liebe des Paris und der Helena“ vorſtellend. Dieſer bemuͤhte ſich, das Gemaͤlde eines Prinzen wuͤrdig zu machen, der in Frankreich fuͤr den Stern der Ritterſchaft galt, und es gelang. Kein Maler vor ihm hatte die Liebe in ſolcher Erhabenheit dargeſtellt. Beim Anblick dieſer lieblichen Umriſſe, dieſer be- zaubernden Formen und dieſes lebhaften und in- nigen Ausdrucks fuͤhlt ſich jeder Zuſchauer un- willkuͤhrlich hingeriſſen. Das Coſtuͤm und die Verzierung iſt einfach und geſchmackvoll. Der ſchoͤne Paris mit ſeiner phrygiſchen Kopfbedek- kung und der Laute in einer Hand, die andere auf Helenens Arm, ruhend, erinnert an die Schilderung, welche Homer von ihm macht. Man ſagt indeß, daß der Meiſter ſelbſt auf dies Stuͤck, ungeachtet ſeiner Vortrefflichkeit, keinen großen Werth gelegt habe. David. 3

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/47>, abgerufen am 23.04.2024.