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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Leben

David führte bald darauf ein Werk ernste-
rer Art aus. Herr von Trudaine bestellte bei
ihm ein Gemälde, "Socrates Tod" darstel-
lend. Der Gedanke, den Philosophen über die
Unsterblichkeit der Seele reden zu lassen, ohne
daß er sich durch den Giftbecher, der ihm ge-
reicht wird, darin unterbrechen läßt, ist mit der
größten Wahrheit ausgeführt. Ein sehr glück-
licher Einfall Davids war es, daß er den
Knecht der Elf den Kopf wegwenden läßt, als
Socrates das tödtliche Getränk in Empfang
nehmen will.

Jm Jahre 1789 war die Revolution aus-
gebrochen. Der König trug David die Ausfüh-
rung eines Gemäldes auf, dessen Gegenstand
"Brutus" seyn sollte, als er, nachdem er sei-
ne Söhne zum Tode verurtheilt, nach Hause zu-
rückkehrt. David ließ in seinem Gemälde die
von dem Körper getrennten Köpfe von den Lic-
toren tragen; aber politische Rücksichten bewo-
gen ihn später, diese Köpfe zu bedecken, wie
man sie nun erblickt.

Jn den Beurtheilungen, welche dieses Werk
erfuhr, suchte man zu beweisen, daß David ge-

Leben

David fuͤhrte bald darauf ein Werk ernſte-
rer Art aus. Herr von Trudaine beſtellte bei
ihm ein Gemaͤlde, „Socrates Tod“ darſtel-
lend. Der Gedanke, den Philoſophen uͤber die
Unſterblichkeit der Seele reden zu laſſen, ohne
daß er ſich durch den Giftbecher, der ihm ge-
reicht wird, darin unterbrechen laͤßt, iſt mit der
groͤßten Wahrheit ausgefuͤhrt. Ein ſehr gluͤck-
licher Einfall Davids war es, daß er den
Knecht der Elf den Kopf wegwenden laͤßt, als
Socrates das toͤdtliche Getraͤnk in Empfang
nehmen will.

Jm Jahre 1789 war die Revolution aus-
gebrochen. Der Koͤnig trug David die Ausfuͤh-
rung eines Gemaͤldes auf, deſſen Gegenſtand
Brutus“ ſeyn ſollte, als er, nachdem er ſei-
ne Soͤhne zum Tode verurtheilt, nach Hauſe zu-
ruͤckkehrt. David ließ in ſeinem Gemaͤlde die
von dem Koͤrper getrennten Koͤpfe von den Lic-
toren tragen; aber politiſche Ruͤckſichten bewo-
gen ihn ſpaͤter, dieſe Koͤpfe zu bedecken, wie
man ſie nun erblickt.

Jn den Beurtheilungen, welche dieſes Werk
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[34/0048] Leben David fuͤhrte bald darauf ein Werk ernſte- rer Art aus. Herr von Trudaine beſtellte bei ihm ein Gemaͤlde, „Socrates Tod“ darſtel- lend. Der Gedanke, den Philoſophen uͤber die Unſterblichkeit der Seele reden zu laſſen, ohne daß er ſich durch den Giftbecher, der ihm ge- reicht wird, darin unterbrechen laͤßt, iſt mit der groͤßten Wahrheit ausgefuͤhrt. Ein ſehr gluͤck- licher Einfall Davids war es, daß er den Knecht der Elf den Kopf wegwenden laͤßt, als Socrates das toͤdtliche Getraͤnk in Empfang nehmen will. Jm Jahre 1789 war die Revolution aus- gebrochen. Der Koͤnig trug David die Ausfuͤh- rung eines Gemaͤldes auf, deſſen Gegenſtand „Brutus“ ſeyn ſollte, als er, nachdem er ſei- ne Soͤhne zum Tode verurtheilt, nach Hauſe zu- ruͤckkehrt. David ließ in ſeinem Gemaͤlde die von dem Koͤrper getrennten Koͤpfe von den Lic- toren tragen; aber politiſche Ruͤckſichten bewo- gen ihn ſpaͤter, dieſe Koͤpfe zu bedecken, wie man ſie nun erblickt. Jn den Beurtheilungen, welche dieſes Werk erfuhr, ſuchte man zu beweiſen, daß David ge-

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/48>, abgerufen am 24.04.2024.